„Ein Hauch von Dorfflair“
Altes Pfarrhaus in Hollerich bleibt als nationales Denkmal erhalten – der dazugehörige Garten jedoch nicht
Luxemburg. Das altehrwürdige Haus im Stadtteil Hollerich ist sicherlich vielen ein Begriff. Allein und etwas verlassen steht es eingeengt zwischen der Route d'esch und der Auffahrt zur Autobahn A 4. In der gestrigen Gemeinderatssitzung in Luxemburg-stadt wurde nun über dessen Zukunft entschieden: Der Antrag des Kulturministeriums, die Villa zu klassieren, wurde angenommen, der für den dazugehörigen Garten jedoch nicht.
Das Kulturministerium hatte nämlich vorgeschlagen, das historische Pfarrhaus sowie dessen Garten als nationales Denkmal zu klassieren. Das zweistöckige Haus aus der Zeit um die Jahrhundertwende sei mit seinen neugotischen Elementen und mit dem Garten absolut erhaltenswert, so das Ministerium.
Wie Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) erklärte, gebe es über den Bau der Villa keine genauen Angaben. Die Akten der Stadt würden weder Pläne noch Genehmigungen für das Pfarrhaus enthalten. Auch über den Architekten oder den Bauherrn sei nichts bekannt. Nur eine Straßengenehmigung von 1902 sowie eine Rechnung über die Arbeiten im Garten des Pfarrhauses aus dem Jahr 1904 würden existieren. Sicher sei allerdings, dass das Haus und das Gelände der Stadt gehörten, betonte das Gemeindeoberhaupt.
Arbeiten zu weit fortgeschritten
Die Anfrage, das Gartenanwesen als nationales Denkmal zu klassieren, würde aber eine Umplanung der städtischen Entwicklung in Hollerich erfordern. Die Pläne für das geplante Stadtviertel Porte de Hollerich (das LW berichtete) seien dafür bereits zu weit in der Ausarbeitung, hieß es weiter. Daraus folgt, dass der Erhalt des Pfarrhauses durch die bereits eingeleiteten Instanzen gewährleistet sei, aber eine Einstufung des Gartens als nationales Denkmal die bisherigen Pläne für das Stadtviertel über den Haufen werfen könnten, betonte Lydie Polfer. So soll beispielsweise die Route d'esch verbreitert und am Standort des heutigen Gartens ein Park angelegt werden. Diese Projekte könnten nicht realisiert werden, wenn der Garten so erhalten bleiben sollte, wie er ist, lautete die Argumentation des Schöffenrats.
Daher sei es laut Polfer sehr bedauerlich, dass die Kollegen des Kulturministeriums vor der Einleitung des Verfahrens nicht mit der Stadt Kontakt aufgenommen hätten, um sich über den aktuellen Stand der Situation aufklären zu lassen.
Rat Tom Krieps (LSAP) und Rat François Benoy (Déi Gréng) begrüßten die Klassierung des Hauses, auch wenn einige unbeantwortete Fragen im Raum stünden. Für Krieps würde mit dem Erhalt ein kleiner Hauch von Dorfflair in Hollerich erhalten bleiben. Am Ende wurde sich mit drei Ja-stimmen
und vier Enthaltungen gegen den Erhalt des Gartens entschieden, sofern eine Grünfläche im zukünftigen Pfarrhaus-projekt mit eingeplant wird.
Weitere Themen auf der Tagesordnung waren:
Schulorganisation. Schulschöffin Colette Mart (DP) berichtete über die Rentrée in der Corona-pandemie. Dabei sei alles gut abgelaufen. Nach dem Öffnen der Spielplätze und mit den weiteren Lockerungen würde sich die Situation für das Lehrpersonal sowie die der Kinder deutlich verbessern, betonte Mart. Um allen Kindern eine Teilnahme an den Onlinekursen zu sichern, habe die Stadt 190 Laptops verteilt. Das
Team des Helpdesk habe täglich rund 65 Anrufe erhalten. „Eine Herausforderung für alle“, so Mart.
Insgesamt sind 5 963 Kinder für das Schuljahr 2020/2021 in der Hauptstadt eingeschrieben, davon 516 Kinder in der Früherziehung. Auch das Thema Musik werde laut Mart in den kommenden Monaten mit Lernstunden und Konzerten weiter verstärkt. Etwas gereizt reagierte die Schulschöffin auf die Behauptung, dem Schöffenrat sei der Schulsport egal. Dem entgegnete sie, die Hauptstadt investiere viel in den Ausbau neuer Strukturen. So sei unter anderem in Cents ein neues Schwimmbad im Bau. Auch neue Mitarbeiter würden eingestellt werden, so die Schöffin.
Lob gab es am Ende für das gesamte Personal und die gute Zusammenarbeit. Mart betonte, die Hauptaufgabe sei es, weiter proaktiv zu arbeiten und die gewonnenen Erfahrungen der letzten Wochen auszubauen. Am Montag können die Gemeinderäte in einer Sondersitzung ihre Fragen zur Schulorganisation äußern.
Frischmarkt. Rätin Cathy Fayot (LSAP) sprach über die Wichtigkeit lokaler Frischmärkte und fragte, ob weitere Märkte geplant seien. Schöffe Patrick Goldschmidt (DP) verneinte dies und bezog sich auf den Lëtzebuerger Maarteverband. Solche Projekte könnten nur in gemeinsamer Absprache stattfinden. Goldschmidt erklärte darüber hinaus, dass das Jahresstandgeld für die Händler 48 Euro pro Standmeter betrage.
Vorkaufsrecht. Einig waren sich die Räte darüber, dass ein rezentes Rundschreiben von Innenministerin Taina Bofferding die Arbeit der Gemeinden erschwere, wenn es darum geht, Bauland für Sozialbauten zu schaffen. Besagtes Rundschreiben hebelt nämlich das Vorkaufsrecht, das Gemeinden garantiert war, wenn ein Baugrundstück verkauft werden sollte, aus (das LW berichtete). Der Schöffenrat der Hauptstadt suche derweil nach Lösungen, hieß es.
Eine Klassierung des Gartens könnte die Pläne über den Haufen werfen.
Lydie Polfer, Bürgermeisterin