Neue Hoffnung
Luxemburger Wirtschaft soll sich nach tiefer Rezession 2021 wieder rasch erholen
Steil bergab und dann steil bergauf: Das Statistikamt Statec hält nach dem Corona-bedingten Rekordeinbruch der luxemburgischen Wirtschaft eine kräftige Erholung für möglich. Das Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr voraussichtlich um sechs Prozent sinken, heißt es in der gestern vorgestellten Prognose. Statec-direktor Serge Allegrezza spricht in diesem Zusammenhang von einer „krassen Rezession“.
Im kommenden Jahr soll es dann von dem niedrigen Niveau aus um sieben Prozent nach oben gehen. „Je tiefer man fällt, desto höher kann man wieder aufsteigen“, beschreibt Statec-ökonom Ferdy Adam die mögliche Entwicklung. Und: „Wir gewinnen 2021 wieder von dem zurück, was wir 2020 verloren haben.“Das Szenario ergibt sich allerdings nur im Falle einer Normalisierung der Gesundheitssituation und einer allmählichen Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit. „Am Ende des Jahres 2021 wird diese jedoch immer noch drei Prozent unter dem Kurs liegen, der sich vor dem Auftreten dieser Krise abzeichnete“, heißt es beim Statec.
Sollte es im Laufe dieses Jahres jedoch zu einem neuen Virusausbruch kommen (das negative Szenario), würde das BIP 2020 um 12,6 Prozent sinken und 2021 nur um 1,7 Prozent ansteigen. Die Arbeitslosenquote könnte hierzulande 2021 im schlimmsten Fall auf ein Rekordhoch von 9,7 Prozent ansteigen. Im positiven Szenario rechnet das Statec mit einer Arbeitslosenquote von 7,6 Prozent.
Das nationale Statistikamt verweist auf „einen Rückgang der Aktivitäten um etwa 25,8 Prozent im
Zusammenhang mit der Covid-19pandemie. Am stärksten betroffen sind die Wirtschaftsbranchen, die direkt von einem vollständigen oder teilweisen Tätigkeitsverbot betroffen waren, etwa das Baugewerbe (-90 Prozent), das Hotelund Gaststättengewerbe (-90 Prozent) und der Handel (-39 Prozent). Die jüngsten Lockerungen dürften ab dem dritten Quartal eine Wiederbelebung der Aktivitäten ermöglichen. Dank der Telearbeit konnte der Finanzsektor das Beschäftigungsniveau aufrechterhalten, aber der Abschwung an den Aktienmärkten und der wirtschaftliche Einruch werden sich, laut Statec, auf die Ergebnisse der Branche auswirken.
Statec versus OECD
Das Statistikinstitut zeigt sich etwas zuversichtlicher als die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD), die vorgestern ihre Prognosen für Luxemburg veröffentlicht hat. Laut dem positiven Szenario, wenn das Virus bis zum Sommer abklingt, wird das BIP im Jahr 2020, den Experten aus Paris zufolge, voraussichtlich um 6,5 Prozent schrumpfen und sich dann 2021 um lediglich 3,9 Prozent erholen.
„Wir betrachten die Entwicklung etwas positiver als die OECD“, sagt Serge Allegrezza. Dafür gibt es mehrere Ursachen. „Luxemburg ist mit seinem Wirtschaftsmotor
Finanzplatz gut aufgestellt. Und auch Europa scheint aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Das heißt, dass die Europäische Union nun bereit ist, eine expansionistische Geld- und Finanzpolitik zu betreiben, die für ganz Europa und insbesondere auch für unsere Nachbarländer sehr wichtig ist.“
Luxemburg ist mit seinem Finanzplatz gut aufgestellt.
Serge Allegrezza
Das erste Mal seit 25 Jahren
Laut Statec werden sich die öffentlichen Finanzen erheblich verschlechtern. Die Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen – die rund 1,5 Milliarden Euro oder 2,5 Prozent des BIP darstellen – würden die Ausgabenseite stark belasten. Rechne man die Kosten für die Gesundheitsmaßnahmen hinzu, dürfte die Corona-krise in diesem Jahr zu einem Anstieg der öffentlichen Ausgaben um 12 Prozent führen.
Der Haushaltssaldo wird sich voraussichtlich von 2,2 Prozent des BIP im Jahr 2019 auf -6 Prozent in diesem Jahr (oder -3,5 Milliarden Euro) drastisch verschlechtern. Das Statistikamt spricht von einem bisher nie da gewesenen Defizit: In den letzten 25 Jahren habe Luxemburg nur dreimal ein Defizit von jeweils knapp einem Prozent des BIP verzeichnet. Das Jahr 2021 werde immer noch ein Defizit von rund drei Prozent aufweisen.