Banking in Zeiten von Corona
Mitarbeiter im Homeoffice und eine gelähmte Wirtschaft
Kaum Investitionskredite für Unternehmen, kaum Immobilienkredite oder Darlehen für die Anschaffung eines Neufahrzeugs. Die Pandemie lähmt den Finanzsektor. Die Banken mussten auf ihre Notfallpläne für Krisensituationen zurückgreifen, über die sie von Rechts wegen verfügen müssen, damit der Zahlungsverkehr aufrechterhalten werden kann. Und weil die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Coronanotkaufprogramm für Anleihen um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro aufstockte und statt Bondkäufe zu drosseln nun sogar noch mehr kauft, haben es Banken als potenzielle Käufer auf dem Anleihemarkt schwer und können auch in diesem Bereich nur noch mit Mühe Geld verdienen.
Bei den Instituten in Luxemburg läuft das Geschäft wie überhaupt in der ganzen Wirtschaft momentan nur auf Sparflamme. Ein großer Ansturm nach Krediten mit Staatsgarantie als Hilfsmaßnahme für Unternehmen blieb bislang aus, während viele ein Moratorium ihrer laufenden Darlehen beantragt haben. Nun warten alle ab. Was während des Lockdowns deutlich zugenommen hat, sind bargeldlose Zahlung, Onlinehandel und Onlinebanking.
Wenige Mitarbeiter in den Büros
Die Corona-krise bedeutet für die Kreditinstitute große Veränderungen – nicht nur kurzfristig, weil viele im Homeoffice arbeiten, sondern auch langfristig. Die Ratingagentur Moody’s senkte den Ausblick für die Banken in der Eurozone auf negativ.
Spricht man mit den Instituten über die derzeitige Krise, so hört man unisono: „Diesmal sind wir Banken nicht die Ursache der Krise und wollen Teil der Lösung sein.“Das Virus veränderte auch das Arbeiten bei den Banken selbst. So sind zahlreiche Filialen geschlossen, Kunden werden zumeist am Telefon bedient und ein großer Teil der Mitarbeiter sind ins Homeoffice geschickt. Seit Anfang der Corona-krise und bis Mitte Juni arbeiteten beispielsweise 85 Prozent der Mitarbeiter von ING Luxembourg im Homeoffice. Nun hat die Bank eine sogenannte „Test-phase“organisiert, in der freiwillige Mitarbeiter wieder ins Büro kommen können. „Im Anschluss, ab dem 29. Juni werden die gesamten Mitarbeiter von ING Luxembourg in zwei Teams aufgeteilt“, erklärt Valérie Frénoy, Sprecherin von ING Luxembourg. „Team A kommt dann zwei Wochen lang ins Büro, während Team B von zu Hause arbeitet. Nach den zwei Wochen wird dann gewechselt.“So sind dann zu jeder Zeit nur 50 Prozent der Mitarbeiter in den Büros präsent.
Da die ING Luxembourg bereits Erfahrung in Télétravail hat, funktionierte das auch in der Corona-krise gut. „Arbeiten von zu Hause“klappt aber offenbar bei den meisten Banken reibungslos – zumindest, was die technischen Aspekte anbelangt. „Die Tools haben alle funktioniert, wie sie sollten“, so die ING Luxembourg. Es zahlt sich nun aus, wer zuvor in Digitalisierung investierte.
Wenn die Krise etwas zeigt, dann eines: Wer digitaler ist, ist im Vorteil. Auch bei der Banque Raiffeisen arbeitet momentan ungefähr die Hälfte der Mitarbeiter on-site im Hauptsitz oder in den Filialen. Sie berichtet von einer niedrigeren Geschäftstätigkeit während des Lockdowns, wie das wohl bei allen Banken der Fall war. Die Zahl der Kreditanträge ist krisenbedingt rückläufig, auch weil sich der Immobiliensektor in den letzten
Wochen nahezu im Ruhemodus befand. „Wir stellen aber jetzt eine klare Zunahme der Aktivitäten fest“, so Romain Funk, Sprecher der Banque Raiffeisen.
Frank Krings, CEO der Deutschen Bank Luxembourg, erklärt, dass zwischenzeitlich „wieder rund ein Viertel unserer Kolleginnen und Kollegen zeitweise im Büro tätig sind; in der Spitze waren es rund 90 Prozent, die nicht vor Ort im Büro anwesend waren.“
Es dürfte aber kein Zweifel darüber bestehen, dass der Coronalockdown einen Vorgeschmack auf das gibt, wie das Banking der Zukunft aussieht: vor allem digital. Selbst jetzt, da die Filialen wieder normal geöffnet sind, so die Banque Raiffeisen mit, nutzten Kunden verstärkt das Onlinebanking.
Bei der BGL BNP Paribas arbeitete am 10. März niemand von den 2 350 Mitarbeitern im Homeoffice. Drei Monate später sind 1 500 der Mitarbeiter mit Remote-workinglösungen ausgestattet worden „und es arbeiten quasi ständig 1 075 unserer Mitarbeiter im Homeoffice“, sagt Fabienne Dasnoy, Head of Corporate Culture & HR Social Responsibility der BGL BNP Paribas. 15 von 41 Filialen der BGL BNP Paribas empfingen die Kunden ausschließlich auf Termin, alle anderen Filialen blieben aus Sicherheitsgründen geschlossen. „Die Kunden zeigten sehr viel Verständnis für die Maßnahmen”, so Romain Girst, Directeur Banque de Détail der BGL BNP Paribas. Vor allem die Kundenberatung per Telefon habe zugenommen.
Telearbeit war bei der Bank ein bis 2021 angestrebtes Projekt. Durch die aktuelle Krise forciert nun das Unternehmen die Umsetzung. Bei grenzüberschreitender Arbeit ist Telearbeit allerdings nicht möglich, wenn bezüglich der betreffenden Funktion für BGL BNP Paribas das Risiko einer Einstufung als Auslandsbetriebsstätte bestehen könnte.
Die Tools haben alle funktioniert, wie sie sollten. Valérie Frénoy, ING Luxembourg