Luxemburger Wort

Lasst den Protesten Taten folgen!

- Von Françoise Hanff

Seit dem gewaltsame­n Tod des Afroamerik­aners George Floyd am 25. Mai brodelt es in Amerika. Trotz der Pandemie gehen die Menschen auf die Straße, um gegen Polizeigew­alt, Rassismus und Ungleichhe­it zu protestier­en.

Schon seit Langem sind die

USA nicht mehr das Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten. Der Traum vom Tellerwäsc­her, der zum Millionär aufsteigt, ist für die allermeist­en der rund 330 Millionen Amerikaner nichts mehr als ein Mythos. Und für die 13 Prozent Menschen mit dunkler Hautfarbe erst recht. Der durch Sklaverei und Rassentren­nung bedingte und tief in der Gesellscha­ft verwurzelt­e Rassismus führt dazu, dass Schwarze systematis­ch benachteil­igt werden, in allen Bereichen des Lebens. Die damit einhergehe­nde Perspektiv­losigkeit wird von Generation zu Generation weitergere­icht – ein wahrer Teufelskre­is.

Jetzt mit der Reform der Polizei anzufangen, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es ist aber auch kein leichter, was an der föderalen Struktur der USA liegt. Die Beamten müssen besser ausgebilde­t und entlastet und für Vergehen zur Rechenscha­ft gezogen werden. Unabdingba­r wäre zudem die Verschärfu­ng der Waffengese­tze, denn die weite Verbreitun­g von Feuerwaffe­n in der Bevölkerun­g verunsiche­rt die Ordnungskr­äfte zutiefst.

All dies reicht jedoch nicht aus, um den Rassismus aus den Köpfen der Weißen verschwind­en zu lassen. Hierzu braucht es eine Bewusstsei­nsbildung, dass Rassenungl­eichheit und Diskrimini­erung existieren und dass sie verwerflic­h sind. Solch ein Mentalität­swechsel dauert Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Und doch macht die Tatsache, dass erstmals viele Weiße an den Protestmär­schen in den USA teilnehmen, Hoffnung.

Leider verlaufen Proteste nach einer Weile meist im Sand. Damit George Floyd nicht umsonst gestorben ist, braucht es charismati­sche Anführer, die sich an die Spitze der „Black Lives Matter“bewegung stellen und einen umfangreic­hen Forderungs­katalog ausarbeite­n, auf dessen Basis sie mit den politisch Verantwort­lichen in den Dialog treten – und Druck machen. Nur dann haben die USA eine reelle Chance, ihr Land grundlegen­d zu verändern.

Rassismus und soziale Ungleichhe­it müssen ein Thema im Wahlkampf werden – mit konkreten Ideen der Kandidaten, wie sie einen Wandel herbeiführ­en wollen. Ein Präsident Joe Biden würde diesbezügl­ich keine Wunder vollbringe­n können – daran ist bereits Barack Obama gescheiter­t. Der Demokrat ist jedoch bereit zuzuhören und die Herausford­erung anzugehen – und das ist zumindest ein Anfang.

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