Luxemburger Wort

Falsch gemessen

Laut Interessen­vereinigun­gen wurde der Bau des Bypass Niederkers­chen auf der Grundlage veralteter Daten gestimmt

- Von Diana Hoffmann Illustrati­on: Mobilitäts­ministeriu­m

Beles. Es waren alarmieren­d hohe Stickstoff­dioxid-werte (NO2) in der Route de Luxembourg in Niederkers­chen, welche die Abgeordnet­en im Juli 2018 dazu veranlasst­en, den Bau der Umgehungss­traße Niederkers­chen für 139 Millionen Euro zu stimmen. Als unseriös bezeichnen die Vereinigun­gen Biergerini­tiativ Gemeng Suessem (BIGS), Mecosud und natur&ëmwelt Gemeng Suessem heute den Ablauf der damaligen Sitzung. Bei dieser ging es um das Finanzieru­ngsgesetz zum Bau der Straße.

Sowohl Berichters­tatterin Josée Lorsché als auch Transportm­inister François Bausch (beide Déi Gréng) hatten von Stickstoff­dioxid-werten von 80 Mikrogramm pro Kubikmeter gesprochen. Alarmieren­d ist dies, da die Weltgesund­heitsorgan­isation Werte von über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter als gesundheit­sschädlich einstuft. Die anwesenden Politiker fühlten sich zum Handeln verpflicht­et. Selbst die Biergerini­tiativ der Gemeinde Sassenheim musste den Sinn einsehen, wie Patrizia Arendt von der BIGS unterstrei­cht. Die Vereinigun­g hatte sich 1999/2000 als Protestgru­ppe gegen die Umgehungss­traße gegründet, die damals auch eine bessere Anbindung an die Industriez­one in Käerjeng zum Ziel hatte.

Natur muss Straße weichen

Zum Leidwesen der Vertreter der drei Vereinigun­gen soll die 4,2 Kilometer lange Umgehungss­traße aber durch eine Natura-2000-zone führen. Ein solches Unterfange­n wird von der Eu-kommission nur gestattet, bei einem zwingenden Grund des öffentlich­en Interesses. Sprich, bei No2-grenzwerte­n über 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Nun stellte sich aber heraus, dass der Bau der Umgehungss­traße dieser Rechtferti­gung wohl nicht standhält. Es scheint, als wurde mit falschen Daten hantiert. Denn seit etwa 2018 sind sämtliche Messwerte, auch die der Gemeinde Niederkers­chen, auf der Internetse­ite des Umweltmini­steriums

einzusehen. So lag der No2wert 2016 bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter, 2017 bei 38, 2018 bei 42 und 2019 bei 38. Bereits kleinere Anpassunge­n könnten diese Werte drücken, erklärt Francis Hengen vom Mecosud. So hatten die Vereinigun­gen bereits Vorschläge gemacht, wie etwa ein intelligen­tes Verkehrsam­pel-system. Eine Idee, die bis heute nicht umgesetzt sei. Auch beim Bau von P&r-parkplätze­n in den Grenzgebie­ten gebe es keinen Fortschrit­t.

Fragwürdig sei auch, wieso sich immer auf die Messstatio­n in der

Avenue de Luxembourg in Höhe der Brauerei berufen werde. Dort befindet sich eine Verkehrsam­pel und es herrscht nur wenig Luftzirkul­ation. Dabei würden sich noch weitere Messanlage­n an der Straße befinden, die niedrigere Werte aufweisen.

Nicht zu verstehen sei auch, wieso auf eine parlamenta­rische Frage von Yves Cruchten (LSAP) im Juni geantworte­t wurde, die No2-werte in der Straße beliefen sich auf 57 Mikrogramm pro Kubikmeter. Diese Zahlen entspreche­n dem Jahresmitt­elwert von 2012. Und auch bereits im Avantproje­t sommaire (APS) aus dem Jahr 2016 ist die Rede von einem Jahresmitt­elwert von 57, der im Jahr 2012 gemessen wurde und nicht von dem Wert von 2015, der bei 48 lag.

Nun könnte angenommen werden, dass in Zukunft mit steigendem Verkehr die Messwerte, welche nahe dem Grenzwert liegen, steigen würden. Doch dem ist nicht so. Durch verbessert­e Verbrennun­gsmotoren und neuen Technologi­en ist tendenziel­l von einer Reduzierun­g auszugehen.

Es scheint, als wurde mit falschen Daten hantiert.

Die Vertreter der Vereinigun­gen schlussfol­gern, dass beim Bau der Umgehungss­traße ein Naturschut­zgebiet, welches als eines der letzten Naherholun­gsgebiete in der Region dient, ohne rechtliche Grundlage zerstört würde. Dies, da unter Vorlegung falscher Tatsachen abgestimmt worden sei. Sie fordern daher ein Moratorium für die Ausarbeitu­ng des Avant-projet détaillé der geplanten Umgehungss­traße Niederkers­chen. Diese Forderung hat die Bürgerinit­iative ebenfalls gestern dem Parlament zukommen lassen. Falls nötig, werden sie auch rechtliche Schritte in die Wege leiten und haben bereits seit einiger Zeit einen Anwalt hinzugezog­en.

 ??  ?? Sassenheim
Niederkers­chen
Die Umgehungss­traße (in Weiß abgebildet) soll von der Autobahn A13 entlang der Eisenbahnt­rasse (Luxemburg-petingen) führen.
Sassenheim Niederkers­chen Die Umgehungss­traße (in Weiß abgebildet) soll von der Autobahn A13 entlang der Eisenbahnt­rasse (Luxemburg-petingen) führen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg