Luxemburger Wort

„Aus China weg will niemand“

Schwierige Aussichten für Eu-unternehme­n im Reich der Mitte

- Von Fabian Kretschmer (Peking)

Viele europäisch­e Firmen mit Standort in China klagen über Wettbewerb­sverzerrun­gen und Marktbarri­eren. Wegziehen ist für die meisten jedoch kein Thema.

Spätestens seit Donald Trump seinen Handelskri­eg gegen China vom Zaun gebrochen hat, ist „Decoupling“das wohl vielbeacht­etste Schlagwort unter Ökonomen. Es bezeichnet vereinfach­t gesagt das Entkoppeln von Lieferkett­en und Produktion­sstätten. Für die europäisch­e Wirtschaft in China ist ein Abzug jedoch auch in Zeiten von Corona absolut kein Thema: Nur elf Prozent aller Unternehme­n mit Standort in der Volksrepub­lik ziehen überhaupt die Möglichkei­t in Betracht. „Man muss schon verrückt sein, wenn man aus China wegzieht“, sagt Lobbyist Jörg Wuttke, Leiter der europäisch­en Handelskam­mer in Peking. Die Gründe liegen auf der Hand: Fast ein Drittel des globalen Wirtschaft­swachstums im nächsten Jahrzehnt wird in China generiert.

Gestern hat die Handelskam­mer ihre alljährlic­he Umfrage zum Geschäftsk­lima europäisch­er Unternehme­n in China veröffentl­icht. Unter normalen Umständen wäre der Bericht ein verlässlic­hes Stimmungsb­arometer. Dieses Mal jedoch scheinen viele Resultate schon wie Relikte aus einer fernen Vergangenh­eit: Die Studie wurde nämlich im Februar erhoben, als das Virus noch vornehmlic­h als chinesisch­es Problem galt. Seither hat sich die Lage fast umgedreht: Die chinesisch­e Volkswirts­chaft hat sich bei der Produktion und auch im Binnenkons­um deutlich erholt, während das große Problem derzeit vor allem die Nachfrage aus dem Ausland darstellt.

Dennoch bietet die Studie der Handelskam­mer wichtige Erkenntnis­se über längerfris­tige Entwicklun­gen. Charlotte Roule, Vizepräsid­entin der Eu-handelskam­mer, sprach vor Journalist­en vom Erstarken chinesisch­er Staatsunte­rnehmen, mit denen die Kommunisti­sche Partei im Zuge

Wir können noch nicht von einer offenen Wirtschaft sprechen.

Charlotte Roule, Eu-handelskam­mer

der Corona-krise rasch Arbeitsste­llen schaffen möchte. Dadurch entstünden Wettbewerb­sverzerrun­gen und vor allem Marktbarri­eren für Privatunte­rnehmen, über die rund zwei Drittel aller europäisch­en Betriebe klagen. „Es gab zwar Öffnungen in einigen Branchen, aber letztlich können wir noch nicht von einer offenen Wirtschaft sprechen“, sagt Roule.

Warten auf Investitio­nsabkommen

Die Lösung aus Sicht der Europäer wäre ein allumfasse­ndes Investitio­nsabkommen, an dem bereits seit sieben Jahren und fast 30 Runden verhandelt wird. Dieses soll vor allem eine Öffnung der chinesisch­en Wirtschaft für heimische Unternehme­n herbeiführ­en. Präsident Xi Jinpings Signatur unter einem solchen Abkommen hätte der Höhepunkt des für September in Leipzig geplanten Eu-china-gipfels werden sollen. Dieser ist jedoch auf unbestimmt­e Zeit verschoben – offiziell wegen Corona, doch die schleppend­en Verhandlun­gen über das Abkommen sowie Pekings geplantes Sicherheit­sgesetz für Hongkong dürften wohl die wahren Gründe sein.

Bei aller Kritik gibt es jedoch auch unternehme­risches Lob an der Wirtschaft­spolitik Chinas. „Wir werden momentan von der Lokalregie­rung noch besser unterstütz­t als vor der Krise“, sagt etwa Thomas Nürnberger, der die Chinagesch­äfte des baden-württember­gischen Mittelstän­dlers Ebmpapst leitet. Vor allem profitiere der Hersteller von Ventilator­en und Elektromot­oren, dass der Staat über mehrere Monate die Hälfte der Sozialbeit­räge seiner Belegschaf­t übernommen hat. „Das entlastet die Unternehme­n sofort – und die Mitarbeite­r müssen nicht wie in Deutschlan­d in Kurzarbeit“, sagt Nürnberger. Derzeit liegen sowohl die Aufträge als auch Umsätze noch immer höher als vor einem Jahr, doch spätestens für das dritte Quartal rechnet man auch bei Ebm-papst mit einem vorübergeh­enden Einbruch.

Nur einen Wermutstro­pfen gibt es: Dienstreis­en sind vor allem für Expats nach wie vor heikel, sagt Nürnberger: „Als ich letzte Woche in unser neues Werk nach Xi´an geflogen bin, musste ich als Ausländer erst einmal direkt ins Quarantäne­zentrum. Es hat mich anderthalb Stunden an Diskussion­en gebraucht, um das Missverstä­ndnis aufzukläre­n.“

0,05

- 3,35 - -

9,60 0,52 0,07 1,25 3,20

2,80 1,20 0,70 2,50 1,20

0,50 0,55

- 0,50 4,75

2,40 0,62 3,25 - Deutsche

2,90 1,15 0,70 0,19

0,90 0,80 0,46 1,20 0,57

Fraport - 0,04 0,80

1,17

0,97 0,42 1,15 0,22 0,80

5,50 0,80 30,61

8,75 53,70 106,70

77,00

11,17 91,48 48,52 34,67 55,20 +0,80 +0,12 +0,66 +0,55 +0,14

–0,68 –3,44 –1,10 –0,74 –1,03 +2,68 +1,40 +1,24 +0,52 +0,18

–5,74 –3,62 –2,22 –2,09 –1,83

Kurs +/–% 52-Wochen 10.06. V.tag Hoch Tief 24,03 - 0,95 32,88 13,29 18,82 - 1,98 31,90 12,28 248,20 - 1,23 317,45 162,20 74,99 - 0,99 139,40 47,70 9,50 - 0,52 11,59 6,01 185,54 - 1,00 232,60 117,10 13,60 - 1,59 19,09 9,89

5,75 + 0,91 8,88 2,88 54,88 - 0,40 58,00 30,05 55,20 - 1,83 72,17 37,36 67,15 - 0,16 78,34 44,86 149,70 - 0,40 165,40 79,35 99,84 - 0,12 117,25 77,62 58,89 - 0,88 77,06 36,60 49,74 + 2,07 50,82 28,68 52,80 + 0,76 59,05 31,20 87,80 - 1,73 122,10 67,70 4,38 - 0,48 6,83 2,80 67,75 + 1,57 78,50 46,46 91,48 - 3,62 133,76 51,45 34,67 - 2,09 48,18 23,54 41,98 - 2,46 61,55 25,54 38,80 - 0,42 54,50 21,02 84,56 - 0,28 91,98 36,89

8,75 + 1,40 10,37 4,45 152,80 - 0,59 158,90 92,92 31,03 - 0,58 35,00 19,10 15,12 - 0,46 16,75 10,41 67,00 - 3,04 108,50 38,32

7,77 - 1,21 15,74 4,95 39,81 - 0,13 43,88 27,66 23,12 - 5,32 33,16 15,72 10,16 - 0,88 11,56 7,60 138,20 - 0,36 206,00 90,10 24,00 - 2,32 27,59 15,13 24,05 + 1,35 27,29 17,17 46,20 - 4,51 79,26 27,59 16,12 - 0,12 21,64 13,67 44,14 + 0,16 51,54 24,25 77,00 + 0,18 81,10 53,50 37,32 - 0,32 45,76 25,56 28,64 - 1,78 30,32 13,16 77,75 + 2,24 81,30 50,65 21,28 + 0,09 24,00 13,82 76,00 0 104,40 40,50 161,50 + 0,50 192,80 98,25 43,00 - 0,65 47,27 28,50

0,41 - - - 0,10

0,62

- 0,22 1,46 0,02

0,91 - - 3,25

0,38 0,18

- 2,55 0,35

0,22 - - 0,26

0,16

- 0,34 0,25 1 015,64 320,26 156,03 197,97 377,30

41,62 17,82 79,29 271,59 28,37 + 74,97 + 17,26 +7,09 + 8,17 + 15,46

–3,02 –0,74 –3,08 –8,12 –0,65 + 7,97 + 5,70 + 4,76 + 4,30 + 4,27

–6,76 –3,96 –3,73 –2,90 –2,24

Kurs +/–% 52-Wochen 10.06. V.tag Hoch Tief 73,62 +2,25 75,97 44,59 116,90 +0,78 134,84 72,67 271,59 - 2,90 313,88 127,88 58,30 + 3,39 59,27 27,43 17,82 - 3,96 34,99 8,25 124,05 +0,54 127,39 79,08 288,75 +1,22 299,06 186,81 60,46 +1,12 69,44 36,64 350,66 +0,38 364,16 189,49 239,77 +2,40 239,80 125,38 157,07 - 0,39 182,32 103,11 117,06 +1,06 147,38 82,00 107,93 +2,70 112,57 62,88 317,24 +0,61 331,58 155,67 93,82 + 1,36 94,18 51,39 122,89 - 1,22 146,09 73,39 71,86 - 0,03 80,90 53,08 111,10 +0,31 120,99 80,06 281,97 - 0,33 304,81 154,33 141,82 +1,14 155,10 90,28 58,21 +1,78 71,48 40,01 89,75 +0,73 104,88 55,69 698,60 +1,00 746,70 500,24 73,83 +0,23 80,62 46,81 92,07 - 0,55 119,71 60,20 49,54 - 0,43 51,88 26,02 122,98 + 1,58 124,28 85,69 89,53 +0,94 144,00 40,76 42,63 - 0,54 43,20 26,72

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Foto: AFP Fast ein Drittel des globalen Wirtschaft­swachstums im nächsten Jahrzehnt findet in China statt.

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