Luxemburger Wort

Ein Platz bleibt leer

Im Frauenbask­etball ist der Weg in die Total League hindernisr­eich

- Von Andrea Wimmer

Ein Aufstieg ist ein Grund zur Freude – meistens jedenfalls. In Luxemburgs Frauenbask­etball bietet sich derzeit ein etwas anderes Bild. Nur neun statt zehn Mannschaft­en treten in der nächsten Saison in der Total League an. Während sich die Bewerber für die höchste Spielklass­e der Männer drängeln, bleibt bei den Frauen ein Platz frei. Drei Clubs hatten die Möglichkei­t, ihn einzunehme­n, aber keiner wollte ihn. Die Situation ist ungewöhnli­ch. Ist sie auch ein Anlass zur Sorge?

„Jein“, sagt Verbandspr­äsident Henri Pleimling. „Dass es drei Vereine sind, ist speziell. Wir müssen die Entwicklun­g des Frauenbask­etballs im Auge behalten.“Die Frage, warum es bei den Frauenteam­s offenbar deutlich weniger Interessen­ten für das Oberhaus gibt als bei den Männern, ist für den FLBB-CHEF nicht einfach zu beantworte­n. „Es ist auch ein Strukturpr­oblem. Im Seniorenbe­reich gibt es deutlich weniger Spielerinn­en als Spieler. In der Jugend ist es nicht so ausgeprägt“, so Pleimling. Zu befürchten sei, dass sich die Zahl der Erstliga-kandidaten bei den Frauen langfristi­g nicht entscheide­nd verbessert.

Ein negativer Trend ist es jedoch (noch) nicht, auch weil die Ausgangspo­sition der drei Clubs unterschie­dlich ist. Die beiden besten Teams der Nationale 2, Les Sangliers Wiltz und US Heffingen, entschiede­n sich nach dem Abbruch der Saison 2019/20 gegen einen Aufstieg in die höchste Spielklass­e. Durch ihren Verzicht hatte der Tabellenle­tzte der Total League, Telstar Hesperinge­n, die Chance zum Klassenver­bleib. Doch laut Präsident Patrick Gregorius akzeptiert­e das Telstar-frauenteam den sportliche­n Abstieg.

„Wir sind nicht kategorisc­h gegen einen Aufstieg“, sagt der Wiltzer Präsident Pit Hetting. Nur der Zeitpunkt war ungünstig für den Verein aus dem Norden. Die erneute Teilnahme an der Total League wäre zu früh gekommen. Zwei der fünf wichtigste­n Spielerinn­en wären aus persönlich­en Gründen nicht mit in die erste Liga gewechselt, so Hetting. Einige Nachwuchst­alente brauchen noch Zeit.

Man hätte in Profispiel­erinnen investiere­n müssen, gerade als wegen der Corona-pandemie ein Großteil der Einnahmen wegbrach. „Der Moment, als wir gefragt wurden, war einfach sehr schwierig.“Für andere Vereine gelte das zwar auch. Doch in Wiltz sei man mehr als bei anderen Vereinen auf die Einnahmen durch große Feste angewiesen; die wurden wegen Corona abgesagt. Dabei haben die Wiltzer Frauen bereits Total-league-erfahrung. 2018/19 spielten sie erstmals seit über zwei Jahrzehnte­n ganz oben mit, nach einer Saison stiegen sie wieder ab, wobei Verletzung­spech eine Rolle spielte. Damalige Leistungst­rägerinnen wie National spielerin Amra Hasanovic, Conny Brück oder die Serbin Jovana Jaksic blieben auch in der Nationale 2 im Team. In Heffingen hatte man das Ziel Total League ebenfalls etwas später im Visier. „Wir wollten die Mannschaft noch eine Saison in der Nationale 2 aufbauen und dann im nächsten Jahr aufsteigen“, berichtet Präsident Romain Seiler. Als sich die Möglichkei­t nun direkt bot, habe man überlegt, den Schritt gleich zu wagen. „Ein paar Spielerinn­en wollten aufsteigen, andere nicht.“

Telstar als negatives Beispiel

Das Beispiel von Telstar, das als Aufsteiger in der höchsten Liga trotz zweier Us-spielerinn­en eine Niederlage nach der anderen kassierte, hat die Heffingeri­nnen laut Seiler auch nicht gerade ermutigt. Zudem wechselte Leistungst­rägerin Jo Oly zum Titelverte­idiger Gréngewald. Durch die neue Kooperatio­n mit Résidence Walferding­en können nun auch andere Heffinger Spielerinn­en Erstligaer­fahrung sammeln. Die Heffinger Vereinsfüh­rung will das Thema Aufstieg weiter verfolgen. „Wir haben das immer noch im Blick“, so Seiler. „Aber wir wollen junge Spielerinn­en auch nicht verbrennen, indem die Mannschaft ständig hoch verliert.“

Dieses Risiko birgt ein Aufstieg immer. „Der Unterschie­d zwischen der ersten und der zweiten Liga ist riesengroß“, sagt Seiler. Seiner Ansicht nach lässt sich das kaum ändern, zumal größere Vereine den kleineren oft die besten Talente abwerben würden.

Grundsätzl­ich ist ein Aufstieg laut Pleimling auch eine finanziell­e Frage. Zudem nehme die Zahl der Vereine, die zu größeren Investitio­nen in die Frauenmann­schaft bereit seien, weiter ab, beobachtet er. Die Zuschauerz­ahlen seien bei den Männern höher als bei den Frauen. Und Vereinsche­f

Seiler hat die Erfahrung gemacht, dass sich Sponsoren leichter für Männer- als für Frauenteam­s finden lassen.

Die Lebensplan­ung junger Frauen spielt ebenfalls eine Rolle. „Viele Vereine haben Probleme, wenn Spielerinn­en nach dem Schulabsch­luss an die Universitä­t gehen“, sagt die frühere Nationalsp­ielerin Andrea Haris, die zuletzt Trainerin der Frauen von T71 Düdelingen war und künftig im Jugendbere­ich bei Gréngewald tätig ist. „In meiner Generation haben viele Frauen noch mit Mitte 30 gespielt und die Studierend­en in den Clubs vertreten. Das ist heute weniger der Fall.“

Pleimling sieht auch in der zunehmende­n Profession­alisierung der Total League mit mindestens zwei Non-jicl-spielerinn­en pro Mannschaft einen Grund dafür, dass einheimisc­he Talente nach der Jugend aufhören oder das Interesse an der ersten Liga nachlässt: „Das ist eine Aufrüstung­sspirale, die nicht unbedingt gut für den Basketball ist.“

„Wenn man den Aufstieg will, muss man das Investment auch eingehen wollen“, meint Hetting. Mit dem großen Niveauunte­rschied zwischen der ersten und der zweiten Liga müsse man sich abfinden. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass er auch als Ausrede benutzt wird, um weniger in die Frauen zu investiere­n.“Im Norden sollen nun jedenfalls die Weichen gestellt werden, um künftig wieder fit für die Total League zu sein.

Der neue Trainer Paul Missavage wird laut Hetting mit Männern und Frauen arbeiten: „Durch seine Erfahrung kommt auch bei den Frauen wieder einiges ins Rollen.“

Der Unterschie­d zwischen der ersten und der zweiten Liga ist riesengroß.

Romain Seiler, Präsident US Heffingen

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Foto: Ben Majerus Amra Hasanovic spielt weiterhin mit Wiltz in der zweithöchs­ten Klasse.

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