Luxemburger Wort

Der fünfte Beatle

Der FC Liverpool liegt Meistermac­her Jürgen Klopp nach dem Titelgewin­n zu Füßen

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Jürgen Klopp schossen die Tränen in die Augen, dann brach der Trainer des FC Liverpool sein erstes Meister-interview überwältig­t ab. „Sorry, Gentlemen – ich bin durch“, sagte er mit brüchiger Stimme, rückte seine Liverpoolm­ütze zurecht und ging zurück zu seinen wild tanzenden Spielern. 30 lange Jahre hatten die Reds auf diesen Tag gewartet, und nun wollte der gesamte Club nur noch feiern – den lang ersehnten Titel und den deutschen Teammanage­r.

Klopp selbst hatte dafür gesorgt, dass seine gesamte Mannschaft im noblen Hotel Formby Hall Golf Club gemeinsam die entscheide­nde Niederlage des Rivalen Manchester City verfolgte. „Ich habe gesagt: Jeder muss dabei sein. Wer das Spiel alleine geschaut hätte, hätte es für den Rest seines Lebens bereut“, sagte der 53-Jährige. Exakt um 22.09 Uhr Ortszeit war es dann soweit. „Wir haben die letzten fünf Sekunden herunterge­zählt. Und dann war es eine pure Explosion“, berichtete Klopp aufgewühlt.

Tausende Fans vor dem Stadion

Das galt auch für die Fans, die sich bei dem Deutschen bedankten. „Jürgen Meister“stand in der „Jägermeist­er“-schrift auf einer Fahne, die im Stadion an der Anfield Road hing. Und davor, auf den Straßen, feierten Tausende Anhänger den sehnlichst erwarteten Titel und ihren Trainer. Damit ignorierte­n sie Klopp, der wegen der Corona-pandemie fast gefleht hatte: „Ich hoffe, dass ihr zu Hause bleibt. Geht vor euer Haus und feiert, wenn ihr wollt, aber mehr nicht.“

Dabei ist Klopps Wort eigentlich Gesetz, längst gibt es Forderunge­n nach einer Statue für den ehemaligen Dortmund-coach. Als er vor viereinhal­b Jahren an der Anfield Road ankam, versprach er einen Titel – und hielt schon 2019 mit dem Champions-leaguetriu­mph Wort. „Jürgen Klopp und Liverpool sind wie für einander bestimmt. Niemand hat die Stadt seit Beginn der Premier-league-ära wie er für sich eingenomme­n. Er hat den Trübsinn über Anfield vertrieben“, schrieb die „Daily Mail“. Die italienisc­he „Gazzetta dello Sport“urteilte gar: „Klopp rückt zu Liverpools fünftem Beatle auf.“

Und Klopp? Er feierte zwar ebenfalls ausgelasse­n, offenbarte aber auch einen ungewöhnli­chen Blick in sein Seelenlebe­n. Nach dem ersten Jubel habe er sich „innerlich leer gefühlt“, verriet er und fügte an: „Ich bin selbst nicht zufrieden, dass ich so gefühlt habe. Aber in dem Moment war es einfach zu viel für mich.“Die historisch­e Dimension habe ihn umgeworfen. „30 Jahre! Vor 30 Jahren, da war ich 23. Und ich habe sicher nicht daran gedacht, mit Liverpool Meister zu werden. Ich hatte gar nicht die Fähigkeite­n dazu.“Doch jetzt, im Jahr 2020, ist der Traum Realität geworden.

Noch in der Nacht veröffentl­ichte Liverpool in den sozialen Medien ein Video, in dem Klopp mit Stolz in der Stimme verkündet: „Erzählt es der Welt: Wir sind der FC Liverpool, die Champions von England!“sid

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