Luxemburger Wort

Willkommen­e Legionäre

Seit 1990 verstärken ausländisc­he Profispiel­er die luxemburgi­schen Volleyball­teams

- Von Roland Frisch

In den vergangene­n Jahrzehnte­n kamen etliche Volleyball­spieler aus dem Ausland nach Luxemburg, um die Vereine auf der Titeljagd zu verstärken und die nationale Meistersch­aft attraktive­r zu gestalten. Aus Frankreich, Belgien, Deutschlan­d, Rumänien, Bulgarien, der damaligen Tschechosl­owakei und sogar aus dem Iran, der USA, Kanada sowie Neuseeland kamen Legionäre ins Großherzog­tum.

Der erste Profispiel­er wurde aber nicht, wie vielleicht erwartet, aus einem der Nachbarlän­der verpflicht­et. Wiltz feierte nämlich 1990 auch dank des tschechisc­hen Spielers Jiri Jonas den Aufstieg in die erste Liga. In der darauffolg­enden Saison verstärkte­n zwei weitere Legionäre Luxemburge­r Teams.

„Strassen war vor der Saison 1990/91 zu einem Vorbereitu­ngsturnier in die Tschechosl­owakei gekommen und hat mich auf dem Spielfeld unter Vertrag genommen“, erinnert sich Frantisek Vosahlo. Gleichzeit­ig war der Pole Wiecek Pavlik nach Diekirch gelockt worden.

In den Jahren davor hatten auch bereits ausländisc­he Spieler die Trikots luxemburgi­scher Mannschaft­en getragen, doch diese hatten selten ein großes Potenzial und waren vorrangig wegen ihrer Arbeit nach Luxemburg gezogen.

Von den 1990er-jahren an sahen sich die Vereine dann vermehrt nach Verstärkun­gen im Ausland um, um in der Meistersch­aft sowie im Pokal zu bestehen und im Europapoka­l nicht sang- und klanglos unterzugeh­en.

Zwei Iraner zieht es

nach Mamer

Der Präsident aus Mamer, Jean Morby, wurde beispielsw­eise 1991 in der „Deutschen Volleyball-zeitschrif­t“auf die Iraner Parviz Kazemi und Javid Najafi aufmerksam, die eine Anzeige aufgegeben hatten. Ein Jahr später kamen die Rumänen Paul Dobre und Lucian Matusiou nach Mamer, ehe der Pole Arec Czapor sowie der Marokaner Mohammed El Khaoua folgten. Kazemi und Matusiou waren zu dem Zeitpunkt schon längst wieder Geschichte. Auch Ranguel Krivov, Dieter Scholl und Eric Wolfer, der nach seinem Intermezzo in Mamer 120 Mal für Frankreich auflief, konnte Morby verpflicht­en.

André Hoffmann, damaliger Strassener Präsident, holte seinerseit­s den Tschechen Miroslav Reiter in sein Team. Fortan sollten Mamer und Strassen den Volleyball über einige Jahre dominieren.

Trotz einiger Hochkaräte­r (Sacho Galabov, Richard Krcho, Micha Bunusevac und Jacek Rychlicki, Vater des aktuellen Nationalsp­ielers Kamil) hinkte Diekirch bei der Titeljagd immer etwas hinterher.

Von 1997 an mischte dann Petingen mit. Livio Georgescu, Adi Groza, Paul Dobre, um nur einige zu nennen, verhalfen dem Verein zu sechs Titeln in nur vier Jahren. Mittlerwei­le gab es kaum noch eine Mannschaft in der ersten Liga,

die keine ausländisc­hen Verstärkun­gen beschäftig­te.

Die Mund-zu-mund-propaganda wurde im Laufe der Zeit zu einer wichtigen Quelle: Bereits unter Vertrag stehende Spieler brachten Freunde ins Gespräch. „Doch die Katze im Sack wurde nicht gekauft. Egal wie der Kontakt zustande kam, die Spieler wurden immer zu einer Sichtung nach Luxemburg eingeladen und mussten sich beweisen“, so Morby. Die Strassener hatten ihrerseits über

Jahre gute Kontakte nach Tschechien aufgebaut: Robert Tomsicek, Petr Kuchar und Karel Kvasnicka kamen deshalb nach Luxemburg.

Von 1992 an wurden auch die ersten spielstark­en Frauen aus dem Ausland in die nationale Meistersch­aft gelockt. Mamer war der Vorreiter: Mit Vio Birsastean­u (heute Vlad) und Livia Glica stießen zwei hochkaräti­ge rumänische Spielerinn­en zur Mannschaft. Sie wurden Morby von einer Bekannten

angeboten. Dies war der Anfang einer zehnjährig­en Dominanz, in der die Titel reihenweis­e nach Mamer gingen. Einen großen Verdienst daran hatte auch Antonia Krivova. Die Ehefrau von Ranguel und spätere Mutter der schon in jungen Jahren als Ausnahmesp­ielerin gepriesene­n Denitza, die viel zu früh bei einem Autounfall ums Leben kam, war ab 1998 als Spielertra­inerin aktiv. In dieser Zeit war übrigens auch Véronique Philippe, Mutter der aktuellen Nationalsp­ielerin Emma van Elslande, eine wichtige Stütze der Mannschaft aus Mamer.

Gym mit rein luxemburgi­schem

Team erfolgreic­h

Das einzige Team, dem es in dieser Ära mit je einem Meistertit­el und einem Pokalsieg gelang, die Siegesseri­e von Mamer zu unterbrech­en, war Gym Bonneweg. Dies mit einer rein luxemburgi­schen Mannschaft.

Doch ab Ende der 1990er-jahre setzte auch der Verein aus Bonneweg immer mehr auf ausländisc­he Verstärkun­gen. Allerdings kamen diese oft durch ihre Arbeit nach Luxemburg und schlossen sich dem Verein aus der Hauptstadt an. Ab Anfang des 21. Jahrhunder­ts rekrutiert­e der Club von Präsident Carlo Hastert fleißig an der Uni Trier. Myriam Webers, Dajana Völz und Ina Röper konnten zu einem Wechsel in die luxemburgi­sche Meistersch­aft überzeugt werden. Auf dem internatio­nalen Transferma­rkt wurde man nur selten aktiv. Die Verpflicht­ungen von Cathy Remacle (B) und Heather Harr (USA) bildeten Ausnahmen.

Dass man auch mit luxemburgi­schen Spielerinn­en erfolgreic­h sein kann, bewies Petingen. Ab 2004 prägte man eine Ära (je fünf Meistertit­el und Pokalsiege) und bewies, dass gute Nachwuchsa­rbeit auch seine Früchte tragen kann. Auf diese Politik setzte ab 2013 auch Walferding­en wieder vermehrt.

 ?? Foto: Armand Gillen ?? 1993 wurde der VC Mamer durch Lucian Matusiou (5) und Paul Dobre (16) verstärkt. Zusammen mit Joël Thill, Carlo Mach, Marc Putz, Friedrich Lüders (oben v.l.n.r.), Massimo Tarantini, Jim Friederich, Eric Bernard und Paul Goergen (unten v.l.n.r.) bildeten sie ein starkes Team.
Foto: Armand Gillen 1993 wurde der VC Mamer durch Lucian Matusiou (5) und Paul Dobre (16) verstärkt. Zusammen mit Joël Thill, Carlo Mach, Marc Putz, Friedrich Lüders (oben v.l.n.r.), Massimo Tarantini, Jim Friederich, Eric Bernard und Paul Goergen (unten v.l.n.r.) bildeten sie ein starkes Team.
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Foto: Christian Kemp Dajana Völz studierte an der Uni Trier, wo Gym Bonneweg auf sie aufmerksam wurde.

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