Am Ende der Lieferkette
Unternehmen in Luxemburg verletzen mit weltweiten Geschäften Menschenrechte
Kinderarbeit, Brände in Textilfabriken, Hungerlöhne – über Lieferketten sind auch Unternehmen in Luxemburg mit Menschenrechtsverletzungen in Berührung. Die „Initiative Devoir de Vigilance“fordert daher gesetzliche Standards für Firmen hierzulande. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag betonte Jean-louis Zeien, dass aus „Social Distancing“kein „Moral Distancing“werden dürfe.
Bereits 2018 hat sich die Initiative aus 16 zivilgesellschaftlichen Organisationen gegründet. Durch die Corona-krise sind die globalen Lieferketten in das Bewusstsein von Konsumenten, Produzenten und Entscheidern gerückt. Die Initiative will das nutzen, um aus Absichtserklärungen mehr zu machen: ein Lieferkettengesetz. Angelehnt soll dieses Gesetz an die Un-leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (United Nations Guiding Principles on Business and Human Rights) sein. Die 31 Prinzipien nehmen sowohl den Staat als auch die Unternehmen in die Verantwortung.
Gerade weil der Staat in der Corona-krise vielen Unternehmen hilft, sieht Jean-louis Zeien einen guten Moment, um Forderungen durchzusetzen. „Hilfsleistungen könnten jetzt an Bedingungen geknüpft werden“, schlägt der Präsident von Fairtrade Lëtzebuerg vor. Wer staatliche Beihilfen, Kredite oder Programme wie „Business partnership facility“oder das „Office du Ducroire“in Anspruch nehmen wolle, müsse Mindeststandards erfüllen.
Die Initiative bringt diese Forderung derzeit aktiv in die Politik ein. Vergangene Woche haben Vertreter der NGO Wirtschafts- und Kooperationsminister Franz Fayot (LSAP) ihre Vorschläge unterbreitet. Dieser habe sich offen dafür gezeigt und wolle die Vorschläge von seinem Ministerium prüfen lassen, so Jean-louis Zeien am Donnerstag. In der Corona-krise steht die Wirtschaft unter Druck. Aber der Status Quo dürfe nicht um jeden Preis erhalten werden. Derzeit zeige sich, wie wenig manche Unternehmen über ihre eigenen Lieferketten wüssten, so Zeien. Offizielle Zahlen bestätigen das. Nur jedes dritte Unternehmen in der EU prüft seine globalen Lieferketten im Hinblick auf Menschenrechte und Umweltauswirkungen. Das ergab eine Studie der Eu-kommission, die im Februar veröffentlicht wurde. Gesetzliche Vorschriften könnten dafür sorgen, dass ein Unternehmen Lieferanten und Betriebe etwa auf den Einsatz von Kinderarbeit prüfen muss.
Unternehmen könnten profitieren
Laut Eu-studie wäre das sogar im Sinne der Wirtschaft. 70 Prozent
Jean-louis Zeien fordert ethische Standards.
der 334 befragten Unternehmen gaben an, dass eine Eu-weite Regelung für die Prüfung von
Avis de sociétés
Menschenrechten und Umweltauswirkungen Vorteile hätte, nämlich Rechtssicherheit und einheitliche Standards. Unternehmen, die sich derzeit für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, sind unter Umständen im Nachteil. Ihre Produkte sind teurer. Ob Luxemburg noch vor der EU ein Gesetz auf den Weg bringt, ist fraglich. Zeien jedenfalls hält Eile für geboten. Auf einer Liste des Un-menschenrechtsbüros stand im Februar auch die Luxemburger Firma edreams ODIGEO. „Das einzige Instrument, über das die Politik derzeit verfügt, ist, der Firma einen Brief zu schreiben“, sagt Zeien. Darum brauche es ein Gesetz. Und er nennt noch ein Argument. Luxemburg kandidiert für den Un-menschenrechtsrat. „Da sollte Luxemburg Regeln aufstellen und nicht einfach nur folgen“.