An neuen It-systemen führt kein Weg vorbei
Banken mit sinkenden Erträgen, aber steigenden Investitionskosten
Um die Kennzahlen der Luxemburger Banken richtig einordnen zu können, lohnt ein Blick zurück zum Beginn des Jahrzehnts: Ende 2009/Anfang 2010 hatte man noch mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen; die Zinsen fielen auf ein damals unvorstellbares Niveau und eine ausgeprägte Unsicherheit war allgegenwärtig.
Obwohl das Zinsniveau sich seitdem weiter verschlechtert und sich die Anzahl der Banken von 149 auf 127 (davon 42 in der Form einer Niederlassung) verringert hat, liegt das gesamte Zinsergebnis aller Luxemburger Banken Ende 2019 auf dem Niveau von 2009 und weist den höchsten Wert seit 2012 auf.
Interessant ist auch die Entwicklung des Provisionsergebnisses sowie dessen Relation zum Zinsergebnis: Während die Zinsen 2009 noch für das Doppelte der Erträge aus Provisionen verantwortlich waren, ist das Verhältnis heute ausgeglichen. 2019 hat das Provisionsergebnis aller Luxemburger Banken erstmals die 5-Milliarden-marke überschritten. Im Jahresvergleich bzw. Zehn-jahresvergleich bedeutet dies eine Steigerung von drei Prozent bzw. 63 Prozent. Hauptgründe hierfür sind die positive Entwicklung der Aktienmärkte und vor allem die Weiterentwicklung des Investmentfondsstandorts Luxemburg.
Der Trend beim Jahresüberschuss
zeigt nach unten
Trotz dieser positiven Entwicklung zeigt der Trend beim Jahresüberschuss kontinuierlich nach unten. Insbesondere aufgrund stark angestiegener Ausgaben liegt der Jahresüberschuss um 20 Prozent unter dem Wert aus 2009. Während die gesamte Mitarbeiterzahl in den letzten zehn Jahren nahezu unverändert geblieben ist, sind die Personalaufwendungen um ca. 1,1 Milliarde Euro bzw. 43 Prozent gestiegen. Ca. die Hälfte dieser Steigerung entfällt auf sechs Indexerhöhungen in diesem Zeitraum. Einen noch stärkeren Anstieg weisen die sonstigen Ausgaben auf; hier kommt es im 10-Jahresvergleich durch Investitionen in die It-infrastruktur, Restrukturierungen und regulatorische Projekte nahezu zu einer Verdopplung von zwei auf vier Milliarden Euro.
Diese Zahlen und Entwicklungen zeigen deutlich die aktuelle Zwickmühle der Banken auf: Hohe Investitionen sind und werden an der Tagesordnung sein, um den heutigen Anforderungen an die Digitalisierung und die gestiegenen Kundenerwartungen gerecht zu werden. Langfristig müssen jedoch die sogenannten „Cost to serve“deutlich reduziert werden, um auch finanziell wettbewerbsfähig zu bleiben.
Dies wird jedoch kaum zu realisieren sein, da viele Banken weiterhin auf veraltete It-systeme vertrauen und diese über die Jahre speziell auf ihre individuellen Bedürfnisse und Geschäftsmodelle angepasst haben. Die aktuellen Investitionen dienen vornehmlich dazu, an diesen über die Jahre gewachsenen Systemlandschaften weitere Anpassungen vorzunehmen und können allenfalls kurzfristig helfen. Die Banken zögern, die Systeme, mit denen sie bislang erfolgreich waren, aufzugeben. Sie fürchten die beträchtlichen Investitionskosten, aber auch die Unsicherheit von neuen Systemen. Dabei liegt es auf der Hand: Die Banken können es sich nicht weiter leisten, ihre Altsysteme durch weitere Anpassungen zu einem Flickenwerk zu machen, ebenso wenig können sie davon ausgehen, dass dies langfristig zu einem Wettbewerbsvorteil und sinkenden Kosten führen wird.
Die Kunden von heute vergleichen nicht mehr die Banken untereinander, sondern stellen Vergleiche mit Fintechs und anderen Unternehmen aus anderen Sektoren an. Sie erwarten die benutzerfreundlichen Anwendungen von z.b. Paypal, Amazon, Google usw. auch von ihren Banken. Dass diese Unternehmen dabei unbelastet von alten Infrastrukturen sind und anderen regulatorischen Vorgaben unterliegen interessiert den Kunden am Ende nur bedingt.
Vor diesem Hintergrund müssen Banken sich mit der Ablösung ihrer Altsysteme beschäftigen und verstärkt eine neue digitale Infrastruktur implementieren. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis sich
Marco Weber die Mehrheit für neue Systeme entscheiden wird.
Natürlich kommt man in der aktuellen Situation nicht an dem Thema Covid-19 vorbei. Die Zahlen per 31. März 2020 der Luxemburger Banken zeigen noch keine wesentlichen Veränderungen, jedoch sind durch die gefallenen und volatilen Aktienmärkte Einbußen beim Provisionsergebnis sowie durch erwartete Kreditausfälle eine Erhöhung der Wertberichtigungen abzusehen.
Für detailliertere Prognosen ist es aktuell noch zu früh. Jedoch zeigt sich bei diesem Thema auch, wie schnell die Banken und die Aufsicht reagieren können: War vor der Pandemie Home Office bei
Das Thema Covid19 zeigt eines deutlich auf: Die Banken können, auch wenn in diesem Fall durch externe Einflüsse notwendig, schnell reagieren.
den meisten Banken, auch aufgrund der Steuerproblematik mit den Grenzgängern ein untergeordnetes Thema, so wurde innerhalb kürzester Zeit fast der gesamten Belegschaft das Arbeiten von zu Hause ermöglicht.
Laut CSSF haben zum Höhepunkt der Krise 98 Prozent der Mitarbeiter das Home Office genutzt. Die Aufsicht hat für die nächsten Wochen ein Rundschreiben angekündigt, das die zukünftigen Richtlinien für das Home Office festlegen soll. Abzuwarten bleibt, wie sich die Finanzämter von Deutschland, Frankreich und Belgien verhalten werden, denn ohne die entsprechenden steuerlichen Regeln für Grenzgänger wird sich das Arbeiten von zu Hause, zumindest für diese Population, nicht durchsetzen können.
Das Thema Covid-19 zeigt aber auch eines deutlich auf: Die Banken können, auch wenn in diesem Fall durch externe Einflüsse notwendig, schnell reagieren. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch in anderen Bereichen geschehen wird: Nur durch entsprechende Investitionen in neue Systeme und eine neue digitale Infrastruktur kann es gelingen, die Kosten nachhaltig zu senken, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
* Marco Weber ist Partner im
Wirtschaftsprüfung bei KPMG.
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