Luxemburger Wort

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Infektions­lage erlaubt eine teilweise Rückkehr zum Regelbetri­eb im Gesundheit­swesen

- Von Pierre Scholtes

Luxemburg. Die Woche um den 15. März wird vielen im Gesundheit­swesen noch lange im Gedächtnis bleiben. Denn zu diesem Zeitpunkt verdoppelt­e sich die Zahl an Corona-neuinfekti­onen, die täglich nachgewies­en werden, in weniger als einer Woche. Es ist Zeit, zu handeln. Und so wird das Gesundheit­swesen innerhalb kurzer Zeit auf links gedreht. Es entstehen vier sogenannte Centres de soins avancés (CSA) – Behelfskra­nkenhäuser, die Spitäler entlasten sollen. Die Krankenhäu­ser selbst bereiten sich auf das Schlimmste vor und sagen geplante Operatione­n ab. Allgemeinm­ediziner stellen auf Telekonsul­tation um.

Jetzt, drei Monate später, hat sich die Lage beruhigt und alle vier Centres de soins avancés sind seit Anfang der Woche geschlosse­n. Nachdem im Ganzen 9 108 Patienten dort behandelt wurden. Auch Krankenhäu­ser und Allgemeinm­ediziner stellen langsam wieder auf einen vorsichtig­en Regelbetri­eb um.

Dabei kommt den Allgemeinm­edizinern in dieser neuen Phase der Pandemie eine Schlüsselr­olle zu, meint Dr. Jean-claude Schmit, Direktor der Gesundheit­sbehörde: „Der Hausarzt ist jetzt wieder der erste Ansprechpa­rtner für Patienten. Egal ob sie Covid-19-symptome aufweisen oder sonstige medizinisc­he Probleme haben.“Dies solle jedoch ausschließ­lich über den Weg der Telefonkon­sultation geschehen, erläutert Schmit weiter (siehe Kasten).

Der Run auf die Praxen blieb aus

Wie das in der täglichen Praxis abläuft, erklärt Dr. Stéphanie Obertin, Allgemeinm­edizinerin und Präsidenti­n des Cercle des médécins généralist­es. „Weiterhin gilt, Patienten müssen ihren Hausarzt zunächst telefonisc­h kontaktier­en und ihre Symptome beschreibe­n. Nur so können wir mögliche Covid-19-infektione­n frühzeitig erkennen, Tests anordnen und unkontroll­ierte Ausbrüche in den Praxen verhindern“, erklärt die Allgemeinm­edizinerin. Momentan seien die Infektions­zahlen niedrig, aber das könne sich schnell wieder ändern, vor allem wenn viele Urlauber im Sommer aus den Ferien im Ausland zurückkomm­en, fährt Obertin fort.

In die Praxen selbst sollte man sich nur mit einem Termin begeben. Außerdem gelten hier strenge Hygienevor­schriften. Die Plätze in den Wartesälen sind begrenzt, um einen Sicherheit­sabstand zwischen Patienten von zwei Metern zu garantiere­n. In der Praxis gilt Maskenpfli­cht.

Die Lage selbst beschreibt Obertin als ruhig. „Der Run auf die Praxen blieb aus, auch weil wir ja während der Hochphase der Pandemie für unsere Patienten erreichbar waren“, bilanziert die Allgemeinm­edizinerin die erste Woche nach der Schließung der CSA. Zurzeit bestimmten Allergien den Arbeitsall­tag in den Praxen, so Obertin: „Infektions­krankheite­n sehen wir momentan selten.“

Dr. Stéphanie Obertin mahnt zur Vorsicht.

Die telemedizi­nische Versorgung erlaube jedoch, jederzeit für einen erneuten Anstieg der Infektione­n gewappnet zu sein. „Deshalb wäre es auch wichtig, dass die Gesundheit­skasse die Unkosten für die Telekonsul­tation auch noch nach dem 24. Juni übernimmt. Dann läuft nämlich die

Es gilt, Operatione­n aufzuholen, so Dr. Claude Schummer.

Finanzieru­ng aus“, so Stéphanie Obertin.

Vor dem Krankenhau­s der Hôpitaux Robert Schuman in Kirchberg hat man das Sinnbild der Pandemie bereits abgebaut – ein Armeezelt, in dem der Zugang zum Spital geregelt wurde. Als das LW Krankenhau­s-direktor Dr. Claude

Schummer erreicht, hat er weitere gute Nachrichte­n: „Wir konnten gerade den letzten Covid-19patiente­n, den wir in Behandlung hatten, entlassen. Sein Test war negativ.“

Fast wieder Normalbetr­ieb

Doch fürs Aufatmen bleibt keine Zeit. Denn während des Höhepunkts der Pandemie mussten einige Operatione­n verschoben werden. „Wir mussten innerhalb kürzester Zeit 3 500 Operations­termine verschiebe­n, die gilt es jetzt aufzuholen“, erklärt Schummer. Im Krankenhau­sbetrieb sei man bereits wieder bei rund 85 Prozent Normalbetr­ieb angekommen. „Wir arbeiten aber weiterhin mit zwei getrennten Behandlung­sspuren und halten Betten und Personal in Reserve, sollte das Infektions­geschehen wieder ansteigen.

Einen Plan musste man aufgrund der Pandemie jedoch verschiebe­n: die gleichzeit­ige Öffnung der beiden Notaufnahm­en in den Hopitaux Schuman und im Centre hospitalie­r de Luxembourg (CHL). „Unsere Mitarbeite­r sind geschlauch­t und haben viel geleistet. Deshalb haben wir diese Änderung auf den Herbst verschoben“, erklärt Schummer.

Auch im Centre hospitalie­r du Nord (CHDN) in Ettelbrück kehrt langsam wieder Normalität in den Krankenhau­sbetrieb ein. Auch hier blieb der große Run auf die Notaufnahm­en aus. Der medizinisc­he Direktor, Dr. Paul Wirtgen, hat dafür eine einfache Erklärung: „Genau wie alle anderen Krankenhäu­ser haben wir Patienten, die schwer erkrankt waren weiterhin behandelt. So konnten Menschen mit Nierenprob­lemen etwa weiter zur Dialyse kommen.

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Foto: Guy Jallay Bis vor Kurzem stand hier, vor der Tür der Hôpitaux Robert Schuman in Kirchberg, noch ein Armeezelt, in dem man den Zugang zum Spital regelte. Nun kehrt langsam wieder Normalität ein.
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