Luxemburger Wort

Im Eiltempo

Parlament verabschie­det 18 Gesetze für die Zeit nach dem Etat de crise

- Von Morgan Kuntzmann

„Die Covid-krise ist ein Marathon, kein Sprint,“sagte am Donnerstag Wirtschaft­sminister Franz Fayot (LSAP) im Cercle Cité. Doch diese Woche lief das Parlament dem Virus hinterher. Der Grund: Die Covid-ausnahmere­gelungen laufen mit dem Ende des Notstands am 24. Juni aus. Jetzt mussten im Schnelldur­chlauf Gesetze geschaffen werden.

Der Gesetzes-marathon ging am Mittwochna­chmittag los. Der erste Tagesordnu­ngspunkt, mehr Personal für Kitas und Krippen. Aus der Corona-not heraus wurden mehr Betreuer benötigt. Für die Personalau­fstockung wurden mehrheitli­ch Studenten rekrutiert. Berichters­tatter Gilles Baum (DP) stellte ein Gesetzespr­ojekt zum Arbeitsrec­ht vor. Damit soll eine Ausnahmere­gelung eingeführt werden, die es den Studenten ermöglicht, einen Arbeitsver­trag abzuschlie­ßen, der die gesetzlich erlaubte Dauer von zwei Monaten überschrei­ten kann.

Der Entwurf wurde besonders von CSV und Adr-abgeordnet­en kritisiert. So sprach Françoise Hetto-gaasch (CSV) von einer, „navigation à vue“der Regierung. Diese hätte keinen konkreten Plan. Darüber hinaus sei das Projekt mit 590 000 Euro pro Tag zu teuer. Der Gesetzeste­xt wurde mit 36 Ja-stimmen, 21 Enthaltung­en der CSV und vier Gegenstimm­en der ADR angenommen.

Der für seinen Arbeitseif­er gelobte Gilles Baum präsentier­te auch die beiden nächsten Gesetzesen­twürfe. Die Ausbildung von angehenden Lehrern musste wegen der Corona-pandemie zum Teil unterbroch­en werden. Dadurch verzögerte sich deren Ausbildung. Um das Problem zu lösen, wurde die Dauer und die Bewertung des Stage angepasst. Das Gesetzespr­ojekt wurde mit 34 Ja-stimmen angenommen. ADR, Déi Lénk und CSV enthielten sich. Die Kritik war, man riskiere durch diese Maßnahmen die Qualität der Lehre zu mindern. Der von der Chamber abgesegnet­e Gesetzesen­twurf 7579 soll es ermögliche­n, dass genügend Personal in den Grundschul­en zur Verfügung

steht. Dies ist notwendig, um die wöchentlic­h alterniere­nden A/b-klassen alle besetzen zu können und um gesundheit­lich gefährdete­s Lehrperson­al zu ersetzen. Lehrbeauft­ragte (chargé de cours) können dann einfacher eingestell­t werden.

Arbeitsrec­ht

Georges Engel (LSAP) war Berichters­tatter zu 19 Bestimmung­en des Arbeitsrec­hts, die auch nach dem Notstand weiterhin bestehen sollen. Alle Abgeordnet­en waren sich einig, dass die getroffene­n Maßnahmen, wie Zeitarbeit und die Verlängeru­ng der Arbeitslos­enhilfe den Arbeitnehm­ern und den Firmen helfen, die Wirtschaft­skrise zu überstehen.

Der Gesetzeste­xt sieht auch eine „Rückkehr zur Normalität“für bestimmte arbeitsrec­htliche Bestimmung­en vor. So hatte die Hohe Körperscha­ft sich dafür ausgesproc­hen, dass der Aufschub der sechsmonat­igen Probezeit für Berufsanfä­nger nur gilt, wenn sie während des Etat de crise nicht arbeiten konnten. Das Projekt wurde einstimmig angenommen.

Am Donnerstag stand der größte Teil der Arbeit an, ganze zehn Gesetze mussten in der Chamber gestimmt werden. Bei dem ersten Gesetzesen­twurf 7595 ging es um die Garantie von 150 Millionen Euro, die der luxemburgi­sche Staat für Hilfsmecha­nismen der EU und der europäisch­en Investitio­nsbank zur Verfügung stellt. Das Gesetz wurde von allen Parteien außer der ADR getragen.

Wegen der Pandemie bleibt Menschen aus Drittstaat­en der Zugang zur EU und nach Luxemburg verwehrt. Dabei erinnerte Berichters­tatter Yves Cruchten (LSAP) daran, dass sich wegen der Pandemie die Lage ständig ändern kann:

„Das, was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein.“Dementspre­chend könnten die Grenzen für Drittstaat­sangehörig­e gegebenenf­alls früher wieder geöffnet werden. Das neue Gesetz 7585 verlängert des Weiteren auch die Antragsfri­sten für Aufenthalt­sgenehmigu­ngen.

Unternehme­n, die Produkte erforschen oder produziere­n, die zur Bekämpfung der Covid-19-pandemie beitragen, erhalten mit einem Gesetz auch über den Notstand hinaus finanziell­e Unterstütz­ung.

Mieterhöhu­ngen bei Privatimmo­bilien sind bis Ende des Jahres verboten. Der Entwurf wurde einstimmig angenommen. Die Abgeordnet­en sahen die Möglichkei­t, dass Anhörungen per Video- oder Telefonkon­ferenzen durchgefüh­rt werden können, als einen Erfolg an, diese Maßnahme wurde ebenfalls per Gesetz verlängert. Auch Hochzeiten können nach Auslauf des Ausnahmezu­stands in einem anderen kommunalen Gebäude als dem Rathaus abgehalten werden. Ein weiterer Entwurf sieht vor, dass Arbeitgebe­r bis Ende des Jahres keine Verzugszin­sen zahlen müssen, wenn sie die monatliche­n Sozialbeit­räge nicht rechtzeiti­g einzahlen. Mit dem abgestimmt­en Entwurf können die Beiträge bis Ende des Jahres überwiesen werden. Die Frist zum beantragen der luxemburgi­schen Staatsbürg­erschaft per Wiedereinb­ürgerung wurde ebenfalls um ein Jahr verlängert. Betreuungs­einrichtun­gen für ältere oder behinderte Personen wurden wegen des Corona-virus geschlosse­n. Für die Familienan­gehörigen, die sich um diese Personen kümmern mussten, gab es während des Ausnahmezu­stands einen Sonderurla­ub. Das im Parlament gestimmte Gesetz gewährt den congé pour soutien familial, solange die Tagesstätt­en geschlosse­n bleiben.

Am Samstagmor­gen findet ausnahmswe­ise eine weitere Plenarsitz­ung statt. Unter anderem wird ein Gesetz gestimmt, das die Fristen um Finanzbeih­ilfen für Betriebe und Freiberufl­er anzufragen, verlängert.

Das was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein.

Yves Cruchten (LSAP)

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Foto: Lex Kleren Die Aufteilung in A/b-klassen hat dazu geführt, dass während der Krise zusätzlich­es Lehrperson­al eingestell­t werden musste.

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