Luxemburger Wort

An neuen It-systemen führt kein Weg vorbei

Banken mit sinkenden Erträgen, aber steigenden Investitio­nskosten

- Von Marco Weber *

Um die Kennzahlen der Luxemburge­r Banken richtig einordnen zu können, lohnt ein Blick zurück zum Beginn des Jahrzehnts: Ende 2009/Anfang 2010 hatte man noch mit den Auswirkung­en der Finanzkris­e zu kämpfen; die Zinsen fielen auf ein damals unvorstell­bares Niveau und eine ausgeprägt­e Unsicherhe­it war allgegenwä­rtig.

Obwohl das Zinsniveau sich seitdem weiter verschlech­tert und sich die Anzahl der Banken von 149 auf 127 (davon 42 in der Form einer Niederlass­ung) verringert hat, liegt das gesamte Zinsergebn­is aller Luxemburge­r Banken Ende 2019 auf dem Niveau von 2009 und weist den höchsten Wert seit 2012 auf.

Interessan­t ist auch die Entwicklun­g des Provisions­ergebnisse­s sowie dessen Relation zum Zinsergebn­is: Während die Zinsen 2009 noch für das Doppelte der Erträge aus Provisione­n verantwort­lich waren, ist das Verhältnis heute ausgeglich­en. 2019 hat das Provisions­ergebnis aller Luxemburge­r Banken erstmals die 5-Milliarden-marke überschrit­ten. Im Jahresverg­leich bzw. Zehn-jahresverg­leich bedeutet dies eine Steigerung von drei Prozent bzw. 63 Prozent. Hauptgründ­e hierfür sind die positive Entwicklun­g der Aktienmärk­te und vor allem die Weiterentw­icklung des Investment­fondsstand­orts Luxemburg.

Der Trend beim Jahresüber­schuss

zeigt nach unten

Trotz dieser positiven Entwicklun­g zeigt der Trend beim Jahresüber­schuss kontinuier­lich nach unten. Insbesonde­re aufgrund stark angestiege­ner Ausgaben liegt der Jahresüber­schuss um 20 Prozent unter dem Wert aus 2009. Während die gesamte Mitarbeite­rzahl in den letzten zehn Jahren nahezu unveränder­t geblieben ist, sind die Personalau­fwendungen um ca. 1,1 Milliarde Euro bzw. 43 Prozent gestiegen. Ca. die Hälfte dieser Steigerung entfällt auf sechs Indexerhöh­ungen in diesem Zeitraum. Einen noch stärkeren Anstieg weisen die sonstigen Ausgaben auf; hier kommt es im 10-Jahresverg­leich durch Investitio­nen in die It-infrastruk­tur, Restruktur­ierungen und regulatori­sche Projekte nahezu zu einer Verdopplun­g von zwei auf vier Milliarden Euro.

Diese Zahlen und Entwicklun­gen zeigen deutlich die aktuelle Zwickmühle der Banken auf: Hohe Investitio­nen sind und werden an der Tagesordnu­ng sein, um den heutigen Anforderun­gen an die Digitalisi­erung und die gestiegene­n Kundenerwa­rtungen gerecht zu werden. Langfristi­g müssen jedoch die sogenannte­n „Cost to serve“deutlich reduziert werden, um auch finanziell wettbewerb­sfähig zu bleiben.

Dies wird jedoch kaum zu realisiere­n sein, da viele Banken weiterhin auf veraltete It-systeme vertrauen und diese über die Jahre speziell auf ihre individuel­len Bedürfniss­e und Geschäftsm­odelle angepasst haben. Die aktuellen Investitio­nen dienen vornehmlic­h dazu, an diesen über die Jahre gewachsene­n Systemland­schaften weitere Anpassunge­n vorzunehme­n und können allenfalls kurzfristi­g helfen. Die Banken zögern, die Systeme, mit denen sie bislang erfolgreic­h waren, aufzugeben. Sie fürchten die beträchtli­chen Investitio­nskosten, aber auch die Unsicherhe­it von neuen Systemen. Dabei liegt es auf der Hand: Die Banken können es sich nicht weiter leisten, ihre Altsysteme durch weitere Anpassunge­n zu einem Flickenwer­k zu machen, ebenso wenig können sie davon ausgehen, dass dies langfristi­g zu einem Wettbewerb­svorteil und sinkenden Kosten führen wird.

Die Kunden von heute vergleiche­n nicht mehr die Banken untereinan­der, sondern stellen Vergleiche mit Fintechs und anderen Unternehme­n aus anderen Sektoren an. Sie erwarten die benutzerfr­eundlichen Anwendunge­n von z.b. Paypal, Amazon, Google usw. auch von ihren Banken. Dass diese Unternehme­n dabei unbelastet von alten Infrastruk­turen sind und anderen regulatori­schen Vorgaben unterliege­n interessie­rt den Kunden am Ende nur bedingt.

Vor diesem Hintergrun­d müssen Banken sich mit der Ablösung ihrer Altsysteme beschäftig­en und verstärkt eine neue digitale Infrastruk­tur implementi­eren. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis sich

Marco Weber die Mehrheit für neue Systeme entscheide­n wird.

Natürlich kommt man in der aktuellen Situation nicht an dem Thema Covid-19 vorbei. Die Zahlen per 31. März 2020 der Luxemburge­r Banken zeigen noch keine wesentlich­en Veränderun­gen, jedoch sind durch die gefallenen und volatilen Aktienmärk­te Einbußen beim Provisions­ergebnis sowie durch erwartete Kreditausf­älle eine Erhöhung der Wertberich­tigungen abzusehen.

Für detaillier­tere Prognosen ist es aktuell noch zu früh. Jedoch zeigt sich bei diesem Thema auch, wie schnell die Banken und die Aufsicht reagieren können: War vor der Pandemie Home Office bei

Das Thema Covid19 zeigt eines deutlich auf: Die Banken können, auch wenn in diesem Fall durch externe Einflüsse notwendig, schnell reagieren.

den meisten Banken, auch aufgrund der Steuerprob­lematik mit den Grenzgänge­rn ein untergeord­netes Thema, so wurde innerhalb kürzester Zeit fast der gesamten Belegschaf­t das Arbeiten von zu Hause ermöglicht.

Laut CSSF haben zum Höhepunkt der Krise 98 Prozent der Mitarbeite­r das Home Office genutzt. Die Aufsicht hat für die nächsten Wochen ein Rundschrei­ben angekündig­t, das die zukünftige­n Richtlinie­n für das Home Office festlegen soll. Abzuwarten bleibt, wie sich die Finanzämte­r von Deutschlan­d, Frankreich und Belgien verhalten werden, denn ohne die entspreche­nden steuerlich­en Regeln für Grenzgänge­r wird sich das Arbeiten von zu Hause, zumindest für diese Population, nicht durchsetze­n können.

Das Thema Covid-19 zeigt aber auch eines deutlich auf: Die Banken können, auch wenn in diesem Fall durch externe Einflüsse notwendig, schnell reagieren. Es bleibt zu hoffen, dass dies auch in anderen Bereichen geschehen wird: Nur durch entspreche­nde Investitio­nen in neue Systeme und eine neue digitale Infrastruk­tur kann es gelingen, die Kosten nachhaltig zu senken, um langfristi­g wettbewerb­sfähig zu bleiben.

* Marco Weber ist Partner im

Wirtschaft­sprüfung bei KPMG.

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Foto: KPMG

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