Verschärfung der Covid-gesetze
Steigende Infektionszahlen: Es zeichnet sich eine Mehrheit für Restriktionen im Privatleben ab
Es war der Staatsrat, der der Regierung einen Strich durch die Rechnung machte und die im Covid-gesetz vorgesehenen Restriktionen im Privatbereich als unverhältnismäßig beurteilte. Nun steigen die Infektionszahlen wieder deutlich an und treiben den Politikern Sorgenfalten auf die Stirn. Nachhaltigkeitsminister François Bausch (Déi Gréng) kündigte gestern Morgen auf Radio 100,7 an, dass die Regierung daran denke, die Covid-gesetze wieder zu verschärfen. Eine hohe Ansteckungsgefahr gehe unter anderem von privaten Partys aus. Er hält Abänderungen an den Covid-gesetzen für nötig. Das werde der Regierungsrat heute diskutieren.
Dass tatsächlich an den steigenden Covid-fällen vor allem die sozialen Kontakte von Leuten schuld sind, die sich in Cafés, Restaurants und auf Partys in hoher Zahl treffen, aber die Aufhebung der Trennung in den Grundschulen von A- und B-klassen wohl keine Auswirkungen auf die Pandemie hatte, bekamen gestern die Mitglieder der Gesundheitskommission präsentiert: Drei Experten der Uni.lu stellten Simulationen darüber vor, wie sich die Situation entwickelt, wenn man Klassen zusammenlegt, wenn man soziale Distanzierung anordnet oder Partys unterbindet, wenn man weiter Large Scale Testing macht – oder nicht. Die Simulationen wurden am 20. Juni erstellt.
Rot und Grün für Verschärfung
Dp-fraktionschef Gilles Baum begrüßte im Anschluss, dass nicht die Grundschulen das Problem sind, zeigte sich als Liberaler aber zurückhaltend Eingriffen in das Privatleben gegenüber. Derweil plädierte der Fraktionschef der LSAP, Georges Engel dafür, die Schraube wieder anzuziehen. „Ich finde, wir müssen extrem vorsichtig sein und sollten Restriktionen wieder einführen, wenn die Zahlen uns das sagen“, meinte er. Seine Kollegin von den Grünen, Josée Lorsché sah das ähnlich: „Wenn wir so weitermachen, riskieren wir eine große Katastrophe. In dem Sinn kann ich nur unterstützen, strenger zu werden, damit das Gesundheitssystem seine Kapazitäten behält. Wir können nicht zulassen, dass die ganzen Intensivbetten nur für Covidpatienten da sind und der Rest des Gesundheitssektor keine Kapazitäten hat.“
Am 24. Juli laufen die Covid-gesetze aus, dann muss das Parlament über die Verlängerung oder Abänderungen entscheiden. „Diese Diskussion wurde noch nicht geführt, ich bin aber gerne bereit dazu“, sagt Lorsché und meint, dass innerhalb von einer Woche legiferiert werden könne, wenn der Staatsrat schnell arbeitet. Der könne ihrer Ansicht nach angesichts steigender Infektionszahlen auch die Wiedereinführung von Restriktionen nicht wieder mit einem formellen Einspruch belegen. Die Fraktionschefin der CSV, Martine Hansen, die sich sicher ist, dass Änderungen an den Gesetzen kommen müssen sieht es anders: „Wir schaffen es nicht, innerhalb von einer Woche ein Gesetz zu verabschieden. Wir haben heute gefragt, wann wir über die Covid-gesetze sprechen, denn wir möchten nicht, dass wieder alles übers Knie gebrochen wird.“Für Hansen hat es an klaren Botschaften von Seiten der Regierung an die Bevölkerung gefehlt. „Die Menschen denken, dass sie privat alles machen dürfen. Das stimmt aber nicht. Auch wenn man zuhause ist, muss man Distanzen einhalten.“
CSV will über Tracing-app reden
Wenn wir so weitermachen, riskieren wir eine große Katastrophe. Josée Lorsché
Sie bedauerte zudem, dass die Opposition erst zwei Simulationen vorgelegt bekam – die vom 15. Mai und jetzt. „Dabei kommt klar heraus, dass soziale Distanzierung auch in den Klassensälen extrem wichtig ist, dass aber auch testen und Tracing wichtig sind.“Man käme im Moment bei den Neuinfektionen schnell auf Zahlen, wo das manuelle Tracing nicht mehr möglich ist. „Wir müssen auch über eine Tracing-app reden“, forderte sie.
Auch für Sven Clement (Piratepartei) wäre eine Gesetzesverschärfung sinnvoll. „Mir bereiten die neuen Infektionszahlen Sorgen – auch dass wir in den Schulen viel mehr Infektionen sehen, als wir uns das erwartet haben. Ich befürchte, wir kommen nicht daran vorbei in der Schule gesetzlich aktiv zu werden, aber auch bei den Privatveranstaltungen.“