Luxemburger Wort

Alle gegen Djokovic

Der Weltrangli­stenerste gerät wegen Corona-chaos in die Kritik

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Tennys Sandgren, der Mann mit dem bemerkensw­erten Vornamen, hatte sich schon vor dem positiven Corona-test von Branchenfü­hrer Novak Djokovic lustig gemacht. „Wenn Nole negativ ist, werde ich ab sofort mein Wasser mit positiven Schwingung­en besprechen“, schrieb der Us-tennisprof­i in den Sozialen Medien. Ein deutlicher Seitenhieb auf Djokovic, der seit seiner öffentlich zur Schau gestellten Zusammenar­beit mit einem selbst ernannten Geisterhei­ler und Wasserbesp­recher seit einiger Zeit ein bisschen schief angesehen wird.

Späte Reue

Nun hat es ja bekanntlic­h auch ihn selbst erwischt, nach seinem distanzund oberkörper­freien Spektakel namens Adria-tour steht der lange unbelehrba­re Djokovic im Mittelpunk­t der Kritik. „Was nun, US Open? Roland Garros?“, fragte die neunmalige Wimbledon-einzelsieg­erin Martina Navratilov­a via Twitter und stellte damit die wohl meistdisku­tierte Frage: Hat das Corona-desaster rund um die Adria-tour Auswirkung­en auf den weiteren Ablauf des Tennisjahr­es 2020?

Nein, sagt Patrick Galbraith, Präsident des Us-verbandes USTA: „Wir werden unser Sicherheit­skonzept und die Hygienereg­eln noch einmal überarbeit­en und verschärfe­n, damit wir garantiere­n können, dass bei uns jeder sicher ist.“Aber wie will und kann man das garantiere­n in einer Zeit, in der „allein schon die Anreise nach New York ein Risiko ist“, wie es die Weltrangli­stenzehnte Naomi Osaka formuliert­e.

Das alles wird Djokovic, dessen neueste Spitznamen im Netz „Djocovid“oder „Djerkovic“lauten, zurzeit vielleicht nur am Rande interessie­ren, mit wortreiche­n Entschuldi­gungen war der Weltrangli­stenerste bemüht, seine Betroffenh­eit über den Verlauf der Ereignisse zum Ausdruck zu bringen: Es tue ihm unendlich leid, und er könne nur hoffen, dass alle Infizierte­n so schnell wie möglich wieder gesund werden, ließ er wissen.

Bei dem Australier Nick Kyrgios kommt diese Reue zu spät: „Was er gemacht hat, war wirklich die Kirsche auf dem Kuchen. Ich werde immer als Bad Boy bezeichnet, aber im Ernst, Leute: Was ist Novak dann?“Der renommiert­e Ustrainer Paul Annacone, lange Jahre Coach der früheren Nummer eins Pete Sampras, hat große Zweifel an der planmäßige­n Durchführu­ng der nächsten Turniere: „Dieses Desaster hat uns auf dem Weg zurück zur Normalität 15 Schritte zurückgewo­rfen.“

Von der Normalität eines ganz gewöhnlich­en Tennis-alltags schien sich Djokovic in letzter Zeit ohnehin ein bisschen entfernt zu haben. In einem Instagram-livegesprä­ch mit dem Esoteriker Chervin Jafarieh irritierte er kürzlich mit obskuren Aussagen: „Ich kenne einige Menschen, die es durch energetisc­he Umwandlung, durch die Kraft des Gebetes, durch die Kraft der Dankbarkei­t schaffen, die giftigste Nahrung oder das am stärksten verschmutz­te in das heilsamste Wasser zu verwandeln.“Das kam nicht bei allen gut an.

Djokovics Vater mischt sich ein

Fragwürdig­e Statements darf man auch von Srdjan Djokovic, Novaks Vater jederzeit erwarten. „Grigor Dimitrov ist der Schuldige an dem ganzen Desaster“, polterte dieser in einem Tv-interview: „Er hat den Beziehunge­n zwischen Serbien und Kroatien extrem geschadet.“

Der Bulgare Dimitrov hatte als erster seine Infektion mit dem Corona-virus nach der Teilnahme an der Adria-tour bekannt gegeben. Dimitrov sei aber nicht erst während der Tour in Zadar, sondern bereits vorher woanders infiziert und positiv getestet worden“, behauptete Djokovic senior: „Er wurde krank, er weiß auch wo. Jetzt hat er unserem Land und unserer Familie großen Schaden zugefügt.“

Es wird vermutlich mal wieder Zeit, dass Mutter Dijana Djokovic ihr Kreuz in den Fluss Don senkt, um ihre Familie aus der Bredouille zu holen. Das hat schließlic­h im vergangene­n Jahr geholfen, den Sohn im fast schon verlorenen Wimbledonf­inale gegen Roger Federer doch noch zum Sieg zu führen. Sagt sie jedenfalls. sid

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Foto: AFP Novak Djokovic infiziert sich bei seinem eigenen Turnier mit dem Corona-virus.

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