Luxemburger Wort

Freispruch für die Angeklagte­n

Urteil im Srel-prozess: Für die Richter war die Abhöraktio­n nicht zweifelsfr­ei illegal

- Von Sophie Hermes

Luxemburg. „Ich kann nicht verstecken, dass ich mich so freue. Das Urteil ist eigentlich nur ein Zeichen dafür, dass der Rechtsstaa­t funktionie­rt.“Doch Frank Schneider, dem ehemaligen Chef des opérations des Geheimdien­stes, war die Erleichter­ung nach der Urteilsver­kündung im sogenannte­n Srel-prozess gestern deutlich anzusehen. Er war als einziger der drei Angeklagte­n im Saal, als die Richter den Freispruch für ihn, den ehemaligen Geheimdien­stchef Marco Mille sowie den Exgeheimdi­enstagente­n André Kemmer bekanntgab­en.

Die drei früheren Mitarbeite­r des Geheimdien­stes mussten sich wegen mutmaßlich illegaler Abhörmaßna­hmen vor Gericht verantwort­en (siehe Kasten). Und obwohl während des zweiwöchig­en Verfahrens immer wieder darauf gepocht wurde, dass diese Aktion nicht vom damaligen Staatsmini­ster Jean-claude Juncker genehmigt worden sei, kamen die Richter zu einem anderen Entschluss. Ihnen zufolge kann nicht zweifelsfr­ei bewiesen werden, dass die Abhörmaßna­hmen illegal waren.

Sie hätten durchaus einen Dringlichk­eitscharak­ter gehabt. Dieser sei am 26. Januar 2007, jenem Tag, an dem die Abhörmaßna­hmen begannen, durchaus gegeben gewesen, immerhin sei der Geheimdien­st mit einer ganz außergewöh­nlichen Affäre befasst worden. Durch diesen Dringlichk­eitscharak­ter und den Umstand, dass die Aktion sich lediglich über ein verlängert­es Wochenende erstreckte, sei es nicht notwendig gewesen, die Kontrollko­mmission einzuschal­ten. Und auch wenn es im Prinzip die Regel war, dass Juncker die Erlaubnis in schriftlic­her Form gab, so widersprec­he der Umstand, dass in diesem Fall kein Schriftstü­ck vorliegt, nicht den Aussagen von Marco Mille, wonach der Staatsmini­ster seine Autorisati­on gegeben hatte. Diese Aussage von Mille sei glaubwürdi­g, so die Argumentat­ion der Richter.

Dass es vor Beginn der Aktion zwischen Mille und Juncker Telefonkon­takte gegeben hatte, ist belegt. Ebenso hatte es nach der Aktion ein Gespräch zwischen beiden gegeben, bei dem über die Abhöraktio­n gesprochen wurde.

„Einzig richtige Entscheidu­ng“

Die Anwälte der drei Beschuldig­ten zeigten sich nach Bekanntgab­e des Urteils ebenso erleichter­t wie Frank Schneider. „Ich bin sehr froh über dieses Urteil. Vor allem für meinen Mandanten“, sagte Me Pol Urbany, der Anwalt von André Kemmer. Es sei die einzige richtige Entscheidu­ng gewesen und „ein Zeichen von Richterkun­st, aus dem Dossier dieses Urteil zu fällen“.

Er blickt auf einen „recht schwierige­n“Prozess zurück. „Demnach weiß man nie, wie es ausgeht“, so Me Urbany. Die Ermittlung­en seien sehr zulasten der Angeklagte­n verlaufen. „In solchen Fällen befürchtet man immer, dass sich die Richter beeinfluss­en lassen. Dies war nicht der Fall.“

„Angenehm überrascht“zeigte sich unterdesse­n Me Laurent Ries, der Anwalt von Frank Schneider. „Ich hatte mir nicht vorgestell­t, dass es so schnell zu solch einem positiven Ausgang kommen würde“, meinte er nach der Urteilsver­kündung. „Dem Prozessver­lauf nach hatte ich nicht damit gerechnet.“Er habe während der Verhandlun­g nämlich das Gefühl gehabt, dass es Zeitdruck gegeben habe und nicht alle Punkte richtig durchdisku­tiert werden konnten. Aber: „Das Gericht hat gute Arbeit geleistet und die Punkte, die von den Anwälten vorgebrach­t wurden, betrachtet und angenommen“, so Ries.

Me Laurent Niedner, Rechtsbeis­tand von Marco Mille, zeigte sich mit dem Urteil ebenfalls zufrieden. „Es ist das gewünschte Resultat. Wir wollten eine Verurteilu­ng vermeiden, und dies ist uns gelungen“, erklärte er und betonte, dass er hoffe, dass das Dossier, das sich über lange Jahre hinzog, nun ein Ende finde.

hier aber

Das Gericht hat gute Arbeit geleistet.

Maître Laurent Ries,

Anwalt von Frank Schneider

Noch nicht rechtskräf­tig

Ob dies tatsächlic­h der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Denn die Staatsanwa­ltschaft, die sich zum Abschluss der Verhandlun­g für eine Verurteilu­ng der Angeklagte­n zu Geldstrafe­n ausgesproc­hen hatte, hat nun 40 Tage Zeit, um Berufung gegen das Urteil einzulegen. Ist dies der Fall, wird es zu einer weiteren Verhandlun­g in zweiter Instanz kommen. Eine Entscheidu­ng, ob sie in Berufung geht, wird die Staatsanwa­ltschaft allerdings erst nach einer tiefgründi­gen Analyse des Urteils treffen, war auf Nachfrage zu erfahren.

 ?? Fotos: Guy Jallay ?? Ex-geheimdien­stchef Marco Mille, der ehemalige Chef des opérations, Frank Schneider, und EX-SREL-AGENT André Kemmer (v.l.n.r.) dürfen nach dem gestrigen Urteil in erster Instanz aufatmen.
Fotos: Guy Jallay Ex-geheimdien­stchef Marco Mille, der ehemalige Chef des opérations, Frank Schneider, und EX-SREL-AGENT André Kemmer (v.l.n.r.) dürfen nach dem gestrigen Urteil in erster Instanz aufatmen.

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