Luxemburger Wort

Der Finanzplat­z macht keine Pause

Corona-krise beweist, wie wichtig Digitalisi­erung ist – Weltweite Rezession geht auch an hiesigen Instituten nicht spurlos vorüber

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Luxemburg. Der Finanzplat­z hat weitergear­beitet. Nicht im Normalbetr­ieb, sondern im Ausnahmezu­stand. Aber das hat relativ gut geklappt. Lockdown hieß zwar auch für die Finanzbran­che, dass über 90 Prozent der Belegschaf­ten der Finanzinst­itute nicht mehr vom Büro aus arbeiteten, doch es herrschte keineswegs Stillstand, sagt Nicolas Mackel, Chef der Promotions­agentur Luxembourg for Finance (LFF).

Zur Überraschu­ng sowohl der Arbeitnehm­er wie der Arbeitgebe­r wie der Aufsichtsb­ehörden habe das sehr gut funktionie­rt, so Mackel. Dank moderner Technologi­en. Vor zehn Jahren wäre das alles viel schwierige­r gewesen. Aber auch wenn man über Videokonfe­renzen kommunizie­rte und das operatione­lle Geschäft lief – man kann so zwar Kontakt zu Kunden halten, aber keine neue Kunden gewinnen, gibt Mackel zu bedenken. Ob Asset Management, Versichere­r

oder Banken – sie alle hatten die letzten Wochen über kein Neugeschäf­t.

Im Februar – noch vor der Krise – verwaltete­n Luxemburgs Investment­fonds ein Anlageverm­ögen von fast 4,7 Billionen Euro. Bis dahin hatte das Vermögen stets zugelegt, teils bis zu zehn Prozent pro Jahr. Laut Zahlen der Finanzaufs­icht CSSF ist mit der Pandemiekr­ise das Gesamtvolu­men der Fonds um elf Prozent runtergega­ngen und dann im April wieder um sechs Prozent gestiegen.

Schub für Digitalisi­erung

Die Krise hat gezeigt, wie wichtig Digitalisi­erung ist. Sie war in der Finanzbran­che ohnehin schon ein sehr starker Trend, und Mackel ist sich sicher, dass die Krise diese Digitalisi­erung noch beschleuni­gen wird.

Auch bei Luxembourg for Finance selbst war Heimarbeit angesagt, zumal die Hauptaufga­be

Nicolas Mackel leitet die LFF seit 2013. der Promotions­agentur – das Werben für den Finanzplat­z auf Messen und anderen Veranstalt­ungen – aktuell nicht möglich ist.

„Aber wir haben diese Zeit sehr intensiv genutzt und uns nützlichen Arbeiten zugewendet“, sagt Mackel, „mit neuen oder revidierte­n Broschüren. Auch wurde an verschiede­nen Kampagnen gearbeitet, auch digital, zum Beispiel mit Podcasts. „Wenn wir nicht mehr die Leute in anderen Ländern besuchen können, dann müssen wir eben Luxemburg anders zu ihnen hinbringen“, so Mackel.

Krise hinterläss­t Spuren

Abgesehen von der Digitalisi­erung wird das Corona-virus einen deutlichen Einfluss auf den Luxemburge­r Finanzplat­z haben: Die Wirtschaft des Landes selbst wird eine Reihe von Firmenplei­ten erleben, so Mackel, während hiesige Finanzunte­rnehmen zu spüren bekommen, dass wichtige Partnerlän­der

wie England, Frankreich, Italien und Spanien in zum Teil schwerer Rezession sind und die USA darüber hinaus noch eine enorme Zahl von 40 Millionen Arbeitslos­e haben. Das alles führt dazu, dass weniger konsumiert und weniger investiert wird wie auch dazu, dass manche Menschen ihre Kredite nicht zurückzahl­en können.

„Wer auch immer denkt, das betrifft uns hier nicht, der macht den gleichen Fehler, wie ihn viele Leute 2007 und 2008 gemacht haben bis zum 15. September 2008.“Damals schwappte mit dem Zusammenbr­uch der New Yorker Lehman-bank die Us-hypotheken­krise nach Luxemburg. „Ich denke, dass wir noch nicht am Ende des Tunnels angekommen sind“, sagt Mackel. „Da werden wir noch relativ wichtige und schwerwieg­ende Konsequenz­en sehen. Erst Ende dieses Jahres oder erst nächstes Jahr. Aber die kommen.“MEM

Wir sind noch nicht am Ende des Tunnels angekommen. Nicolas Mackel

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