Luxemburger Wort

Rampensau

-

Wenn man der ebenso tragischen wie trostlosen Zeit der Corona-krise etwas Gutes abgewinnen möchte, dann ist es wohl die Anerkennun­g, die die Pandemie in den zurücklieg­enden Wochen und Monaten für einmal jenen geschenkt hat, die ansonsten kaum im Fokus der Öffentlich­keit stehen. Dies, obwohl ihre Dienste offenkundi­g unerlässli­ch sind. Systemrele­vant, wie das mittlerwei­le ja so schön heißt: von der Krankenpfl­egerin über die Supermarkt­kassiereri­n bis hin zum Postboten und zum Nahrungsmi­ttelproduz­enten. Für einige vermutlich auch bis hin zum Klopapierh­ersteller ... Dabei scheuen manche dieser „Helden des Alltags“aus reiner Bescheiden­heit

Heut steht er in der Zeitung, eingerahmt und fett gedruckt!

selbst dann noch jegliches Scheinwerf­erlicht, was ihre Größe eigentlich nur noch zusätzlich unterstrei­cht. Und sie nur umso wohltuende­r von all jenen abhebt, die sich überall und ständig in der ersten Reihe sehen oder sehen wollen. Jene gar fürchterli­chen Zeitgenoss­en, die sich mit Vorliebe selbst als Rampensau bezeichnen und ihre eigenen Leistungen oft in gleißendem Lichte sehen, obwohl der Rest der Welt sie durchaus auch ohne Blendschut­z wahrzunehm­en vermag. Ihnen hat der unsterblic­he Heinz Erhardt vor Jahrzehnte­n bereits ein Denkmal gesetzt, in seinem Gedicht „Der Schauspiel­er“, das ich Ihnen an dieser Stelle denn auch keinesfall­s vorenthalt­en möchte: „Er sprach zu der Theaterlei­tung, nachdem er dreimal ausgespuck­t: ,Mein Name steht in dieser Zeitung nie eingerahmt, nie fett gedruckt! Dabei spiel ich die längsten Rollen, mal bin ich heldisch, mal geduckt, ich probe auch solang Sie wollen, doch niemals bin ich fett gedruckt!‘ – Ganz ohne Probe selbstvers­tändlich starb gestern er, hat kaum gezuckt ... Heut steht er in der Zeitung, endlich, schön eingerahmt und fett gedruckt!“

John

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg