Mehr Aufwand, weniger Ertrag
Die großen Herausforderungen für Europas Banken: Corona überwinden und weiter Kosten sparen
Die Bankenbranche stellt einen wichtigen Eckpfeiler in unserem Wirtschaftssystem dar. Die Geschäftserfolge der ansässigen Institute beeinflussen die Stärke des Landes und in gewisser Weise die der gesamten Europäischen Union. Der Sektor kennzeichnet sich durch hohen Kostendruck und die Lasten der jahrelangen Minuszinspolitik der EZB. Die Strafzinsen wiegen schwer, legen das Einlagengeschäft „lahm“und machen es zum Verlustbringer. Ein Ende ist nicht in Sicht. Kleinere Institute erhielten zwar Erleichterungen durch die Ezb-beschlüsse vom Sommer 2019, doch die Vergünstigungen wiegen die desaströse Ertragslage nicht auf.
Corona bleibt Damoklesschwert
Über der Frage nach einem schnellen turn-around bei Banken schwebt das Damoklesschwert Corona. Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO mitteilte, schätzt sie die Pandemierisiken wieder stärker ein. Momentan sind die Pandemiezahlen auf dem amerikanischen Kontinent wieder im Anstieg, die zweite Welle dürfte in Europa unter den Wirtschaftsakteuren neuen Flurschaden anrichten. Als Schlüsselfaktor im Kreislauf sind die Banken wieder von mehr Kreditausfällen betroffen, die Kreditrisikovorsorge muss deutlich erhöht werden.
Für die anderen Branchen ist es ebenfalls noch ein langer Weg zur Normalität. Das bedeutet, viele Effekte der Rezession kommen verspätet in den Bankbilanzen an. Dass die EZB dem Kreditgewerbe in diesem und kommenden Jahr viel zusätzliches Geld zur Verfügung stellt, ist bekannt. Doch der Einsatz der Mittel nützt der Wirtschaft wenig, da das Kapital in Vermögenswerte fließt wie die Aktienkursentwicklung der letzten Wochen zeigt. Banken selbst profitieren vom Anstieg dieser Assetpreise kaum, da sie seit langem wegen des rigiden Aufsichtsrechts den Eigenhandel dezimiert halten.
Wenig Kosteneffizienz
Die Finanzinstitute und Fintechs hatten 2019 ein wechselhaftes Jahr. Die allgemeine Abkühlung der Konjunktur und die lange Unsicherheit über einen schwelenden Handelskonflikt hat auch in den Bankbilanzen Spuren hinterlassen.
Institute mit einer starken Verbindung nach Großbritannien mussten deutliche Mehrkosten wegen der Abfederung der Brexit-folgen stemmen. Angelsächsische Konzerne suchten verstärkt den Weg aufs Festland, auch ins Großherzogtum, sei es um Finanzgesellschaften zu gründen oder auch um Assets aus London wegzuverlagern.
Das Hauptproblem ist die Minuszinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die Kosten durch
Strafzinsen belasten die Gewinnund Verlustrechnung der Banken.
An der Auslage neuer Kredite verdient man zu wenig, da geht der Margendruck weiter. Die systemrelevanten Bankengruppen, die im Euroland operieren, haben auch somit schlechte Kennzahlen. Die Cost-income-ratio der Häuser liegt zwischen 70 und 75 Prozent. Das bedeutet, ein Institut muss zwischen 75 und 100 Cents aufwenden, um einen Euro Ertrag zu erwirtschaften. Die neuesten Zahlen für führende Us-banken weisen eine Größe von 59 aus. Europäische Geldhäuser hinken also immer noch weit hinterher.
Innerhalb der Institute aus Euländern fallen deutsche Banken direkt ins Auge. Sie sind die mit dem größten Ertragsdruck. Bislang hat der Einfluss des deutschen Staates als Großaktionär bei der Commerzbank kaum Impulse geben können. Nach der definitiven Absage zu einer Fusion mit Deutsche Bank melden sich nun Eigner, die klare Veränderungen antreiben. So hat Investor Cerberus im Juni seine Forderung gegenüber dem Commerzbank-aufsichtsrat formuliert, nachhaltige Veränderung in der Führung der Bank zu erwirken. Man will eine neue strategische Ausrichtung der Bank zum Wohl aller Stakeholder. Das Beispiel kann Schule machen und andere Institute erhalten schon bald ähnliche „Brandbriefe“ihrer Aktionäre. Insgesamt sind die Zeiten schlecht für Investments in Bankaktien.
Bei der Deutschen Bank war zu hören: „Wir haben genügend Kapital, um schwere Wirtschaftskrisen durchzustehen!“Für die Ertragslage wird auch 2020 keine deutliche Besserung im Rahmenszenario erwartet. So wird man für das zweite Quartal weitere 800 Millionen Euro für mögliche Kreditausfälle zurückstellen müssen. Hier verstärkt sich die Konzentration auf die Heimatmärkte, den Umbau von Strukturen und Reduzierung beim Personal. Wie Risiko-vorstand
Stuart Lewis beteuerte, soll sich das operative Geschäft besser als erwartet entwickeln.
Relativ moderater wirtschaftlicher Druck liegt auf der BNP Paribas-gruppe. Die Geschäftszahlen zum ersten Quartal hatten noch wenig offenbart, hier ging der Gewinn lediglich um rund zwei Prozent zurück. Beim Ausblick für das Gesamtjahr 2020 hat das Institut einen Rückgang des Jahresgewinns um 20 Prozent angegeben.
Diese Einschätzung von Vorstand Jean-laurent Bonnafé zeigt eine Gewinnprognose 2020 deutlich optimistischer als die der Branchenanalysten. Sie hatten für die BNP im Schnitt zuvor den Gewinnrückgang um mehr als 40 hochgerechnet.
Mit einer starken Kompetenz im Eigenhandel und Investmentbanking ist BNP besser positioniert als viele Mitbewerber. Durch Onlineund Versicherungsangebote aller Art ist die Bank weit gefächert. Die Quote der belgischen und luxemburgischen Kundschaft am Gesamtbestand liegt hier bei circa 15 Prozent, man beschäftigt am Platz 2 400 Mitarbeiter und bleibt damit der größte Arbeitgeber des Finanzsektors am Platz.
Die Strafzinsen wiegen schwer, legen das Einlagengeschäft „lahm“und machen es zum Verlustbringer.