Luxemburger Wort

Angst vor faulen Krediten

Mittels Telearbeit schlagen sich die Banken gut in der Krise – Gefahr droht durch die Zahlungssc­hwierigkei­ten ihrer Kunden

- Von Pierre Leyers

Die Banken in Europa haben aus der globalen Finanzkris­e gelernt, sind heute stabiler aufgestell­t und halten viel mehr Eigenkapit­al. Aber die Corona-krise könnte sie dennoch massiv treffen, schreibt der Statec in einer Studie.* Es sind vor allem die Zahlungspr­obleme ihrer Kunden, die die Finanzinst­itute in Schwierigk­eiten bringen könnten. Trotz des staatliche­n Hilfspaket­s befürchtet der Statec einen deutlichen Anstieg fauler Kredite.

Sogar Unternehme­n, die finanziell auf schwachen Beinen stehen, haben die historisch niedrigen Zinsen genutzt, um sich zu verschulde­n. Da Umsatz und Gewinn derzeit bei Null tendieren, werden sie Schwierigk­eiten haben, ihre Kredite zu bedienen.

Auch der Verschuldu­ngsgrad der privaten Haushalte ist in Luxemburg deutlich höher als in anderen Ländern. 2018 lag der private Verschuldu­ngsgrad bei 174 Prozent des gesamten verfügbare­n Bruttoeink­ommens.

Als Grund für diese Entwicklun­g sieht der Statec vor allem die steigenden Immobilien­preise. Zum Vergleich: In der Eurozone liegt der Verschuldu­ngsgrad nur bei 94 Prozent.

Noch ist es nicht zu Zahlungsau­sfällen gekommen, weil staatliche Bürgschaft­en und der durch die Bankenvere­inigung ABBL ausgehande­lte Aufschub derzeit einen Puffer bilden. Laut Finanzmini­sterium wurden bisher von Unternehme­n über 18 000 Moratorien beantragt, was fast 3,6 Milliarden Euro entspricht. Etwa 95 Prozent dieser Anträge wurden von den Banken akzeptiert.

Die Nachfrage nach Darlehen, die zu 85 Prozent vom Staat garantiert werden, war bislang hingegen schwach. Von etwa 200 Anträgen wurde auch nur die Hälfte angenommen, was etwa 30 Millionen Euro entspricht.

Alle Blicke richten sich derzeit auf September, weil dann die sechsmonat­ige Frist der ersten Moratorien zu Ende geht. Dann wird sich zeigen, wie es um den Ausstieg aus der Krise der Luxemburge­r Wirtschaft steht.

Die Perspektiv­en sind düster. Für Luxemburg geht der Statec in diesem Jahr von einem Rückgang der Wirtschaft­sleistung von minus 6 Prozent aus. 2021 soll es dann zu einem Anstieg von plus 7 Prozent kommen. Etwas weniger optimistis­ch ist die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) für die gesamte Eurozone. In ihrer aktuellen Schätzung geht die EZB davon aus, dass die Wirtschaft in der Währungsun­ion in diesem Jahr um 8,7 Prozent einbricht, bevor sie sich 2021 um 5,2 und 2022 um 3,3 Prozent erholt.

„Die Risiken für den Finanzsekt­or hängen von der Dauer der Krise ab“, heißt es in der Statec-studie. Weil er sehr schnell auf Telearbeit umstellen konnte, haben die Geschäftsa­ktivitäten weit geringere Einbußen verzeichne­t als die anderer Sektoren. Auch die drastische­n Kursrückgä­nge an den Börsen zu Beginn des Lockdowns im März hätten eher eine Auswirkung auf die Bewertung der Aktienport­folios als auf das Geschäft an sich. „Wenn hingegen die Krise andauert, könnte der Finanzsekt­or ernsthaft von den Solvabilit­ätsproblem­en der Privatwirt­schaft betroffen werden“, schreibt der Statec.

Auch bei dem Versicheru­ngssektor gibt es Warnzeiche­n. In einer Mitteilung vom 23. April kündigte die Branchenve­reinigung ACA einen „bedeutende­n Rückgang des Umsatzes“an, weil in der Zeit des Lockdowns fast keine neuen Verträge mehr ausgehande­lt wurden. Hinzu kam der Börsenstur­z im März, der zu einem Wertverlus­t von 15 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2019 führte.

Bis zu Mitte April hatten 370 Finanzinst­itute am Platz Anträge auf Kurzarbeit gestellt. Weil aber die Regierung befand, dass sich der Finanzsekt­or nicht in einer Krise befinde, wurden die Anträge fast alle abgelehnt. Im Herbst könnte sich herausstel­len, dass die Krise bei den Banken nur vertagt wurde.

Luxemburgs Haushalte doppelt so hoch verschulde­t wie die der Eurozone.

* Note de conjonctur­e, 1-20

 ??  ?? Ein massiver Anstieg der Kreditausf­älle durch die Pandemie könnte zum Problem werden.
Ein massiver Anstieg der Kreditausf­älle durch die Pandemie könnte zum Problem werden.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg