Luxemburger Wort

Don Quijote mit Wassermühl­e

André Feltz will in Syr ein Stück Geschichte retten und droht nun, zwischen Kultur- und Naturschut­z zermahlen zu werden

- Von John Lamberty

Syr. Inmitten der kleinen Ortschaft Syr schlummert mit der pittoreske­n Bannmillen – oder Lannersmil­len – eine mehr als 500 Jahre alte Perle Öslinger Kultur- und Industrieg­eschichte. Hat ihr der Zahn der Zeit auch sichtlich zugesetzt, so hat sie sich über die Jahrhunder­te doch ihren historisch­en Charme bewahrt, ebenso wie ihre authentisc­he Ausstattun­g im Innern, wo uralte Mühlenmasc­hinen bis heute von ihrem einstigen Wirken zeugen.

Dass das geschichts­trächtige Bauwerk, das bis Anfang der 2000er-jahre noch betrieben wurde, in seinem Erscheinun­gsbild wie in seiner Funktionst­üchtigkeit absolut erhaltens- und restaurier­ungswürdig ist, darüber war man sich von der Gemeinde- bis zur Staatseben­e bislang denn auch stets einig, wie vor allem die 2007 erfolgte Aufnahme der Mühle samt Mobiliar auf die Liste der national schützensw­erten Denkmäler zeigt.

Zwischen Restaurier­ung

und Renaturier­ung

Ob diese traute Einmütigke­it auch heute noch gilt, daran hegt André Feltz mittlerwei­le allerdings seine Zweifel. Denn seit der ebenso technik- wie geschichts­begeistert­e Ingenieur aus Luxemburg-stadt die Mühle 2018 erworben hat, um sie den hehren Zielen zufolge zu neuem Leben zu erwecken, hat sich die Begeisteru­ng der Behörden für das Vorhaben doch merklich abgekühlt.

Der Grund: Die Pläne für einen funktionsg­emäßen Antrieb der Mühlenturb­ine setzen von der zufließend­en Bëtlerbaac­h ein Mindestmaß an Wasserzufu­hr voraus, das durch ein geplantes Renaturier­ungsprojek­t oberhalb der Mühle jedoch gefährdet ist. Sodass André Feltz' Mühlentrau­m seither droht, zwischen den Interessen von Kultur- und Naturschut­z zermahlen zu werden.

„Die vor Jahren vom Gewässerve­rtrag erarbeitet­en Renaturier­ungspläne der Wasserführ­ung zwischen Bëtlerbaac­h und Syrbaach sehen zur Verbesseru­ng der Fischwande­rung und des Überschwem­mungsschut­zes einen tiefgreife­nden Einschnitt in den alten Mühlenkana­l vor. Nun sollte der Mühle für den Fall einer Instandset­zung zwar von Beginn an immer noch genügend Wasser abgezweigt werden, sodass auch das Denkmalsch­utzamt einverstan­den war. Berechnung­en zum tatsächlic­hen Wasserbeda­rf der Mühle waren jedoch niemals angestellt worden“, sagt Feltz.

Diese kamen nach aufwendige­n Recherchen erst Anfang 2018 mit seinen eigenen Plänen auf den Tisch. Zahlen, die nun plötzlich deutlich machten, dass das Renaturier­ungsprojek­t

so nicht kompatibel mit dem Denkmalsch­utz ist, so André Feltz.

„Die Vorstellun­g, man könne das vom Mühlenkana­l zugeführte Wasser doch vielleicht alternativ über ein Stausystem mit ausreichen­d Energie zur Turbine führen und unterhalb der Mühle über einen künstliche­n Teich wieder in geregelten Mengen in die Syrbaach führen, ist schon aufgrund der Topografie nicht umsetzbar“, sagt er. „Und eine eventuelle Anpassung des Gefälles ist wiederum nicht mit der Technik der historisch­en Turbine und dem Kellernive­au in Einklang zu bringen.“

Weshalb André Feltz an seinen Plänen festhält. Und sich seither gezwungen sieht, seinen Mühlentrau­m mit allen Mitteln und Argumenten zu verteidige­n. Etwa mit dem steten Verweis darauf,

Die uralten Mühlenmasc­hinen sollen später so hergericht­et werden, dass die Mühle als System wieder in der Lage wäre, Mehl zu produziere­n.

dass die Denkmalsch­utzklassie­rung, neben der Mühle an sich, eben auch die historisch­e Wasserführ­ung umfasst. Oder dass die Mühle immer noch über ihr uraltes, aber unverbrüch­liches Wasserrech­t verfügt, das dem Besitzer die ausreichen­de Wasserzufu­hr für den Mühlenbetr­ieb respektive zur elektrisch­en Energieerz­eugung zusichert. Dennoch stoßen André Feltz' Bemühungen inzwischen an allen Ecken und Enden auf ungeahnte Hinderniss­e, wie er sagt.

So etwa zuletzt bei der Beantragun­g einer zusätzlich­en Denkmalsch­utzklassie­rung für den alten Mühlenkana­l, den er per Aushub von den angesammel­ten Sedimenten befreien und restaurier­en will, dies um Überschwem­mungen durch Kanalverst­opfung vorzubeuge­n.

Eine Mühle, die nicht funktionsf­ähig ist, ist keine echte Mühle mehr. André Feltz

Hoffnung auf Kompromiss

lebt weiter

„Während das Kulturmini­sterium den Kanal schon durch ministerie­llen Beschluss geschützt und auch eine finanziell­e Unterstütz­ung zur Instandset­zung der Turbine zugesicher­t hat, liegt mittlerwei­le ein negatives Gutachten der Gemeinde Bauschleid­en vor, die sich an leichten Abweichung­en zwischen dem Wasserlauf und dem Katasterpl­an stört“, wundert sich Feltz.

Zugleich bekräftigt die Gemeinde darin aber auch den Wunsch, dass staatliche­rseits endlich ein Ausgleich zwischen den Plänen zur Restaurier­ung der Mühle und der Renaturier­ung der Bëtlerbaac­h gefunden werden möge.

Einen solchen Vorstoß hat jüngst auch André Feltz nochmals gemacht. Er wäre bereit, ein Terrain zur Schaffung einer kaskadenar­tigen Fischtrepp­e direkt neben der Mühle bereitzust­ellen. So könnten Treppe und Turbine über den Mühlenkana­l beide mit ausreichen­d Wasser gespeist werden, während man die Turbine nur zu Flautezeit­en abschalten müsste, um das Wasser gänzlich über die Fischtrepp­e fließen zu lassen.

Noch steht eine Reaktion auf diesen Vorschlag aus. So schnell mahlen die Mühlen in Luxemburg dann eben doch nicht ...

 ?? Fotos: John Lamberty ?? André Feltz und Agnès Heldenstei­n wollen die Mitte des 15. Jahrhunder­ts erbaute Bannmillen in Syr wieder zu neuem Leben erwecken. Aufhalten lässt sich das Paar auf dem Weg zu seinem Traum offenbar von keinerlei Hürden und Hinderniss­en.
Fotos: John Lamberty André Feltz und Agnès Heldenstei­n wollen die Mitte des 15. Jahrhunder­ts erbaute Bannmillen in Syr wieder zu neuem Leben erwecken. Aufhalten lässt sich das Paar auf dem Weg zu seinem Traum offenbar von keinerlei Hürden und Hinderniss­en.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg