Angst vor dem Staub
Familienvater aus Küntzig sorgt sich wegen Abbaus von Eternitplatten auf Nachbargelände – Gemeinde gibt Entwarnung
Küntzig. „Es ist furchtbar“, sagt Marco Back (45), sichtlich aufgeregt. Am 22. Mai wurde das Dach von Garagenboxen, die sich direkt hinter seinem Grundstück befinden, entfernt. Das Dach besteht zum Teil aus alten Wellplatten aus Faserzement, sogenannten Eternitplatten, in denen früher auch Asbestfasern verbaut wurden.
Die Arbeiter hatten die Wellplatten vom Dach in einen Container fallen lassen, wobei diese zerbrochen sind. Backs Frau, die zu dem Zeitpunkt zu Hause war, hat es mit ihrem Smartphone gefilmt. Darauf ist zu sehen, dass die Arbeiter zudem quasi nur mit den wegen der Pandemie obligatorischen Masken ausgestattet sind.
„Als sie mich benachrichtigt hat, bin ich so schnell ich konnte von der Arbeit nach Hause geeilt“, erklärt Back. „Es war alles voller Staub. Ich war schockiert.“Kollegen vom Fach – er ist Projektmanager im Holzbaubereich – hätten ihn bei Besuchen gewarnt, dass da eine potenzielle Gefahr lauere. Denn seit Jahren stehe fest, dass die Garagenboxen einmal weichen müssten, erklärt er weiter.
Am Tag der Arbeiten benachrichtigte er sofort die Inspection du travail et des mines (ITM), die den Abriss auch gleich stoppen ließ. Mittlerweile, Anfang Juni, wurden die Platten von einer spezialisierten Firma fachgerecht entsorgt.
Garten als Sperrzone
Besser fühlt sich Marco Back dadurch aber nicht. Auch wenn er im Gespräch betont, sich seit dem Vorfall etwas beruhigt zu haben, zeigt seine Körpersprache, dass die Sache ihn immer noch aufwühlt.
So traut er sich seitdem nicht mehr in seinen Garten. Seine Kinder hat er während der vergangenen Ferienwoche zu den Großeltern geschickt. Auch die beiden Katzen lässt er nicht mehr ins Haus. „Es ist so, als hätte uns jemand das Trinkwasser vergiftet, so fühle ich mich.“
Kritisieren tut er auch die Gemeinde Käerjeng. Der Abbau wurde von einer Privatfirma aus Zolver in ihrem Auftrag erledigt. Eine Woche zuvor habe ihn ein Hausmeister des benachbarten Schulcampus informiert, dass die Abrissarbeiten bevorstünden. Daraufhin habe er eine Unterredung mit den technischen Diensten der Gemeinde beantragt.
Dort wurde ihm ein Plan gegeben. Darauf sind unter anderem eine Velobox und ein Trafo anstelle der Garagenboxen eingezeichnet. „Damals habe ich sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Wellplatten
Marco Back, hier mit den Plänen des Neubaus, zeigt sich besorgt um seine Familie.
asbesthaltig sein könnten“, erzählt er weiter. Nicht nur seinetwegen, sondern auch wegen der Maison relais, die sich direkt daneben befindet. Gegen den Umbau
an sich habe er nichts einzuwenden.
Verärgert ist er darüber, dass er im Nachhinein keine Hilfe von der Gemeinde angeboten bekam. Also hat er selbst einen Experten mandatiert, um Proben, die aus seinem Garten stammen, zu analysieren. Er wartet derzeit noch auf die Resultate. Das Ganze sei mit hohen Kosten verbunden.
Auf Nachfrage bestätigt eine Sprecherin der ITM, dass die Baustelle am 22. Mai geschlossen wurde. Die zuständige Firma hätte im Vorfeld einen Arbeitsplan einreichen müssen. Auch hätte sie die gesetzlich festgelegten Sicherheitsmaßnahmen respektieren müssen und die Eternitplatten fachgerecht entsorgen sollen. Das alles habe sie nicht getan, bestätigt die Itm-sprecherin.
Laut Arbeitsrecht sind Strafen für solche Vergehen von zwischen acht Tagen und sechs Monaten Gefängnis vorgesehen sowie eine Geldstrafe zwischen 251 und 25 000 Euro.
Wie in einer Broschüre der ITM zum Asbestzement nachzulesen ist, müssen Dach-asbestzementplatten unter anderem vor der Abnahme mit Wasser mit einem staubbindenden Mittel besprüht werden. Bei Asbestzement sind nur geringe Anteile an Asbestprodukten enthalten – im Verhältnis eins zu zehn. Aber eine geringe Konzentration an Asbest genügt, um gesundheitsschädlich zu sein. So sind die Asbestfasern sehr fein, bis zu 2 000 Mal feiner als ein Haar, und können tief in die Atemwege gelangen. Seit 2001 besteht in Luxemburg ein generelles Verbot für asbesthaltige Produkte.
Gemeinde: „Werte in Ordnung“
Entwarnung kann aber der Käerjenger Bürgermeister Michel Wolter geben. Gleich am Montag, dem 25. Mai, seien Proben von einem neutralen Experten im Auftrag der Gemeinde durchgeführt worden. „Es wurden Fotos geschossen, ein ganzes Dossier erstellt“, so Michel Wolter. Die Resultate der Proben liegen der Gemeinde auch bereits vor. „Die Werte sind absolut in Ordnung“, versichert er.
Die Baufirma habe wohl einen Fehler begangen. Dafür könne man die Gemeinde aber nicht verantwortlich machen. Auch wurde darüber „transparent“in der vergangenen Gemeinderatssitzung diskutiert, betont Michel Wolter.
Laut der Itm-sprecherin werde das Problem der Asbestentsorgung, generell gesehen, hierzulande mit dem nötigen Ernst genommen. Davon zeuge, dass 2019 insgesamt 511 Arbeitspläne eingereicht wurden. In Küntzig war dies dieses Mal aber nicht der Fall.