„Wichtige Rolle“
Banken sind Teil der Lösung, so der Abbl-präsident Guy Hoffmann
Schwieriges Kreditgeschäft, die EZB als Konkurrent auf dem Anleihemarkt und jetzt auch noch eine wirtschaftliche Rezession als Folge des Covid-19-lockdowns. Der Bankenplatz Luxemburg steht vor schweren Herausforderungen. Guy Hoffmann, seit 2011 Geschäftsführer der Banque Raiffeisen und seit 2018 Präsident des Bankenverbands ABBL, dessen Mandat als Vorsitzender erst letzte Woche um weitere zwei Jahre verlängert wurde, dazu im Interview.
Guy Hoffmann, das klassische Kreditgeschäft bringt nicht mehr so viel ein wie früher. Brauchen Banken neue Geschäftsfelder?
Und wenn ja, welche?
Ich glaube nicht, dass sich da jetzt fundamental etwas ändern wird. Das Bankgeschäft hat schon in den letzten fünf bis zehn Jahren einen enormen Wandel erlebt, wo sich auch viele selbst infrage stellen mussten. Das Kreditgeschäft hat an Rentabilität eingebüßt, so dass am Finanzplatz etwa 50 Prozent der Einnahmen der Banken aus dem Kreditgeschäft kommen. Es gibt aber auch Banken, bei denen das Kreditgeschäft traditionell bislang einen Großteil ihres Geschäfts ausmachte.
Mehr noch müssen sich die Banken selbst infrage stellen, wo neue Akteure auf den Markt drängen, sei es bei der Zahlungsdienstleistung oder der Kreditvergabe, und da müssen die Banken digital mithalten können. Allerdings ist es auch so, dass man beispielsweise beim Kreditgeschäft den Markt gut kennen muss. Google, Apple und wie sie alle heißen haben diese Kompetenzen vielleicht irgendwann, aber nicht in den nächsten zwei, drei Jahren. Ich glaube ebenso, dass das Kreditgeschäft, auch angesichts der aktuellen Krise, wieder ein rentableres Geschäft wird, weil das Risiko anders bepreist wird. Die Überliquidität der letzten Jahre hat dazu geführt, dass sehr viele Kredite vergeben wurden, während die Maßstäbe jetzt vielleicht etwas strenger werden und darauf ausgerichtet sind, was für die Gesamtökonomie gut ist.
Was sind die großen Herausforderungen für die Banken heute angesichts einer Wirtschaft, die nur mit angezogener Handbremse läuft?
Ja, das allein ist schon eine Herausforderung per se. In den letzten drei Monaten haben Banken kaum Neugeschäfte machen können. Wenn es heute der Wirtschaft schlecht geht, merken Banken mit einiger Verzögerung, Ende des Jahres und 2021 und 2022. Wenn Firmen insolvent gehen, die Mitarbeiter arbeitslos werden, das belastet auch das Bankgeschäft. Aber die Banken stehen auch insgesamt Herausforderungen gegenüber, wie wir sie aus den letzten Jahren kennen: die Kosten für die Umsetzung von Vorschriften wie Basel-iii, Basel-iv, Mifid – das alles ist für Banken eine große Kostenherausforderung, aber auch eine Herausforderung, das richtige Personal zu haben, denn man braucht spezifizierte Mitarbeiter, um den Reglementationen gerecht werden zu können.
Das heißt, es werden heute auch andere Berufsprofile gesucht?
Natürlich, man braucht für diese spezifischen Aufgabenfelder wie für das Risk Management oder Compliance die passenden qualifizierten Mitarbeiter. Andere als Banken sie vor zehn Jahren brauchten. Was ebenfalls wichtig ist, sind Spezialisten bei der Internetsicherheit. Hier müssen die Banken, aber auch das Land selbst, sich rüsten, denn die Cyberangriffe nehmen zu. Und beim Thema Nachhaltigkeit brauchen Banken auch Spezialisten, um Produkte zu entwickeln, um Unternehmen im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit analysieren zu können und auch, um nachhaltige Produkte verkaufen zu können.
Können Banken dazu beitragen, dass unsere Wirtschaft ökologisch und sozial nachhaltiger wird?
aufpassen, dass das nicht überdehnt wird, sonst würden wir den Wirtschaftsbereich, der die Überwindung der Krise finanziert, letztendlich unattraktiv machen. In einer Zeit, wo sehr auf Kosten geschaut wird, hat die ABBL auch die Aufgabe, Diskussionen, Debatten und Wissensaustausch mit unseren Mitgliedern anzuregen. Dazu gehören auch Regulationskompetenzen. Viele Gesellschaften haben weniger als 50 Mitarbeiter. Denen können wir als ABBL helfen, um zu sehen, welche Analysen nötig sind, welche Positionen geschaffen werden müssen, um die Vorschriften umzusetzen. Auch beim Finanzwissen der Bevölkerung, sei es in der Schule aber auch danach, kann die ABBL eine wichtige Komponente sein, woran wir derzeit auch zusammen mit der Finanzaufsichtsbehörde CSSF arbeiten. Und, ebenfalls ein wichtiger Punkt ist die Zusammenarbeit mit anderen Berufs- und Branchenverbänden, dem Fondsverband Alfi, der Agentur Luxembourg for Finance, dem Versicherungsverband ACA. Da gibt es so viele Überschneidungen, dass es nicht gut ist, wenn jeder das Rad neu erfindet. Das auszubauen und Synergien zu finden, ist ebenfalls eine Hauptaufgabe der ABBL.
Welche Auswirkungen hat die derzeitige Krise auf die hiesigen Banken und den Finanzplatz?
Momentan noch relativ wenig. Der Staat hat eine Reihe an kurzfristigen Maßnahmen ergriffen, um die Wirtschaft zu stützen. Wenn aber bis Ende des Jahres die Wirtschaft nicht wieder läuft, dann wird es für Unternehmen schwer, die Krise zu überleben. Dann würde die Arbeitslosigkeit steigen, und das wäre brandgefährlich, wenn die Menschen keine Arbeit mehr haben. Wir haben 200 000 Grenzgänger, und damit steht und fällt das Luxemburger Wirtschaftsmodell. Wenn die nicht mehr in die Kassen einzahlen würden, wenn die nicht mehr konsumieren im Land und die Wirtschaft mittragen, dann schlägt der Effekt im nächsten Jahr voll auf die Banken durch.