Trump macht die USA dicht
Wirtschaftsverbände und Universitäten laufen Sturm gegen Ausweitung von Visa-beschränkungen
Wer noch kein gültiges Visum für einen längeren Aufenthalt in den USA hat, wird in diesem Jahr keines mehr erhalten. Das ist der Kern des Dekrets, mit dem der Us-präsident die Türen für Einwanderer, Studierende und temporäre Beschäftigte bis Ende des Jahres schließt. Donald Trump begründete die Maßnahmen mit „dem ungewöhnlichen Beschäftigungsrisiko amerikanischer Arbeiter“in der Pandemie.
Au-pairs, die in diesem Sommer einen Job in den USA beginnen wollten, müssen ihre Pläne nach der Verhängung des bis Ende des Jahres geltenden Visabanns ändern. Wie auch Studenten, die mit einem Stipendium an einer amerikanischen Hochschule lernen oder an einem akademischen Austauschprogramm teilnehmen wollten. Hochqualifizierte Facharbeiter und Ingenieure, die einen Job in Aussicht hatten, können diesen nicht antreten. Wie auch global tätige Unternehmen Mitarbeiter nicht in die USA transferieren können.
Enttäuschung und Kritik
Laut Schätzungen des Weißen Hauses werden durch den Einreisestopp 525 000 Arbeitsplätze frei, die dann von Amerikanern ausgefüllt werden könnten. Eine Prognose, die von vielen Experten in Frage gestellt wird, da es sich dabei meistens um Jobs handelt, für die es nicht genügend qualifizierte oder interessierte Bewerber gibt.
Das unabhängige „Migration Policy Institute“schätzt die Zahl der von dem Bann Betroffenen auf 325 000. Im Einzelnen handelt es sich um Visa der Programme H-1B, H-2B, J-1, die bis Ende Dezember dieses Jahres ausgesetzt sind. Die Wirtschaftsverbände zeigten sich enttäuscht über das Dekret, das sie im Vorfeld verhindern wollten. „Ein Nicht-willkommen-schild für Ingenieure, Manager, It-experten, Ärzte, Schwestern und andere Arbeiter aufzustellen, hilft unserem Land nicht“, erklärte der Chef der Us-handelskammer Thomas J. Donohue. „Es hält uns zurück.“Investitionen und ökonomisches Wachstum würden dadurch ins Ausland verlagert.
Auch im Silicon Valley, das auf qualifizierte Kräfte aus dem Ausland angewiesen ist, hagelt es Kritik an dem Dekret. „Wir werden uns weiter für die Einwanderer einsetzen und daran arbeiten, neue Möglichkeiten für alle zu schaffen“, erklärte Google-geschäftsführer Sundar Pichai, der selber in Indien zur Welt kam. „Wir sind enttäuscht.“
„Das ist der größte Angriff auf Arbeits-visa, den ich in 35 Jahren erlebt habe“, sagt der Rechtsexperte Steve Yale-loehr von der Eliteuniversität Cornell. „Tausende Geschäfte und Universitäten werden durch diese Beschränkungen Schaden nehmen.“
Ende Mai hatte sich eine Gruppe von neun republikanischen Senatoren in einem Brief an Trump gegen den Visa-bann ausgesprochen. „Gastarbeiter werden gebraucht, amerikanische Unternehmen zu stärken“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderen der Trump-verbündete Lindsey Graham aus South Carolina und John Cornyn aus Texas unterschrieben haben. Firmen sollten durch das Dekret nicht „ohne ernsthaftes Abwägen“zum Schließen gezwungen werden. Andere Kritiker heben hervor, dass die meisten betroffenen Bereiche selbst in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nicht genügend Bewerber aus den USA hätten. Der Präsident benutze die Corona-pandemie als Ausrede für sein Ziel, das Einwanderungssystem der USA zu verändern.
Das Dekret steht im Gegensatz zu dem Drängen Trumps, die Lockerungen der Covid-19schutzmaßnahmen trotz zum Teil stark ansteigender Fallzahlen in mehreren Bundesstaaten nicht rückgängig zu machen. In Arizona, Florida, Kalifornien, North Carolina und Texas schnellten die Infektionszahlen nach Öffnung der Wirtschaft zuletzt steil nach oben.