Angst vor faulen Krediten
Mittels Telearbeit schlagen sich die Banken gut in der Krise – Gefahr droht durch die Zahlungsschwierigkeiten ihrer Kunden
Die Banken in Europa haben aus der globalen Finanzkrise gelernt, sind heute stabiler aufgestellt und halten viel mehr Eigenkapital. Aber die Corona-krise könnte sie dennoch massiv treffen, schreibt der Statec in einer Studie.* Es sind vor allem die Zahlungsprobleme ihrer Kunden, die die Finanzinstitute in Schwierigkeiten bringen könnten. Trotz des staatlichen Hilfspakets befürchtet der Statec einen deutlichen Anstieg fauler Kredite.
Sogar Unternehmen, die finanziell auf schwachen Beinen stehen, haben die historisch niedrigen Zinsen genutzt, um sich zu verschulden. Da Umsatz und Gewinn derzeit bei Null tendieren, werden sie Schwierigkeiten haben, ihre Kredite zu bedienen.
Auch der Verschuldungsgrad der privaten Haushalte ist in Luxemburg deutlich höher als in anderen Ländern. 2018 lag der private Verschuldungsgrad bei 174 Prozent des gesamten verfügbaren Bruttoeinkommens.
Als Grund für diese Entwicklung sieht der Statec vor allem die steigenden Immobilienpreise. Zum Vergleich: In der Eurozone liegt der Verschuldungsgrad nur bei 94 Prozent.
Noch ist es nicht zu Zahlungsausfällen gekommen, weil staatliche Bürgschaften und der durch die Bankenvereinigung ABBL ausgehandelte Aufschub derzeit einen Puffer bilden. Laut Finanzministerium wurden bisher von Unternehmen über 18 000 Moratorien beantragt, was fast 3,6 Milliarden Euro entspricht. Etwa 95 Prozent dieser Anträge wurden von den Banken akzeptiert.
Die Nachfrage nach Darlehen, die zu 85 Prozent vom Staat garantiert werden, war bislang hingegen schwach. Von etwa 200 Anträgen wurde auch nur die Hälfte angenommen, was etwa 30 Millionen Euro entspricht.
Alle Blicke richten sich derzeit auf September, weil dann die sechsmonatige Frist der ersten Moratorien zu Ende geht. Dann wird sich zeigen, wie es um den Ausstieg aus der Krise der Luxemburger Wirtschaft steht.
Die Perspektiven sind düster. Für Luxemburg geht der Statec in diesem Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von minus 6 Prozent aus. 2021 soll es dann zu einem Anstieg von plus 7 Prozent kommen. Etwas weniger optimistisch ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die gesamte Eurozone. In ihrer aktuellen Schätzung geht die EZB davon aus, dass die Wirtschaft in der Währungsunion in diesem Jahr um 8,7 Prozent einbricht, bevor sie sich 2021 um 5,2 und 2022 um 3,3 Prozent erholt.
„Die Risiken für den Finanzsektor hängen von der Dauer der Krise ab“, heißt es in der Statec-studie. Weil er sehr schnell auf Telearbeit umstellen konnte, haben die Geschäftsaktivitäten weit geringere Einbußen verzeichnet als die anderer Sektoren. Auch die drastischen Kursrückgänge an den Börsen zu Beginn des Lockdowns im März hätten eher eine Auswirkung auf die Bewertung der Aktienportfolios als auf das Geschäft an sich. „Wenn hingegen die Krise andauert, könnte der Finanzsektor ernsthaft von den Solvabilitätsproblemen der Privatwirtschaft betroffen werden“, schreibt der Statec.
Auch bei dem Versicherungssektor gibt es Warnzeichen. In einer Mitteilung vom 23. April kündigte die Branchenvereinigung ACA einen „bedeutenden Rückgang des Umsatzes“an, weil in der Zeit des Lockdowns fast keine neuen Verträge mehr ausgehandelt wurden. Hinzu kam der Börsensturz im März, der zu einem Wertverlust von 15 Prozent im Vergleich zum Jahresende 2019 führte.
Bis zu Mitte April hatten 370 Finanzinstitute am Platz Anträge auf Kurzarbeit gestellt. Weil aber die Regierung befand, dass sich der Finanzsektor nicht in einer Krise befinde, wurden die Anträge fast alle abgelehnt. Im Herbst könnte sich herausstellen, dass die Krise bei den Banken nur vertagt wurde.
Luxemburgs Haushalte doppelt so hoch verschuldet wie die der Eurozone.
* Note de conjoncture, 1-20