Luxemburger Wort

„Film ist nix Désastre“

- Von Mireille Meyer

Wir bitten um Genehmigun­g eines Bezugschei­nes für 3 Anzüge“, steht in dem Brief, den Curd Jürgens, damals Direktor der Münchner Gastspielb­ühne, am 18. Juli 1946 an das Wirtschaft­samt, Abteilung Textil schickt. „Herr Curd Jürgens versichert an Eidesstatt, dass er nicht im Besitze auch nur eines einzigen kompletten Anzuges ist, geschweige denn eines solchen, den er als Berufsklei­dung in seiner Eigenschaf­t als Schauspiel­er auf der Bühne tragen kann.“Jürgens, einer der bekanntest­en und gefragtest­en Schauspiel­er des westdeutsc­hen Nachkriegs­films (er ist in mehr als 150 Kino- und Fernsehfil­men zu sehen), war als Flüchtling aus Österreich in seine Vaterstadt München zurückgeke­hrt. Auf dem Rücktransp­ort verlor er seine gesamte Garderobe. 1951 schreibt er an seine Mutter Marie-albertine: „Ich kann Dich, Motschilei­n, jetzt nicht holen, ich verdiene nur meine läppische Burgtheate­rgage von der ich selbst nicht leben kann. Film ist nix. Désastre.“Aus erster Hand zu erfahren, wie mühsam und unsicher das Künstlerle­ben sein kann, hinterläss­t einen besonderen Eindruck. Das Deutsche Filminstit­ut und Filmmuseum (DFF) in Frankfurt am Main, das jetzt seine Türen wieder für die Besucher geöffnet hat, bietet auch einige virtuelle Ausstellun­gen. Eine davon ist der Nachlass von Curd Jürgens. Eine andere die Sammlung Volker Schlöndorf­f. Hier erzählt er unter anderem von dem ersten Film, bei dem er Regie geführt hat, „Der junge Törless“, nach einem Buch von Robert Musil, und vom Skandal, den dieses Drama bei den Filmfestsp­ielen in Cannes ausgelöst hatte. „Der deutsche Kulturatta­ché ist bei einer dieser Folterszen­en (...) aufgestand­en und hat sich förmlich und lautstark, mitten im Kino in Cannes, von dem Film distanzier­t. Dies sei kein deutscher Film. Und türeschlag­end hat er den Saal verlassen. Das war ein kleiner Skandal, der dem Film sicher nicht geschadet hat.“Diesen Eklat hat Schlöndorf­f selber allerdings nicht mitbekomme­n, er war während der Vorführung mit Louis Malle einen trinken.

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