Freispruch für die Angeklagten
Urteil im Srel-prozess: Für die Richter war die Abhöraktion nicht zweifelsfrei illegal
Luxemburg. „Ich kann nicht verstecken, dass ich mich so freue. Das Urteil ist eigentlich nur ein Zeichen dafür, dass der Rechtsstaat funktioniert.“Doch Frank Schneider, dem ehemaligen Chef des opérations des Geheimdienstes, war die Erleichterung nach der Urteilsverkündung im sogenannten Srel-prozess gestern deutlich anzusehen. Er war als einziger der drei Angeklagten im Saal, als die Richter den Freispruch für ihn, den ehemaligen Geheimdienstchef Marco Mille sowie den Exgeheimdienstagenten André Kemmer bekanntgaben.
Die drei früheren Mitarbeiter des Geheimdienstes mussten sich wegen mutmaßlich illegaler Abhörmaßnahmen vor Gericht verantworten (siehe Kasten). Und obwohl während des zweiwöchigen Verfahrens immer wieder darauf gepocht wurde, dass diese Aktion nicht vom damaligen Staatsminister Jean-claude Juncker genehmigt worden sei, kamen die Richter zu einem anderen Entschluss. Ihnen zufolge kann nicht zweifelsfrei bewiesen werden, dass die Abhörmaßnahmen illegal waren.
Sie hätten durchaus einen Dringlichkeitscharakter gehabt. Dieser sei am 26. Januar 2007, jenem Tag, an dem die Abhörmaßnahmen begannen, durchaus gegeben gewesen, immerhin sei der Geheimdienst mit einer ganz außergewöhnlichen Affäre befasst worden. Durch diesen Dringlichkeitscharakter und den Umstand, dass die Aktion sich lediglich über ein verlängertes Wochenende erstreckte, sei es nicht notwendig gewesen, die Kontrollkommission einzuschalten. Und auch wenn es im Prinzip die Regel war, dass Juncker die Erlaubnis in schriftlicher Form gab, so widerspreche der Umstand, dass in diesem Fall kein Schriftstück vorliegt, nicht den Aussagen von Marco Mille, wonach der Staatsminister seine Autorisation gegeben hatte. Diese Aussage von Mille sei glaubwürdig, so die Argumentation der Richter.
Dass es vor Beginn der Aktion zwischen Mille und Juncker Telefonkontakte gegeben hatte, ist belegt. Ebenso hatte es nach der Aktion ein Gespräch zwischen beiden gegeben, bei dem über die Abhöraktion gesprochen wurde.
„Einzig richtige Entscheidung“
Die Anwälte der drei Beschuldigten zeigten sich nach Bekanntgabe des Urteils ebenso erleichtert wie Frank Schneider. „Ich bin sehr froh über dieses Urteil. Vor allem für meinen Mandanten“, sagte Me Pol Urbany, der Anwalt von André Kemmer. Es sei die einzige richtige Entscheidung gewesen und „ein Zeichen von Richterkunst, aus dem Dossier dieses Urteil zu fällen“.
Er blickt auf einen „recht schwierigen“Prozess zurück. „Demnach weiß man nie, wie es ausgeht“, so Me Urbany. Die Ermittlungen seien sehr zulasten der Angeklagten verlaufen. „In solchen Fällen befürchtet man immer, dass sich die Richter beeinflussen lassen. Dies war nicht der Fall.“
„Angenehm überrascht“zeigte sich unterdessen Me Laurent Ries, der Anwalt von Frank Schneider. „Ich hatte mir nicht vorgestellt, dass es so schnell zu solch einem positiven Ausgang kommen würde“, meinte er nach der Urteilsverkündung. „Dem Prozessverlauf nach hatte ich nicht damit gerechnet.“Er habe während der Verhandlung nämlich das Gefühl gehabt, dass es Zeitdruck gegeben habe und nicht alle Punkte richtig durchdiskutiert werden konnten. Aber: „Das Gericht hat gute Arbeit geleistet und die Punkte, die von den Anwälten vorgebracht wurden, betrachtet und angenommen“, so Ries.
Me Laurent Niedner, Rechtsbeistand von Marco Mille, zeigte sich mit dem Urteil ebenfalls zufrieden. „Es ist das gewünschte Resultat. Wir wollten eine Verurteilung vermeiden, und dies ist uns gelungen“, erklärte er und betonte, dass er hoffe, dass das Dossier, das sich über lange Jahre hinzog, nun ein Ende finde.
hier aber
Das Gericht hat gute Arbeit geleistet.
Maître Laurent Ries,
Anwalt von Frank Schneider
Noch nicht rechtskräftig
Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Denn die Staatsanwaltschaft, die sich zum Abschluss der Verhandlung für eine Verurteilung der Angeklagten zu Geldstrafen ausgesprochen hatte, hat nun 40 Tage Zeit, um Berufung gegen das Urteil einzulegen. Ist dies der Fall, wird es zu einer weiteren Verhandlung in zweiter Instanz kommen. Eine Entscheidung, ob sie in Berufung geht, wird die Staatsanwaltschaft allerdings erst nach einer tiefgründigen Analyse des Urteils treffen, war auf Nachfrage zu erfahren.