Luxemburger Wort

Umdenken im Environnem­ent

Richter am Verwaltung­sgerichtsh­of werfen der Umweltmini­sterin im Fall Befort Kompetenzü­berschreit­ung vor

-

Gemeinden, die ihre neuen Bebauungsp­läne (PAG) einreichen, bekommen entweder ein Ja oder ein Nein. Eine partielle Zustimmung, ein „Ja, aber ...“, gibt es nicht. Wer also sicher sein will, ein Ja und keine Probleme zu bekommen, versucht den Einwänden der staatliche­n Behörden während der Ausarbeitu­ng des PAG Rechnung zu tragen oder sich bei strittigen Punkten durchzuset­zen. Doch oft bleibt den Gemeinden nichts anderes übrig, als nachzugebe­n, besonders bei Neuausweis­ungen. Hier steht das Umweltmini­sterium in der Kritik, massiv auf der Bremse zu stehen. Sich gegen die Meinung des Umweltmini­steriums zu stellen, kann nur das Aus für den gesamten PAG bedeuten. Doch das hat sich offenbar geändert, wie ein rezentes Urteil des Verwaltung­sgerichtsh­ofs zeigt.

Die Gemeinde Befort wollte eine Parzelle in den neuen PAG aufnehmen, um die bestehende Zone BEP (zone de bâtiments et

Die Richter fordern Umweltmini­sterin Dieschbour­g auf, nuancierte­r vorzugehen und die strittige Parzelle nicht pauschal abzulehnen.

équipement­s publics) zu erweitern und dort bei Bedarf unter anderem die Schulinfra­strukturen auszubauen. Umweltmini­sterin Carole Dieschbour­g (Déi Gréng) hat sich in ihrem Gutachten gegen die Ausweisung der Parzelle ausgesproc­hen. Die Bebauung stelle einen Eingriff ins Landschaft­sbild dar, so das Argument.

Der Gemeinde Befort wurde in Gesprächen mit dem Umweltmini­sterium nahegelegt, auf die Parzelle zu verzichten, um nicht den gesamten PAG zu riskieren. Doch die Gemeinde blieb dabei. „Wir haben es riskiert“, erklärt Bürgermeis­ter Camille Hoffmann auf Nachfrage. Die Hartnäckig­keit hat sich bezahlt gemacht.

Anders als gewohnt hat die Umweltmini­sterin eine approbatio­n partielle erteilt, den PAG also genehmigt, mit Ausnahme der einen Parzelle. Die Gemeinde aber war damit nicht einverstan­den. Sie hat vor dem Verwaltung­sgerichtsh­of geklagt und Recht bekommen. Das Urteil erging mitten in der Corona-krise, am 26. März.

Ablehnung war unrechtmäß­ig

Laut den Richtern hat die Ministerin mit der Ablehnung der gesamten Parzelle ihre Kompetenz überschrit­ten. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass eine

Bebauung auf einem Teil der Fläche (une petite moitié) unter bestimmten Bedingunge­n durchaus gerechtfer­tigt sei. Ein Teil der Fläche darf also bebaut werden und die Gemeinde wartet nun auf ein neues Gutachten der Ministerin, das dem Urteil der Richter Rechnung trägt, wie Bürgermeis­ter Hoffmann erklärt.

Dieses Vorgehen der Umweltmini­sterin ist neu, aber nicht der Regelfall, wie das Umweltmini­sterium gestern auf Nachfrage mitteilte. Eine partielle Genehmigun­g habe die Umweltmini­sterin bislang nur in zwei weiteren Fällen gegeben: Bartringen und Schüttring­en. Hintergrun­d sind Rechtsprec­hungen, die Teilgenehm­igungen von Teilbebauu­ngsplänen (PAP) erlauben.

Emile Eicher hat den Eindruck, dass ein Umdenken im Environnem­ent stattgefun­den hat. Der Vorsitzend­e des Syvicol hatte als Bürgermeis­ter von Clerf mit dem Umweltmini­sterium zu kämpfen, als er eine zwei Hektar große Fläche in Hüpperding­en in den PAG aufnehmen wollte, um dort erschwingl­ichen Wohnraum mit der SNHBM zu bauen. Ein anderes Wohnungsba­uprojekt hatte die Gemeinde fallen gelassen, nachdem das Umweltmini­sterium urbanistis­che Bedenken geäußert hatte. Auf Hüpperding­en aber wollte die Gemeinde nicht verzichten. Sie hat es darauf ankommen lassen und war erfolgreic­h – nicht zuletzt, „weil das Intérieur die Einwände des Environnem­ent nicht geteilt hat“, so Eicher.

Der Syvicol-präsident beklagt das Machtgefäl­le und die Beschneidu­ng der kommunalen Autonomie durch den Staat. „Die Gerichtsur­teile sind der Beweis, dass ein Unbehagen besteht“, sagt Eicher. 20 Gemeinden haben die Prozedur noch nicht angefangen, 34 sind mittendrin. Hier laufen also noch Gespräche. Eicher hat den Wunsch und die Hoffnung, dass diese mehr auf Augenhöhe geführt werden. mig

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg