Ein Platz bleibt leer
Im Frauenbasketball ist der Weg in die Total League hindernisreich
Ein Aufstieg ist ein Grund zur Freude – meistens jedenfalls. In Luxemburgs Frauenbasketball bietet sich derzeit ein etwas anderes Bild. Nur neun statt zehn Mannschaften treten in der nächsten Saison in der Total League an. Während sich die Bewerber für die höchste Spielklasse der Männer drängeln, bleibt bei den Frauen ein Platz frei. Drei Clubs hatten die Möglichkeit, ihn einzunehmen, aber keiner wollte ihn. Die Situation ist ungewöhnlich. Ist sie auch ein Anlass zur Sorge?
„Jein“, sagt Verbandspräsident Henri Pleimling. „Dass es drei Vereine sind, ist speziell. Wir müssen die Entwicklung des Frauenbasketballs im Auge behalten.“Die Frage, warum es bei den Frauenteams offenbar deutlich weniger Interessenten für das Oberhaus gibt als bei den Männern, ist für den FLBB-CHEF nicht einfach zu beantworten. „Es ist auch ein Strukturproblem. Im Seniorenbereich gibt es deutlich weniger Spielerinnen als Spieler. In der Jugend ist es nicht so ausgeprägt“, so Pleimling. Zu befürchten sei, dass sich die Zahl der Erstliga-kandidaten bei den Frauen langfristig nicht entscheidend verbessert.
Ein negativer Trend ist es jedoch (noch) nicht, auch weil die Ausgangsposition der drei Clubs unterschiedlich ist. Die beiden besten Teams der Nationale 2, Les Sangliers Wiltz und US Heffingen, entschieden sich nach dem Abbruch der Saison 2019/20 gegen einen Aufstieg in die höchste Spielklasse. Durch ihren Verzicht hatte der Tabellenletzte der Total League, Telstar Hesperingen, die Chance zum Klassenverbleib. Doch laut Präsident Patrick Gregorius akzeptierte das Telstar-frauenteam den sportlichen Abstieg.
„Wir sind nicht kategorisch gegen einen Aufstieg“, sagt der Wiltzer Präsident Pit Hetting. Nur der Zeitpunkt war ungünstig für den Verein aus dem Norden. Die erneute Teilnahme an der Total League wäre zu früh gekommen. Zwei der fünf wichtigsten Spielerinnen wären aus persönlichen Gründen nicht mit in die erste Liga gewechselt, so Hetting. Einige Nachwuchstalente brauchen noch Zeit.
Man hätte in Profispielerinnen investieren müssen, gerade als wegen der Corona-pandemie ein Großteil der Einnahmen wegbrach. „Der Moment, als wir gefragt wurden, war einfach sehr schwierig.“Für andere Vereine gelte das zwar auch. Doch in Wiltz sei man mehr als bei anderen Vereinen auf die Einnahmen durch große Feste angewiesen; die wurden wegen Corona abgesagt. Dabei haben die Wiltzer Frauen bereits Total-league-erfahrung. 2018/19 spielten sie erstmals seit über zwei Jahrzehnten ganz oben mit, nach einer Saison stiegen sie wieder ab, wobei Verletzungspech eine Rolle spielte. Damalige Leistungsträgerinnen wie National spielerin Amra Hasanovic, Conny Brück oder die Serbin Jovana Jaksic blieben auch in der Nationale 2 im Team. In Heffingen hatte man das Ziel Total League ebenfalls etwas später im Visier. „Wir wollten die Mannschaft noch eine Saison in der Nationale 2 aufbauen und dann im nächsten Jahr aufsteigen“, berichtet Präsident Romain Seiler. Als sich die Möglichkeit nun direkt bot, habe man überlegt, den Schritt gleich zu wagen. „Ein paar Spielerinnen wollten aufsteigen, andere nicht.“
Telstar als negatives Beispiel
Das Beispiel von Telstar, das als Aufsteiger in der höchsten Liga trotz zweier Us-spielerinnen eine Niederlage nach der anderen kassierte, hat die Heffingerinnen laut Seiler auch nicht gerade ermutigt. Zudem wechselte Leistungsträgerin Jo Oly zum Titelverteidiger Gréngewald. Durch die neue Kooperation mit Résidence Walferdingen können nun auch andere Heffinger Spielerinnen Erstligaerfahrung sammeln. Die Heffinger Vereinsführung will das Thema Aufstieg weiter verfolgen. „Wir haben das immer noch im Blick“, so Seiler. „Aber wir wollen junge Spielerinnen auch nicht verbrennen, indem die Mannschaft ständig hoch verliert.“
Dieses Risiko birgt ein Aufstieg immer. „Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga ist riesengroß“, sagt Seiler. Seiner Ansicht nach lässt sich das kaum ändern, zumal größere Vereine den kleineren oft die besten Talente abwerben würden.
Grundsätzlich ist ein Aufstieg laut Pleimling auch eine finanzielle Frage. Zudem nehme die Zahl der Vereine, die zu größeren Investitionen in die Frauenmannschaft bereit seien, weiter ab, beobachtet er. Die Zuschauerzahlen seien bei den Männern höher als bei den Frauen. Und Vereinschef
Seiler hat die Erfahrung gemacht, dass sich Sponsoren leichter für Männer- als für Frauenteams finden lassen.
Die Lebensplanung junger Frauen spielt ebenfalls eine Rolle. „Viele Vereine haben Probleme, wenn Spielerinnen nach dem Schulabschluss an die Universität gehen“, sagt die frühere Nationalspielerin Andrea Haris, die zuletzt Trainerin der Frauen von T71 Düdelingen war und künftig im Jugendbereich bei Gréngewald tätig ist. „In meiner Generation haben viele Frauen noch mit Mitte 30 gespielt und die Studierenden in den Clubs vertreten. Das ist heute weniger der Fall.“
Pleimling sieht auch in der zunehmenden Professionalisierung der Total League mit mindestens zwei Non-jicl-spielerinnen pro Mannschaft einen Grund dafür, dass einheimische Talente nach der Jugend aufhören oder das Interesse an der ersten Liga nachlässt: „Das ist eine Aufrüstungsspirale, die nicht unbedingt gut für den Basketball ist.“
„Wenn man den Aufstieg will, muss man das Investment auch eingehen wollen“, meint Hetting. Mit dem großen Niveauunterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga müsse man sich abfinden. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass er auch als Ausrede benutzt wird, um weniger in die Frauen zu investieren.“Im Norden sollen nun jedenfalls die Weichen gestellt werden, um künftig wieder fit für die Total League zu sein.
Der neue Trainer Paul Missavage wird laut Hetting mit Männern und Frauen arbeiten: „Durch seine Erfahrung kommt auch bei den Frauen wieder einiges ins Rollen.“
Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga ist riesengroß.
Romain Seiler, Präsident US Heffingen