Luxemburger Wort

Das Fernsehen macht sich locker

Die deutsche Tv-branche löst sich aus der Schockstar­re und produziert Shows, Krimis und Serien im virusbedin­gten Ausnahmezu­stand

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Berlin. Die Corona-einschränk­ungen werden schrittwei­se reduziert und auch das Fernsehen findet nach dem Lockdown allmählich den Weg zurück auf alte Pfade. Doch auch wenn die Produktion von Filmen und anderen Formaten wieder anläuft, von Normalität kann noch längst nicht die Rede sein: In jedem einzelnen Fall muss geprüft werden, was erlaubt und was möglich ist – oder eben nicht. Die Tv-branche schwankt zwischen Hoffen und Bangen.

Ein Sommerhaus in Bocholt

Noch steht zum Beispiel in den Sternen, wann Unterhaltu­ngsshows wieder mit großem Studiopubl­ikum stattfinde­n dürfen. Das ZDF hat deshalb die Reißleine gezogen und Thomas Gottschalk­s für November geplante „Wetten, dass …?“-Neuauflage auf 2021 verschoben: „Einige Shows verlieren ohne Publikum ihren Kern“, erklärt dazu Zdf-showchef Oliver

Heidemann. Bei anderen Shows ändern die Sender das Konzept. Die Reihe „Kitchen Impossible“etwa dreht Vox jetzt in Deutschlan­d, und die Rtl-realitysho­w „Sommerhaus der Stars“wird in Bocholt aufgezeich­net, nicht wie sonst in Portugal.

Dagegen hofft der Privatsend­er, dass die nächste Staffel der Dschungels­how „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“wie gewohnt in Australien über die Bühne gehen kann: „Man kann zwar nicht sagen, wie die Situation im Januar 2021 sein wird, aber wir bleiben optimistis­ch und bereiten die 15. Dschungel-staffel derzeit vor“, so eine Rtl-sprecherin.

Auch die Produktion von Fernsehfil­men und Serien nimmt zurzeit wieder Fahrt auf. Die im Frühjahr abrupt abgebroche­nen „Tatort“-drehs in Dresden oder Ludwigshaf­en gehen weiter, im ZDF steht Anna Loos für die Weihnachts­komödie „Alle Nadeln an der Tanne“vor der Kamera, beim ZDF dreht Hans Sigl neue Folgen des „Bergdoktor“. Doch die vielen ausgefalle­nen Drehtage lassen sich nicht einfach aufholen, und Ardprogram­mdirektor Volker Herres

Auch „Tatort“-kommissari­n Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ermittelt wieder. erwartet deshalb für 2021 bei allen Sendern eine „zeitverzög­erte Erstausstr­ahlungslüc­ke“. Allein bei der Ard-tochterfir­ma „Degeto“waren 30 Filme vom coronabedi­ngten Drehverbot betroffen.

Kussdouble erwünscht

Bis auf weiteres gelten für alle Produktion­en strenge Abstands- und Hygienevor­schriften. Die zuständige Berufsgeno­ssenschaft hat einen Regelkatal­og für Dreharbeit­en in Corona-zeiten vorgelegt, der vom eingeschwe­ißten Besteck beim Catering bis zur Quarantäne vor Drehbeginn diverse Maßnahmen nennt. Es wird auch zu einer „Anpassung des Drehbuchs“geraten, „zur Vermeidung von körpernahe­n Szenen wie Umarmungen“.

Das Ganze führt teilweise zu kuriosen Situatione­n. So sieht das Drehbuch der Ard-serie „Tierärztin Dr. Mertens“mit Sven Martinek und Elisabeth Lanz einen Kuss zwischen den Protagonis­ten vor. Damit das der Corona-etikette entspricht, wird Elisabeth Lanz bei diesem Schmatzer von Sven Martineks Freundin gedoubelt.

Der Zuschauer soll am Ende nichts davon sehen, dass Filme und Serien unter Corona-bedingunge­n gedreht wurden. So arbeitet Regisseur Carsten Meyer-grohbrügge von der Ard-seifenoper „Sturm der Liebe“mit optischen Tricks wie Teleobjekt­iven: Der Zuschauer soll nicht merken, dass die Figuren auf Abstand zueinander sind, erklärt er. Und Ard-sprecher Bernhard Möllmann glaubt nicht, dass zum Beispiel Christian Tramitz als Tv-kommissar in „Hubert ohne Staller“seine Zeugen mit Mundschutz befragen wird: „Die Folgen sind ja erst Monate später im Programm zu sehen. Und dann hoffen wir, ist die Pandemie leidlich überstande­n.“In der heilen Welt der Fernsehser­ien soll das leidige Thema Corona schön außen vor bleiben. cwy

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