Nachfrage unter Druck
Lockdown und verändertes Reiseverhalten: Corona-krise stellt Trinkwasserversorgung vor Herausforderungen
Luxemburg. In diesem Sommer stehen die nationalen Trinkwasserzulieferer vor einer großen Herausforderung: Wegen der Pandemie könnte es sein, dass viele Einwohner nicht verreisen und die Trinkwasserversorgung damit an ihre Grenzen stößt. In ihrer Antwort auf eine parlamentarische Frage der Dp-abgeordneten André Bauler und Gusty Graas bestätigt Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) diesbezügliche Aussagen des Direktors des Wasserwirtschaftsamtes, Jean-paul Lickes. Dieser hatte bereits Ende Mai im „Luxemburger Wort“vor einer misslichen Lage im Sommer gewarnt, falls die Trockenheit anhalten und die Menschen weniger verreisen würden.
In der Tat sinkt der nationale Trinkwasserverbrauch üblicherweise mit dem Anbrechen der Sommerferien und vor allem des Kollektivurlaubs: Tausende von Menschen verlassen dann das Land. Die Mitte Juli zumeist bereits stark gesunkenen Reserven können sich dann wieder erholen.
Damit ist wohl in diesem Sommer nicht in diesem Ausmaß zu rechnen. Allgemein bleibt die Trinkwassersituation angesichts der extremen Trockenheit im Frühling angespannt, so Dieschbourg. Wohl gab es in den vergangenen Tagen einige Regenschauer, die vorangegangenen zwei Monate Trockenheit kann dies aber kaum bis gar nicht ausgleichen. Zudem verschlimmern die trockenen Vorjahre die Situation. Zwar sei der letzte Winter sehr niederschlagsreich gewesen, die Grundwasserpegel
hätten sich allerdings nur zum Teil erholen können. Dies liegt daran, dass der Niederschlag nur sehr langsam durchsickert, bis er die Grundwasserschichten erreicht und auffüllen kann.
Die Bohrungen und Quellmengen zeigen denn auch, dass sich die Pegel nicht vollständig erholt haben. Laut Dieschbourg dürften die Trinkwasserquellen zehn bis 20
Prozent weniger Wasser liefern als im langjährigen Schnitt.
Das Wasserwirtschaftsamt behält die Durchflussmengen der Quellen und den Verbrauch laut Ministerin permanent im Auge. Sollte es zu Engpässen kommen, müssten sogenannte Phases de vigilances ausgerufen werden, wie dies 2017 bereits der Fall war. Diese sind mit Aufrufen zu einem maßvollen Umgang mit dem Trinkwasser verbunden. Sollten diese Maßnahmen nicht greifen, können die Gemeinden Einschränkungen und Verbote beschließen. Die Kommune kann dann nach Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt eigene orange oder rote Phasen ausrufen.
Stausee gut gefüllt
Carole Dieschbourg verweist aber auch auf die angespannte Lage der Gewässer. Gab es im Februar noch vereinzelt Hochwasserwarnungen, so sind Quellen, Bäche und Flüsse mittlerweile wieder an Niedrigstständen angelangt. Darunter leidet auch die gesamte Flora und Fauna innerhalb dieser Fließgewässer. Bereits die kleinste Verschmutzung kann dann drastische Folgen haben.
Wegen des regenreichen Winters ist zumindest der Obersauerstausee, und damit das größte Trinkwasserreservoir, gut gefüllt. Kurzfristig sind denn auch keine Probleme bei der Versorgung zu befürchten. Die Niederschlagsmengen zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 haben hier für genug Nachschub gesorgt. Allerdings besteht seit März wieder ein deutliches Defizit. Während der Stausee bis zum 1. April im Modus Hochwasserschutz funktioniert, gilt seit diesem Datum der Modus Trinkwasserreserve, dies mit einem Maximalpegel von 320 Metern. Ende April stand der Pegel bei 318,7 Metern, das ist ein halber Meter weniger als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.
Um die Trinkwasserversorgung langfristig abzusichern, setzt man im Wasserwirtschaftsamt auf drei Säulen: das Schützen der Quellen, eine Einschränkung des Verbrauchs sowie das Erschließen von neuen Wasserquellen. Dazu gehören die neue Aufbereitungsanlage in Eschdorf, mit der das gelieferte Volumen deutlich gesteigert werden kann, sowie das Gewinnen von Trinkwasser aus Erdschichten nahe der Mosel. jag