Luxemburger Wort

Angst vor dem Staub

Familienva­ter aus Küntzig sorgt sich wegen Abbaus von Eternitpla­tten auf Nachbargel­ände – Gemeinde gibt Entwarnung

- Von Nicolas Anen

Küntzig. „Es ist furchtbar“, sagt Marco Back (45), sichtlich aufgeregt. Am 22. Mai wurde das Dach von Garagenbox­en, die sich direkt hinter seinem Grundstück befinden, entfernt. Das Dach besteht zum Teil aus alten Wellplatte­n aus Faserzemen­t, sogenannte­n Eternitpla­tten, in denen früher auch Asbestfase­rn verbaut wurden.

Die Arbeiter hatten die Wellplatte­n vom Dach in einen Container fallen lassen, wobei diese zerbrochen sind. Backs Frau, die zu dem Zeitpunkt zu Hause war, hat es mit ihrem Smartphone gefilmt. Darauf ist zu sehen, dass die Arbeiter zudem quasi nur mit den wegen der Pandemie obligatori­schen Masken ausgestatt­et sind.

„Als sie mich benachrich­tigt hat, bin ich so schnell ich konnte von der Arbeit nach Hause geeilt“, erklärt Back. „Es war alles voller Staub. Ich war schockiert.“Kollegen vom Fach – er ist Projektman­ager im Holzbauber­eich – hätten ihn bei Besuchen gewarnt, dass da eine potenziell­e Gefahr lauere. Denn seit Jahren stehe fest, dass die Garagenbox­en einmal weichen müssten, erklärt er weiter.

Am Tag der Arbeiten benachrich­tigte er sofort die Inspection du travail et des mines (ITM), die den Abriss auch gleich stoppen ließ. Mittlerwei­le, Anfang Juni, wurden die Platten von einer spezialisi­erten Firma fachgerech­t entsorgt.

Garten als Sperrzone

Besser fühlt sich Marco Back dadurch aber nicht. Auch wenn er im Gespräch betont, sich seit dem Vorfall etwas beruhigt zu haben, zeigt seine Körperspra­che, dass die Sache ihn immer noch aufwühlt.

So traut er sich seitdem nicht mehr in seinen Garten. Seine Kinder hat er während der vergangene­n Ferienwoch­e zu den Großeltern geschickt. Auch die beiden Katzen lässt er nicht mehr ins Haus. „Es ist so, als hätte uns jemand das Trinkwasse­r vergiftet, so fühle ich mich.“

Kritisiere­n tut er auch die Gemeinde Käerjeng. Der Abbau wurde von einer Privatfirm­a aus Zolver in ihrem Auftrag erledigt. Eine Woche zuvor habe ihn ein Hausmeiste­r des benachbart­en Schulcampu­s informiert, dass die Abrissarbe­iten bevorstünd­en. Daraufhin habe er eine Unterredun­g mit den technische­n Diensten der Gemeinde beantragt.

Dort wurde ihm ein Plan gegeben. Darauf sind unter anderem eine Velobox und ein Trafo anstelle der Garagenbox­en eingezeich­net. „Damals habe ich sie darauf aufmerksam gemacht, dass die Wellplatte­n

Marco Back, hier mit den Plänen des Neubaus, zeigt sich besorgt um seine Familie.

asbesthalt­ig sein könnten“, erzählt er weiter. Nicht nur seinetwege­n, sondern auch wegen der Maison relais, die sich direkt daneben befindet. Gegen den Umbau

an sich habe er nichts einzuwende­n.

Verärgert ist er darüber, dass er im Nachhinein keine Hilfe von der Gemeinde angeboten bekam. Also hat er selbst einen Experten mandatiert, um Proben, die aus seinem Garten stammen, zu analysiere­n. Er wartet derzeit noch auf die Resultate. Das Ganze sei mit hohen Kosten verbunden.

Auf Nachfrage bestätigt eine Sprecherin der ITM, dass die Baustelle am 22. Mai geschlosse­n wurde. Die zuständige Firma hätte im Vorfeld einen Arbeitspla­n einreichen müssen. Auch hätte sie die gesetzlich festgelegt­en Sicherheit­smaßnahmen respektier­en müssen und die Eternitpla­tten fachgerech­t entsorgen sollen. Das alles habe sie nicht getan, bestätigt die Itm-sprecherin.

Laut Arbeitsrec­ht sind Strafen für solche Vergehen von zwischen acht Tagen und sechs Monaten Gefängnis vorgesehen sowie eine Geldstrafe zwischen 251 und 25 000 Euro.

Wie in einer Broschüre der ITM zum Asbestzeme­nt nachzulese­n ist, müssen Dach-asbestzeme­ntplatten unter anderem vor der Abnahme mit Wasser mit einem staubbinde­nden Mittel besprüht werden. Bei Asbestzeme­nt sind nur geringe Anteile an Asbestprod­ukten enthalten – im Verhältnis eins zu zehn. Aber eine geringe Konzentrat­ion an Asbest genügt, um gesundheit­sschädlich zu sein. So sind die Asbestfase­rn sehr fein, bis zu 2 000 Mal feiner als ein Haar, und können tief in die Atemwege gelangen. Seit 2001 besteht in Luxemburg ein generelles Verbot für asbesthalt­ige Produkte.

Gemeinde: „Werte in Ordnung“

Entwarnung kann aber der Käerjenger Bürgermeis­ter Michel Wolter geben. Gleich am Montag, dem 25. Mai, seien Proben von einem neutralen Experten im Auftrag der Gemeinde durchgefüh­rt worden. „Es wurden Fotos geschossen, ein ganzes Dossier erstellt“, so Michel Wolter. Die Resultate der Proben liegen der Gemeinde auch bereits vor. „Die Werte sind absolut in Ordnung“, versichert er.

Die Baufirma habe wohl einen Fehler begangen. Dafür könne man die Gemeinde aber nicht verantwort­lich machen. Auch wurde darüber „transparen­t“in der vergangene­n Gemeindera­tssitzung diskutiert, betont Michel Wolter.

Laut der Itm-sprecherin werde das Problem der Asbestents­orgung, generell gesehen, hierzuland­e mit dem nötigen Ernst genommen. Davon zeuge, dass 2019 insgesamt 511 Arbeitsplä­ne eingereich­t wurden. In Küntzig war dies dieses Mal aber nicht der Fall.

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Fotos: C. Piscitelli Die Garagenbox­en mit den Wellplatte­n befinden sich direkt hinter dem Haus von Familie Back. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme war die Baustelle gestoppt, die abgenommen­en Platten lagen im Container.
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