„Leiden sind Teil des Lebens“
Autor Thomas Brezina über Glück, Zufriedenheit und die Kunst der Selbstreflexion
Das Werk des österreichischen Autors und Fernsehmoderators Thomas Conrad Brezina umfasst 550 Bücher, die sich überwiegend an ein junges Publikum richten. Reihen wie „Die Knickerbocker-bande“oder „Ein Fall für dich und das Tiger-team“verzeichneten internationalen Erfolg und wurden in bis zu 35 Sprachen übersetzt. Hin und wieder veröffentlicht der 57-Jährige auch Ratgeber. Sein neuester Titel „Die 7,7 Geheimnisse des Glücks“regt dazu an, gerade in der Zeit der Krise einen Neustart in ein glückliches Leben zu wagen.
Thomas Brezina, „Die 7,7 Geheimnisse des Glücks“ist nicht Ihr erster Ratgeber. Was prädestiniert Sie dafür, Lebenshilfe zu leisten?
Was ich weitergebe, sind Dinge, die ich im Leben gelernt habe und die mir geholfen haben, mehr Lebensfreude zu haben. Ansichten und Denkweisen, die helfen, wenn es rauf und runter geht. Vorbilder für ein erfülltes Leben. Mein letzter Gedanke soll sein: Schön war’s, danke. Um das zu erreichen, gilt es einiges zu tun. Das ist meine Erfahrung.
Viele Menschen klammern sich in Notsituationen an Ratgeber und bringen ihnen ein geradezu religiöses Vertrauen entgegen. Empfinden Sie deshalb eine besondere Verantwortung?
Natürlich. Ich betone auch, dass meine Gedanken und Ideen mir persönlich über längere Zeit geholfen haben oder immer noch helfen. Aber Menschen sind verschieden: Jeder muss ausprobieren, was für sie oder ihn am besten wirkt und funktioniert. Es gibt keine Patentrezepte, nur Vorschläge.
Wie definieren Sie Glück?
Die Definition ist für jeden Menschen anders und persönlich. Für mich lautet sie: gesund und im Einklang mit mir und den Menschen um mich herum zu sein und meine Ideen für Geschichten umsetzen und lebendig werden lassen zu können.
Sie schreiben von der Krise im Präteritum. Sind Sie guten Mutes, dass wir das Schlimmste überstanden haben?
Nein. Bin ich nicht. Aber wir haben einen Schock überstanden, der die Welt und uns alle erschüttert hat wie kaum etwas in den vergangenen 75 Jahren. In der Phase, in der wir sind, können wir vieles tun, für uns und damit auch für andere. Keiner weiß, was kommt.
Werden Sie durch Corona bedingte Veränderungen in Ihrem Alltag auch danach beibehalten?
Was ich in meinem Buch beschreibe, ist meine grundsätzliche Haltung. Gelernt habe ich, so wenig wie möglich aufzuschieben und alles – von einem lieben Wort bis zu großen Vorhaben – so bald wie möglich umzusetzen. Denn wir wissen nie. Meine Dankbarkeit für Menschen, die mir nahestehen, und für vieles, was ich machen kann, war immer da und ist jetzt noch größer geworden.
Von außen nimmt man nur Ihre bemerkenswerte Karriere wahr. Aber nach eigenem Bekunden haben Sie auch „dunkle, verzweifelte Zeiten“erlebt. Können Sie ein Beispiel anbringen?
Als Schriftsteller geht es rauf und runter. Du hast bessere Phasen voller Ideen und andere, wo scheinbar wenig gelingt oder Erfolg hat. Persönlich habe ich Menschen verloren, die mir viel bedeutet haben. Vor allem hat mich eine Trennung, die auch große wirtschaftliche Folgen hatte, vor zehn Jahren erschüttert. Rückblickend aber sehe ich, dass die Lehren daraus zur bisher glücklichsten Zeit meines Lebens geführt haben. Das ist so ein Thema, über das ich oft erzähle, denn hätte mir das jemand vor zehn Jahren geschildert und mir verständliche Beispiele genannt, hätte es mich sehr getröstet.
Glauben Sie, dass wirklich für jeden Menschen eine realistische Möglichkeit besteht, mit einer Beschäftigung seinen Lebensunterhalt
zu verdienen, die ihn erfüllt und für die er echte Leidenschaft empfindet?
Mir imponieren Leute, die Beschäftigungen, die vielleicht in den Augen anderer nicht gerade großartig sind, mit Freude ausführen. Selbst wenn es andere Dinge gibt, die sie lieber machen. Ich kenne Menschen, die viel auf sich genommen haben oder auch finanzielle Einschränkungen hinnehmen, um das zu tun, was sie wirklich erfüllt. Den Traumjob, der erfüllt, ein hohes Einkommen bringt, viel Freizeit und Urlaub, die nettesten Vorgesetzten und Kollegen, wenig Verantwortung und geringen Zeitdruck, den gibt es nicht.
Sie schreiben, dass „man zu einer Minderheit auf dieser Erde gehört, wenn man schon viel über sich, das Leben, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle nachgedacht hat“. Reflektieren wir zu selten?
Ja, es ist mein Eindruck, dass wir zu wenig reflektieren. Meine nahen Freunde verbindet alle der Mut zur Selbstreflexion und des Sprechens darüber. Diese Offenheit braucht Mut und kann anderen so viel Mut geben, denn man erkennt, man ist mit seinen eigenen „Themen und Problemen“nicht allein. Aber natürlich erkennt man auch seine Schwächen und inneren Wunden aus der Vergangenheit, die möglicherweise wieder zu bluten beginnen. Es ist doch grundsätzlich so, dass wir Schmerz vermeiden wollen. Etwas sehr Menschliches. Kurzer
Schmerz, der zu mehr Freude führt, ist es aber wert, finde ich.
Sie sprechen sich gegen Neid aus. Kann Neid nicht auch ein motivierendes Gefühl sein, und ist nicht vielmehr die Missgunst die zerstörerische Kraft?
Neid oder Missgunst sind für mich das Gleiche und als Motivation sind sie mir unbekannt. Denn wenn ich selbst Freude an dem habe, was ich tue und besitze, dann empfinde ich keinen Neid. „Ich will das auch haben, was muss ich dafür tun“zu sagen, finde ich okay. Die Frage ist nur, ob man dann alles auf sich nehmen will, was die beneideten Menschen tun.
Unterschreiben Sie Camus' berühmtes Zitat „wir müssen uns Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen“?
Wir müssen akzeptieren, dass es dauerhaftes Glücksgefühl nicht gibt und Leiden ein Teil des Lebens sind. So kommt auf den Tag die Nacht und umgekehrt. Die Aussage: „Ich stelle mich all dem, was da kommt, und setze alles daran, das Beste draus zu machen“, die finde ich stärkend und wichtig.
Wir müssen akzeptieren, dass es ein dauerhaftes Glücksgefühl nicht gibt.
Thomas Brezina:
„Die 7,7 Geheimnisse des Glücks“. edition a, 192 Seiten, ISBN 9783-99001-389-2,
19,95 Euro