„Aujourd’hui nous – demain vous“
Die Geschichte des Portals vom Consdorfer Friedhof. Auslöser für seinen Bau war die Spanische Grippe vor 100 Jahren
Ortschaften bei einer kirchlichen Feier in Tandel und in Consdorf am 15. März 1919 Abschied von ihnen nehmen konnten, verstarben am 13. März die Kinder Michel und Nicolas. Michel war nur 19 Jahre alt, als er in seinem Geburtsort Tandel verstarb, sein Bruder Nicolas starb mit 13 Jahren in seinem Geburtsort Consdorf. Damit waren bis auf den jüngsten Sohn Johann Peter (*1913) alle Kinder der Familie Theis-meyers verstorben, fünf von ihnen an den Folgen der Spanischen Grippe. Es war ein unfassbar schwerer Schicksalsschlag für die Familie. Mutter Maria, die ebenfalls an der Grippe erkrankt war, sollte überleben. Sie verstarb erst 20 Jahre später im Alter von 62 Jahren am 15. März 1938 in Tandel.
Familienvater Frantz (François) war von der Spanischen Grippe verschont geblieben. Nach dem Tod seiner sieben Kinder entschied er, den Betrieb und die Gastwirtschaft in Consdorf aufzugeben und mit seiner Frau und dem Sohn Johann Peter (Jean-pierre) nach Tandel zurückzukehren. An die Schicksalsjahre der Spanischen Grippe und seine verstorbenen Kinder wollte er jedoch dauerhaft erinnern.
In seinen Gedanken reifte die Idee, über dem Friedhofseingang in Consdorf eine Erinnerungsschrift anzubringen. Er entschied sich für den Spruch „Aujourd’hui nous – demain vous“. Das schmiedeeiserne Gitter stellte der handwerklich geschickte François Theis selber her. Das Portal existiert bis heute. Obwohl es die bekannteste Erinnerung an die Spanische Grippe ist, die im ländlichen Luxemburg existiert, steht es nicht auf der nationalen Denkmalschutzliste.
Hintergrund: Spanische Grippe
Die Spanische Grippe, die 1918 plötzlich auftrat und bis 1920 weltweit wütete, raffte je nach Schätzung 20 bis mehr als 50 Millionen Menschen dahin. In Wellen hatte sie sich zur schlimmsten Grippepandemie der Geschichte entwickelt. Woher die Grippe kam, ist nicht endgültig geklärt – der Name Spanische Grippe entstand, nachdem die ersten Nachrichten über die Seuche, Anfang 1918, aus Spanien kamen. Durch winzige Tröpfchen beim Husten oder Niesen steckten sich die Menschen reihenweise an. Der Krankheitsverlauf wurde wie folgt beschrieben: „Morgens krank, abends tot; abends krank, morgens tot.“
Auch in den Ortschaften der Gemeinde Consdorf steckten sich ab Anfang 1918 viele Leute mit dem Influenzavirus der Spanischen Grippe an und verstarben plötzlich. Besonders stark traf es die Ortschaft Consdorf. Weniger betroffen war Scheidgen, in Breidweiler und Colbette verstarb hingegen niemand aufgrund der Spanischen Grippe.
Bei der Analyse der Liste jener Einwohner der Gemeinde, die in den Jahren 1918, 1919 und 1920 verstorben sind, trennten die Autoren jene, die während einer Welle der Spanischen Grippe verstarben, von jenen Sterbefällen außerhalb einer Grippewelle. Diesen Schätzungen zufolge sind in diesen drei Jahren in Consdorf von insgesamt 56 Todesfällen 34 der Spanischen Grippe zuzuordnen, in Scheidgen drei von insgesamt zehn Todesfällen.