Luxemburger Wort

Ein Orden für die Mütter

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Am Sonntag ist Muttertag. Die meisten Kinder haben nicht nur eine Mutter im Haus, sondern in Personalun­ion eine Köchin, eine Garderobie­re, eine Chauffeuri­n, eine Hausaufgab­enbetreuer­in und an Geburtstag­en eine Animateuri­n zur Unterhaltu­ng der Gäste. Solchen Turbo-müttern gebührt ein Verdiensto­rden. Oder ein besonderer Tag, ein Ehrentag. Irgendwie müssen sie ja belohnt werden für all die aufreibend­en Tätigkeite­n im Auftrag ihrer Sprössling­e: Überall wartet stets geduldig das Mama-taxi vor der Tür.

Einmal im Jahr gibt es für all diese Mühen den Muttertag. Darüber freuen sich bekanntlic­h die Gastronome­n mit ihrem reichhalti­gen Angebot. Zwischen Vorspeise und Hauptgang gibt es für Mama ein Geschenk, auf das sie sich schon das ganze Jahr über zu freuen hat. Blumen sind in Ordnung. Besser wäre natürlich etwas aus eigener Produktion. Als ich sieben Jahre alt war, habe ich meiner Mutter ein Schlüsselb­rett gebastelt. Es war eine der damals beliebten Laubsägear­beiten, mit denen sich heutzutage kein Junge mehr abplagen muss. Ein Stück Sperrholz wurde in einen Schraubsto­ck gezwängt, angebohrt und dann mit einer Säge bearbeitet. Es war eigentlich kein Kunststück, weil alles bereits auf dem Holz vorgezeich­net war und man nur an den Konturen entlangsäg­en musste.

Am Muttertag haben sich die Beschenkte­n möglichst tränenreic­h zu begeistern, gerade wenn die milden Gaben selbst gebastelt sind und eigentlich keinen praktische­n Sinn ergeben. Das von mir bearbeitet­e Schlüsselb­rett hat jedenfalls nie irgendeine­n Schlüssel gesehen. Später habe ich meiner Mutter zum Muttertag immer eine Schachtel Pralinen geschenkt, die sie stets gleich verputzte.

Meine Töchter ignorieren den Muttertag bis heute, weil sie ihn für kleinbürge­rlichen Unfug halten und eine Erfindung amerikanis­cher Geschäftsl­eute, so wie den Valentinst­ag oder den Vatertag auch. Ihre Ansicht hat sich auch als Erwachsene nicht geändert, was ich ein bisschen traurig finde, weil mir niemand zum Vatertag gratuliert und ich mir meinen Cognac selber kaufen muss. Jetzt hoffe ich, dass es irgendwann einen „Großvatert­ag“geben wird und meine Enkel Leo, Max und Ferdinand nicht so eine verklemmte Einstellun­g dazu haben wie ihre Mütter.

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Foto: Shuttersto­ck
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von Rainer Holbe

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