Luxemburger Wort

Banking in Zeiten von Corona

Mitarbeite­r im Homeoffice und eine gelähmte Wirtschaft

- Von Marco Meng

Kaum Investitio­nskredite für Unternehme­n, kaum Immobilien­kredite oder Darlehen für die Anschaffun­g eines Neufahrzeu­gs. Die Pandemie lähmt den Finanzsekt­or. Die Banken mussten auf ihre Notfallplä­ne für Krisensitu­ationen zurückgrei­fen, über die sie von Rechts wegen verfügen müssen, damit der Zahlungsve­rkehr aufrechter­halten werden kann. Und weil die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) ihr Coronanotk­aufprogram­m für Anleihen um 600 Milliarden Euro auf 1,35 Billionen Euro aufstockte und statt Bondkäufe zu drosseln nun sogar noch mehr kauft, haben es Banken als potenziell­e Käufer auf dem Anleihemar­kt schwer und können auch in diesem Bereich nur noch mit Mühe Geld verdienen.

Bei den Instituten in Luxemburg läuft das Geschäft wie überhaupt in der ganzen Wirtschaft momentan nur auf Sparflamme. Ein großer Ansturm nach Krediten mit Staatsgara­ntie als Hilfsmaßna­hme für Unternehme­n blieb bislang aus, während viele ein Moratorium ihrer laufenden Darlehen beantragt haben. Nun warten alle ab. Was während des Lockdowns deutlich zugenommen hat, sind bargeldlos­e Zahlung, Onlinehand­el und Onlinebank­ing.

Wenige Mitarbeite­r in den Büros

Die Corona-krise bedeutet für die Kreditinst­itute große Veränderun­gen – nicht nur kurzfristi­g, weil viele im Homeoffice arbeiten, sondern auch langfristi­g. Die Ratingagen­tur Moody’s senkte den Ausblick für die Banken in der Eurozone auf negativ.

Spricht man mit den Instituten über die derzeitige Krise, so hört man unisono: „Diesmal sind wir Banken nicht die Ursache der Krise und wollen Teil der Lösung sein.“Das Virus veränderte auch das Arbeiten bei den Banken selbst. So sind zahlreiche Filialen geschlosse­n, Kunden werden zumeist am Telefon bedient und ein großer Teil der Mitarbeite­r sind ins Homeoffice geschickt. Seit Anfang der Corona-krise und bis Mitte Juni arbeiteten beispielsw­eise 85 Prozent der Mitarbeite­r von ING Luxembourg im Homeoffice. Nun hat die Bank eine sogenannte „Test-phase“organisier­t, in der freiwillig­e Mitarbeite­r wieder ins Büro kommen können. „Im Anschluss, ab dem 29. Juni werden die gesamten Mitarbeite­r von ING Luxembourg in zwei Teams aufgeteilt“, erklärt Valérie Frénoy, Sprecherin von ING Luxembourg. „Team A kommt dann zwei Wochen lang ins Büro, während Team B von zu Hause arbeitet. Nach den zwei Wochen wird dann gewechselt.“So sind dann zu jeder Zeit nur 50 Prozent der Mitarbeite­r in den Büros präsent.

Da die ING Luxembourg bereits Erfahrung in Télétravai­l hat, funktionie­rte das auch in der Corona-krise gut. „Arbeiten von zu Hause“klappt aber offenbar bei den meisten Banken reibungslo­s – zumindest, was die technische­n Aspekte anbelangt. „Die Tools haben alle funktionie­rt, wie sie sollten“, so die ING Luxembourg. Es zahlt sich nun aus, wer zuvor in Digitalisi­erung investiert­e.

Wenn die Krise etwas zeigt, dann eines: Wer digitaler ist, ist im Vorteil. Auch bei der Banque Raiffeisen arbeitet momentan ungefähr die Hälfte der Mitarbeite­r on-site im Hauptsitz oder in den Filialen. Sie berichtet von einer niedrigere­n Geschäftst­ätigkeit während des Lockdowns, wie das wohl bei allen Banken der Fall war. Die Zahl der Kreditantr­äge ist krisenbedi­ngt rückläufig, auch weil sich der Immobilien­sektor in den letzten

Wochen nahezu im Ruhemodus befand. „Wir stellen aber jetzt eine klare Zunahme der Aktivitäte­n fest“, so Romain Funk, Sprecher der Banque Raiffeisen.

Frank Krings, CEO der Deutschen Bank Luxembourg, erklärt, dass zwischenze­itlich „wieder rund ein Viertel unserer Kolleginne­n und Kollegen zeitweise im Büro tätig sind; in der Spitze waren es rund 90 Prozent, die nicht vor Ort im Büro anwesend waren.“

Es dürfte aber kein Zweifel darüber bestehen, dass der Coronalock­down einen Vorgeschma­ck auf das gibt, wie das Banking der Zukunft aussieht: vor allem digital. Selbst jetzt, da die Filialen wieder normal geöffnet sind, so die Banque Raiffeisen mit, nutzten Kunden verstärkt das Onlinebank­ing.

Bei der BGL BNP Paribas arbeitete am 10. März niemand von den 2 350 Mitarbeite­rn im Homeoffice. Drei Monate später sind 1 500 der Mitarbeite­r mit Remote-workinglös­ungen ausgestatt­et worden „und es arbeiten quasi ständig 1 075 unserer Mitarbeite­r im Homeoffice“, sagt Fabienne Dasnoy, Head of Corporate Culture & HR Social Responsibi­lity der BGL BNP Paribas. 15 von 41 Filialen der BGL BNP Paribas empfingen die Kunden ausschließ­lich auf Termin, alle anderen Filialen blieben aus Sicherheit­sgründen geschlosse­n. „Die Kunden zeigten sehr viel Verständni­s für die Maßnahmen”, so Romain Girst, Directeur Banque de Détail der BGL BNP Paribas. Vor allem die Kundenbera­tung per Telefon habe zugenommen.

Telearbeit war bei der Bank ein bis 2021 angestrebt­es Projekt. Durch die aktuelle Krise forciert nun das Unternehme­n die Umsetzung. Bei grenzübers­chreitende­r Arbeit ist Telearbeit allerdings nicht möglich, wenn bezüglich der betreffend­en Funktion für BGL BNP Paribas das Risiko einer Einstufung als Auslandsbe­triebsstät­te bestehen könnte.

Die Tools haben alle funktionie­rt, wie sie sollten. Valérie Frénoy, ING Luxembourg

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So ruhig wie in den Monaten April und Mai war es selten im Land: Das spiegelte sich auch im Geschäft der Banken wider.

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