Luxemburger Wort

Kolumbus ohne Kopf

Helden oder Rassisten: Der Streit um Namen, Statuen und Flaggen blüht in den USA auf

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Washington. Im Zuge der Proteste gegen den Rassismus in den Vereinigte­n Staaten nach dem Tod von George Floyd ist eine Diskussion um die Erinnerung­skultur in dem Land entbrannt. Der Idee einer Umbenennun­g umstritten­er Namen von Us-militärbas­en erteilte Us-präsident Donald Trump am Mittwoch eine klare Absage. Derweil forderte die führende Demokratin im Repräsenta­ntenhaus, elf Statuen im Kapitol zu entfernen.

Der Tod des Afroamerik­aners Floyd bei einem Polizeiein­satz vor mehr als zwei Wochen am 25. Mai hat Massenprot­este gegen systematis­chen Rassismus und Polizeigew­alt im ganzen Land und auch weltweit ausgelöst. Die Proteste dauern an.

Us-militärbas­en behalten

Namen ihrer „Helden“Trump machte am Mittwoch auf Twitter klar, dass seine Administra­tion keiner Änderung der Namen von bis zu zehn Stützpunkt­en des Militärs wie Fort Bragg in North Carolina, Fort Hood in Texas oder Fort Benning in Georgia zustimmen würde. Unter anderem der zivile Chef des Heeres, Ryan Mccarthy, hatte sich zuvor offen gezeigt, darüber zu diskutiere­n. „Diese monumental­en und sehr mächtigen Stützpunkt­e sind Teil eines großartige­n amerikanis­chen Erbes geworden und einer Geschichte des Gewinnens, Sieges und der Freiheit“, schrieb Trump.

Trump nannte die Einrichtun­gen „heilige Stätten“, in denen „Helden“ausgebilde­t worden seien. „Deswegen wird meine Regierung nicht einmal über die Umbenennun­g dieser herrlichen und sagenumwob­enen militärisc­hen Einrichtun­gen nachdenken.“An Amerikas Geschichte als „größte Nation der Welt“, die zwei Weltkriege gewonnen habe, werde nicht gerüttelt. Trump forderte Respekt für das Militär.

Es geht dabei um Basen, die nach militärisc­hen Führern der Konföderie­rten Staaten benannt sind. Die Konföderie­rten hatten im Amerikanis­chen Bürgerkrie­g (1861-1865) gegen den Norden gekämpft und sich gegen die Abschaffun­g der Sklaverei und gegen mehr Rechte für Schwarze gewehrt.

Demokraten rütteln an Statuen

im Kapitol

Aus demselben Grund forderte die Sprecherin des Repräsenta­ntenhauses, die Demokratin, Nancy Pelosi, die Entfernung von Statuen im Kapitol in Washington. Sie stellen elf Soldaten und Vertreter der Konföderie­rten Staaten dar, verkörpern aber nach Meinung von Pelosi nicht die höchsten Ideale der USA. „Ihre Statuen sind eine Hommage an den Hass, nicht an das Erbe“, schrieb sie in einem Brief an die zuständige Stelle im

Kongress. Der Vorschlag ist nicht ganz neu: Bereits 2017 forderte Pelosi ihre Entfernung.

Statue von Entdecker Kolumbus

wurde enthauptet

Derweil köpften Unbekannte nach lokalen Medienberi­chten eine Statue von Christophe­r Kolumbus in einem Park der amerikanis­chen Ostküstens­tadt Boston. Nach dem Vorfall in der Nacht zum Mittwoch

kündigte Bürgermeis­ter Marty Walsh an, auch den Rest des Denkmals abzubauen. Auch in Richmond (Virginia) wurde laut dem Tv-sender NBC 12 ein Kolumbus-denkmal gestürzt, in Brand gesteckt und in einen See geworfen.

Kolumbus war einer der ersten Europäer in der sogenannte­n Neuen Welt und wird häufig als Entdecker Amerikas bezeichnet. Historiker

und Bürgerrech­tler kritisiere­n ihn aber für sein gewalttäti­ges Verhalten gegenüber den Ureinwohne­rn Amerikas. Ihm wird vorgeworfe­n, zum transatlan­tischen Sklavenhan­del beigetrage­n zu haben.

„Vom Winde verweht“aus dem Programm genommen Der Us-streaminga­nbieter HBO max sorgte für Aufsehen mit der

Ankündigun­g, den Filmklassi­ker „Vom Winde verweht“vorerst aus dem Programm zu nehmen. Das zu Warner Media gehörende Unternehme­n wolle dem Film Erklärunge­n zu dessen rassistisc­hen Vorurteile­n und der problemati­schen Darstellun­g von Sklaverei zur Seite stellen, erklärte ein Sprecher. „Er wird mit einer Erläuterun­g seines historisch­en Kontexts und einer Distanzier­ung von den rassistisc­hen Darstellun­gen ins Programm wiederaufg­enommen werden“, hieß es laut „Hollywood Reporter“in einem Statement des Unternehme­ns.

„Vom Winde verweht“ist 1939 erschienen und erzählt die Geschichte der Gutsherrin Scarlett O'hara in den Us-südstaaten zu Zeiten des Bürgerkrie­ges. Auch nach der Abschaffun­g der Sklaverei stehen mehrere afroamerik­anische Charaktere freiwillig und loyal zu Scarletts Familie, Probleme durch Sklaverei werden in dem Klassiker nicht thematisie­rt.

Die beliebte Motorsport-serie Nascar verbot am Mittwoch den künftigen Einsatz der Kriegsflag­ge der Konföderie­rten bei ihren Rennen. „Die Anwesenhei­t der Konföderie­rten-flagge bei Nascarvera­nstaltunge­n widerspric­ht unserer Verpflicht­ung, ein inklusives Umfeld für alle unsere Fans, Teilnehmer und unsere Industrie zu bieten“, hieß es in einer Stellungna­hme. Der einzige afroamerik­anische Nascar-fahrer, Bubba Wallace, hatte sich erst vor wenigen Tagen für ein solches Verbot ausgesproc­hen.

Pläne für Polizeiref­orm bei Demokraten und im Weißen Haus Nach den Demokraten kündigte das Weiße Haus Pläne für eine Polizeiref­orm an. Präsident Donald Trump habe die vergangene­n zehn Tage damit zugebracht, an Vorschläge­n zu arbeiten, die bei den Protesten nach Floyds Tod thematisie­rt worden seien, sagte Sprecherin Kayleigh Mcenany. Man hoffe, die Pläne in den kommenden Tagen vorzulegen. Einem Gesetzentw­urf der Demokraten im Kongress würde Trump dagegen nicht zustimmen.

Grund sei, dass er eine Reduzierun­g der Immunität von Polizeibea­mten vorsehe. „Das würde dazu führen, dass die Polizei sich zurückzieh­t“, sagte Mcenany. Man erkenne an, dass es Ungerechti­gkeit im Land gebe. „Aber dieser Präsident weiß grundsätzl­ich, dass die meisten Polizisten in diesem Land gut sind.“Die Demokraten wollen unter anderem eine einfachere Strafverfo­lgung bei polizeilic­hem Fehlverhal­ten erreichen. Polizeigew­alt soll auch durch den verstärkte­n Einsatz von Körperkame­ras bekämpft werden. Umstritten­e Methoden wie Würgegriff­e bei Festnahmen sollen verboten werden.

George Floyd war am Dienstag beigesetzt worden. Ein weißer Polizeibea­mter hatte sein Knie fast neun Minuten lang in den Nacken des am Boden liegenden Mannes gedrückt. dpa

Ihre Statuen sind eine Hommage an den Hass, nicht an das Erbe. Speakerin Nancy Pelosi

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Foto: AFP Umstritten­er Entdecker: Die kopflose Statue im „Christophe­r Columbus Waterfront Park“in Boston wurde von der Stadtverwa­ltung entfernt.
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der Konföderie­rten
Motorsport ohne Kriegsflag­ge der Konföderie­rten

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