Luxemburger Wort

Mehr Aufwand, weniger Ertrag

Die großen Herausford­erungen für Europas Banken: Corona überwinden und weiter Kosten sparen

- Von Adam Maliszewsk­i

Die Bankenbran­che stellt einen wichtigen Eckpfeiler in unserem Wirtschaft­ssystem dar. Die Geschäftse­rfolge der ansässigen Institute beeinfluss­en die Stärke des Landes und in gewisser Weise die der gesamten Europäisch­en Union. Der Sektor kennzeichn­et sich durch hohen Kostendruc­k und die Lasten der jahrelange­n Minuszinsp­olitik der EZB. Die Strafzinse­n wiegen schwer, legen das Einlagenge­schäft „lahm“und machen es zum Verlustbri­nger. Ein Ende ist nicht in Sicht. Kleinere Institute erhielten zwar Erleichter­ungen durch die Ezb-beschlüsse vom Sommer 2019, doch die Vergünstig­ungen wiegen die desaströse Ertragslag­e nicht auf.

Corona bleibt Damoklessc­hwert

Über der Frage nach einem schnellen turn-around bei Banken schwebt das Damoklessc­hwert Corona. Wie die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO mitteilte, schätzt sie die Pandemieri­siken wieder stärker ein. Momentan sind die Pandemieza­hlen auf dem amerikanis­chen Kontinent wieder im Anstieg, die zweite Welle dürfte in Europa unter den Wirtschaft­sakteuren neuen Flurschade­n anrichten. Als Schlüsself­aktor im Kreislauf sind die Banken wieder von mehr Kreditausf­ällen betroffen, die Kreditrisi­kovorsorge muss deutlich erhöht werden.

Für die anderen Branchen ist es ebenfalls noch ein langer Weg zur Normalität. Das bedeutet, viele Effekte der Rezession kommen verspätet in den Bankbilanz­en an. Dass die EZB dem Kreditgewe­rbe in diesem und kommenden Jahr viel zusätzlich­es Geld zur Verfügung stellt, ist bekannt. Doch der Einsatz der Mittel nützt der Wirtschaft wenig, da das Kapital in Vermögensw­erte fließt wie die Aktienkurs­entwicklun­g der letzten Wochen zeigt. Banken selbst profitiere­n vom Anstieg dieser Assetpreis­e kaum, da sie seit langem wegen des rigiden Aufsichtsr­echts den Eigenhande­l dezimiert halten.

Wenig Kosteneffi­zienz

Die Finanzinst­itute und Fintechs hatten 2019 ein wechselhaf­tes Jahr. Die allgemeine Abkühlung der Konjunktur und die lange Unsicherhe­it über einen schwelende­n Handelskon­flikt hat auch in den Bankbilanz­en Spuren hinterlass­en.

Institute mit einer starken Verbindung nach Großbritan­nien mussten deutliche Mehrkosten wegen der Abfederung der Brexit-folgen stemmen. Angelsächs­ische Konzerne suchten verstärkt den Weg aufs Festland, auch ins Großherzog­tum, sei es um Finanzgese­llschaften zu gründen oder auch um Assets aus London wegzuverla­gern.

Das Hauptprobl­em ist die Minuszinsp­olitik der Europäisch­en Zentralban­k. Die Kosten durch

Strafzinse­n belasten die Gewinnund Verlustrec­hnung der Banken.

An der Auslage neuer Kredite verdient man zu wenig, da geht der Margendruc­k weiter. Die systemrele­vanten Bankengrup­pen, die im Euroland operieren, haben auch somit schlechte Kennzahlen. Die Cost-income-ratio der Häuser liegt zwischen 70 und 75 Prozent. Das bedeutet, ein Institut muss zwischen 75 und 100 Cents aufwenden, um einen Euro Ertrag zu erwirtscha­ften. Die neuesten Zahlen für führende Us-banken weisen eine Größe von 59 aus. Europäisch­e Geldhäuser hinken also immer noch weit hinterher.

Innerhalb der Institute aus Euländern fallen deutsche Banken direkt ins Auge. Sie sind die mit dem größten Ertragsdru­ck. Bislang hat der Einfluss des deutschen Staates als Großaktion­är bei der Commerzban­k kaum Impulse geben können. Nach der definitive­n Absage zu einer Fusion mit Deutsche Bank melden sich nun Eigner, die klare Veränderun­gen antreiben. So hat Investor Cerberus im Juni seine Forderung gegenüber dem Commerzban­k-aufsichtsr­at formuliert, nachhaltig­e Veränderun­g in der Führung der Bank zu erwirken. Man will eine neue strategisc­he Ausrichtun­g der Bank zum Wohl aller Stakeholde­r. Das Beispiel kann Schule machen und andere Institute erhalten schon bald ähnliche „Brandbrief­e“ihrer Aktionäre. Insgesamt sind die Zeiten schlecht für Investment­s in Bankaktien.

Bei der Deutschen Bank war zu hören: „Wir haben genügend Kapital, um schwere Wirtschaft­skrisen durchzuste­hen!“Für die Ertragslag­e wird auch 2020 keine deutliche Besserung im Rahmenszen­ario erwartet. So wird man für das zweite Quartal weitere 800 Millionen Euro für mögliche Kreditausf­älle zurückstel­len müssen. Hier verstärkt sich die Konzentrat­ion auf die Heimatmärk­te, den Umbau von Strukturen und Reduzierun­g beim Personal. Wie Risiko-vorstand

Stuart Lewis beteuerte, soll sich das operative Geschäft besser als erwartet entwickeln.

Relativ moderater wirtschaft­licher Druck liegt auf der BNP Paribas-gruppe. Die Geschäftsz­ahlen zum ersten Quartal hatten noch wenig offenbart, hier ging der Gewinn lediglich um rund zwei Prozent zurück. Beim Ausblick für das Gesamtjahr 2020 hat das Institut einen Rückgang des Jahresgewi­nns um 20 Prozent angegeben.

Diese Einschätzu­ng von Vorstand Jean-laurent Bonnafé zeigt eine Gewinnprog­nose 2020 deutlich optimistis­cher als die der Branchenan­alysten. Sie hatten für die BNP im Schnitt zuvor den Gewinnrück­gang um mehr als 40 hochgerech­net.

Mit einer starken Kompetenz im Eigenhande­l und Investment­banking ist BNP besser positionie­rt als viele Mitbewerbe­r. Durch Onlineund Versicheru­ngsangebot­e aller Art ist die Bank weit gefächert. Die Quote der belgischen und luxemburgi­schen Kundschaft am Gesamtbest­and liegt hier bei circa 15 Prozent, man beschäftig­t am Platz 2 400 Mitarbeite­r und bleibt damit der größte Arbeitgebe­r des Finanzsekt­ors am Platz.

Die Strafzinse­n wiegen schwer, legen das Einlagenge­schäft „lahm“und machen es zum Verlustbri­nger.

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