Nachhaltigkeit ist „aktueller denn je“
Banken in Luxemburg passen ihr Geschäftsmodell an, um den grünen Wandel zu begleiten
„Sustainable Finance“ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus gerückt. Der Grund: Die Finanzakteure werden sich zunehmend bewusst, dass der Klimawandel Auswirkungen auf das Finanzsystem hat. Dazu kommt, dass Nachhaltigkeit in Europa regulatorischen Rückenwind hat. Beispielhaft dafür steht die letzte Woche im Europaparlament angenommene sogenannte Taxonomie-verordnung. „Mit der Verordnung wird die weltweit erste ,grüne Liste‘ für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten geschaffen – ein neues gemeinsames Klassifizierungssystem mit einheitlichen Begrifflichkeiten, das Anleger überall verwenden können, wenn sie in Projekte und Wirtschaftstätigkeiten mit erheblichen positiven Klimaund Umweltauswirkungen investieren wollen“, heißt es bei der Europäischen Kommission, die den Vorschlag im Jahr 2018 vorgelegt hatte. „Die Taxonomie wird es Anlegern ermöglichen, ihre Investitionen stärker auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen auszurichten, und damit entscheidend dazu beitragen, dass die Europäische Union bis 2050 klimaneutral wird.“
Der Luxemburger Finanzplatz hat Nachhaltigkeit derweil längst zu seinem Markenzeichen gemacht. Mit Erfolg: Beim „Global Green Finance Index“, der die Verbreitung von grünen Finanzprodukten von großen Finanzzentren unter die Lupe nimmt, spielt Luxemburg vorne mit; in der letzten Ausgabe kam das Großherzogtum auf Platz zwei hinter Amsterdam (Stand: März 2020). Wie wichtig Nachhaltigkeit für den Finanzplatz hierzulande allgemein ist, zeigt sich allen voran an der bereits im Jahr 2016 von der Luxemburger Börse eingerichteten Plattform für grüne Finanzinstrumente – die „Luxembourg Green Echange“(LGX). Auf dieser Plattform sind bis zum 31. Mai 2020 Wertpapiere in Höhe von 278,4 Milliarden Euro gehandelt worden. „Als internationaler Finanzplatz steht Luxemburg an der Spitze der Agenda für grüne Finanzen und ist ein wichtiger Akteur in diesem Bereich“, erklärt Julie Becker, Deputy-ceo der Börse. „Luxemburg ist sehr gut positioniert, um die Entwicklung verantwortungsbewusster Finanzen und nachhaltiger Investitionen weiterhin stark zu fördern. Der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung, die verschwinden wird.“So ist die Zukunft des Finanzwesens notwendigerweise nachhaltig, erklärt Becker weiter. „Wir sind davon überzeugt, dass sich das Tempo des Wandels in den kommenden Jahren nur noch beschleunigen wird.“
Ein „relevanter Trend“
Vor diesem Hintergrund unterstützen viele Finanzinstitute schon heute den grünen Wandel im Finanzsystem. Das zeigt sich an den Ergebnissen einer im Jahr 2019 veröffentlichten
Julie Becker ist Deputy-ceo der Luxemburger Börse; sie hat die Plattform für grüne Finanzinstrumente „Luxembourg Green Exchange“(LGX) gegründet.
Marktstudie der Luxemburger Bankenvereinigung ABBL und PWC Luxemburg, die „ABBL Sustainable Finance Market Study“. Demnach sehen 100 Prozent aller Befragten „Sustainable Finance“als einen „relevanten Trend im Bankensektor“; 72 Prozent geben an, dass bestimmte Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit bereits ergriffen worden sind – die Studie beruht auf den
Antworten von rund 70 CEOS von Finanzinstituten in Luxemburg.
Bei der Quintet Private Bank ist Nachhaltigkeit bereits Bestandteil der Anlagestrategie, wie James Purcell, „Group Head of ESG Investment“, erklärt. „Bei Krediten beispielsweise setzen wir auf grüne Anleihen – Anleihen, deren Erlöse für Nachhaltigkeitszwecke vorgesehen sind – anstelle von traditionellen Unternehmenskrediten.“Die Banken Spuerkeess und Raiffeisen haben sich ihrerseits den „UNEP FI Principles for Responsible Banking“(Deutsch: „Prinzipien für verantwortliches Bankwesen“) angeschlossen und damit das Engagement, einen positiven Beitrag zur Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zu leisen, festgehalten. Dabei handelt es sich um eine internationale Initiative, die sich die Förderung eines nachhaltigen Finanzwesens auf die Fahne geschrieben hat. Die Prinzipien gehen auf die Finanzinitiative des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, kurz: UNEP FI, zurück.
„Damit beabsichtigt die Spuerkeess nun, ihre Aktivitäten im Bereich Nachhaltigkeit zu intensivieren, und hat ein erstes Projekt gestartet, um die wichtigsten ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Bank- und Finanztätigkeiten zu identifizieren“, erklärt Generalsekretär Marco Rasqué. „Danach wird die Spuerkeess im Kontext einer sogenannten Esgroadmap spezielle Strategien entwickeln. Das Ziel ist, durch ein langfristiges Engagement zusammen mit allen Interessengruppen – sprich: die Kunden, Mitarbeiter, Geschäftspartner und die Zivilgesellschaft – dazu beizutragen, das Ökosystem kontinuierlich nachhaltiger zu gestalten.“
Auch bei der Raiffeisen Bank wird derzeit eine Analyse aller Tätigkeiten der Bank durchgeführt, um „unsere nachhaltigen Ziele festzulegen“, wie Kommunikationsdirektor Romain Funk erklärt. „Diese neuen Ziele werden selbstverständlich Auswirkungen auf unser Produkt- und Dienstleistungsangebot haben.“Bei der Bank gibt es bereits viele Initiativen, die darauf abzielen, mehr Nachhaltigkeit im Geschäft zu fördern, wie Romain Funk betont – „im Jahr 2015 haben wir beispielsweise das Esr-label vom ,Institut National pour le Développement durable et de la Responsabilité sociale des entreprises‘ (INDR) erhalten.“Das Label wird an Unternehmen vergeben, die sich für nachhaltige Entwicklung einsetzen. „Darüber hinaus hat die Raiffeisen Bank ihr Angebot an nachhaltigen Produkten und
Dienstleistungen schrittweise erweitert“, so der Kommunikationsdirektor. „Ziel ist, unseren Kunden eine umfassende Palette nachhaltiger Produkte anzubieten.“
Nachhaltig aus der Krise
Die Corona-krise hat derweil die Diskussion rund um Nachhaltigkeit nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil: „Das Thema Nachhaltigkeit ist aktueller denn je“, erklärt Marco Rasqué von der Spuerkeess. „Die Corona-viruspandemie sollte zu einem tieferen Verständnis der globalen Zusammenhänge führen und so dazu beitragen, die größte Bedrohung für die Volksgesundheit, nämlich die Klimakrise, in den Griff zu bekommen.“Nach der Krise ist es wichtig, dass „politische Entscheidungsträger und Investoren sich darauf konzentrieren, ,besser wieder aufzubauen‘, Technologien zu entwickeln und die Investitionen zu machen, die sowohl für den Planeten als auch für das Wirtschaftswachstum besser sind“, findet auch James Purcell von der Quintet Private Bank.
„Beim nachhaltigen Finanzwesen geht es darum, Kapitalströme in nachhaltige Investitionsprojekte umzulenken und durch finanzielle Investitionen zu einer positiven sozialen oder ökologischen Wirkung beizutragen“, erklärt Julie Becker von der Luxemburger Börse. „Die Covid-19-krise hat die Dynamik rund um den Klimawandel nur beschleunigt.“
Der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit ist keine Modeerscheinung. Julie Becker, Deputy-ceo der Börse