Das Gegenteil von Hast
Jeden Tag ein Foto – ein emotional ruhiges Abbild des Confinement, das nicht nur die persönliche Gefühlslage in Farben, Formen, Licht und Schatten darstellt, sondern diesen sonderbaren Zustand der Gesellschaft hinterfragen will; so zumindest lässt sich das Projekt „Hast, pressé, on hurry“von Gery Oth deuten. Der Luxemburger Fotograf, der sich über die Jahre selbst vorgebildet hat, liebt noch die klassisch-analoge Fotografie und das Handwerk jenseits von schneller Nachbearbeitung am Computer. Nicht umsonst nennt er sich dann auch „Manufacteur de photographies“auf seiner Website und in seinen Anschreiben als Künstler. Einmal mehr macht er sich auf die Spuren eines Seelenzustands. Von März bis Mai hat er im Lockdown den Rahmen seines eigenen, eng beschränkten Umfelds als künstlerisches Forschungsfeld gewählt: „Nous sommes pressés, on nous presse, nous nous pressons tout au long d’une journée, de la semaine, nous menons une vie pressée. J’ai décidé d’entreprendre un voyage immobile, dans un périmètre confiné et restreint, en faisant une prise de vue par jour. La vraie raison et le défi de ce projet, lié aux différents aspects du temps aperçu et remarqué, était la découverte lente et progressive de mouvements de lumière, des jeux d’ombres et des silhouettes mouvantes pendant une période restreinte et un endroit confiné.“
Und genau in dieser Spannungslage tastet sich der Fotograf vor. Es sind auf den ersten Blick oft ganz kleine Momentaufnahmen – manchmal geradezu banale Dinge, die aber plötzlich ins Auge springen; scheinbar nicht inszenierte Augenblicke vielschichtig eingefangen. Eine Reise zu und in der Ruhe, die plötzlich herrschen muss. Auf Wunsch fertigt Oth Abzüge dieser Arbeiten auf Papier mit hoher Grammatur, sicher auch, um die Wertigkeit des Handwerks Fotografie auf diese Weise noch einmal oben drauf und eindrücklich zu betonen. Einblicke in die entstandenen Arbeiten und in das Projekt gewährt Oth auf seiner Homepage (unter dem Navigationspunkt „News“).
► www.gery-oth.lu
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