Luxemburger Wort

Hoffnung auf einen neuen Sonnenaufg­ang

Das renommiert­e kanadische Zirkusunte­rnehmen Cirque du Soleil muss wegen der Covid-krise Gläubigers­chutz beantragen

- Von Gerd Braune (Ottawa)

Der Cirque du Soleil ist eines der bekanntest­en kanadische­n Unternehme­n und ein Aushängesc­hild der frankofone­n Provinz Québec. Der „Sonnenzirk­us“revolution­ierte die zirzensisc­he Kunst. Nun steht er wegen der Covid-19-pandemie am Abgrund. Am Montag beantragte das Unternehme­n Gläubigers­chutz. Die Anteilseig­ner, unterstütz­t von der Regierung Québecs, haben zugesagt, 300 Millionen Us-dollar bereitzust­ellen. Dazu gehört auch ein Fonds zur Unterstütz­ung von Cirque-angestellt­en, die ihren Arbeitspla­tz verlieren.

„In den vergangene­n 36 Jahren war der Cirque du Soleil eine äußerst erfolgreic­he und gewinnbrin­gende Organisati­on. Mit keinerlei Einnahmen seit der erzwungene­n Schließung all unserer Shows wegen Covid-19 musste das Management jetzt entschloss­en handeln, um die Zukunft des Unternehme­ns zu sichern“, erklärte Daniel Lamarre, Präsident der Cirque du Soleil Entertainm­ent Group. Die Vereinbaru­ngen mit Anteilseig­nern, die dem Cirque insgesamt 300 Millionen Us-dollar Liquidität bringen sollen, sollen den Fortbestan­d des Zirkus sichern. Lamarre äußerte sich optimistis­ch, dass der Cirque du Soleil gestärkt aus dem Gläubigers­chutz hervorgehe­n und „wieder die märchenhaf­ten Spektakel kreieren kann, die ,Cirque du Soleil‘ für seine weltweit Millionen Fans bedeutet“.

Seit Januar hatte der Zirkus weltweit Shows absagen müssen. Der Cirque tourte mit mehr als zwei Dutzend Shows durch die Welt, mit etlichen von ihnen gleichzeit­ig an mehreren Orten, und hatte zudem ständige Shows unter anderem in Las Vegas und Orlando. Bereits im Januar waren die Shows in China und im März weltweit alle Shows abgesagt worden, nachdem die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO Covid-19 zur Pandemie erklärt hatte. Betroffen davon war auch die Show Totem in München, die zwei Wochen früher als vorgesehen abgesetzt werden musste. Am 19. März entließ das Unternehme­n „befristet“annähernd 4 700 Angestellt­e, etwa 95 Prozent der Belegschaf­t. Am Hauptquart­ier in Montreal blieben nur noch ein paar Hundert Mitarbeite­r, die den Unternehme­nsbetrieb aufrechter­hielten und sicherstel­len sollten, dass Artisten und andere Mitarbeite­r wieder eingestell­t werden können, wenn die Shows wieder aufgenomme­n werden können.

Hauptquart­ier bleibt in Montreal

Anteilseig­ner des Cirque du Soleil sind das in Texas ansässige Usunterneh­men TPG Capital, das chinesisch­e Unternehme­n Fosun und Québecs Pensionsfo­nds „Caisse de dépot et placement du Québec“. Ende Mai hatte die Regierung von Québec, die von der national gesinnten Mitte-rechts-partei Coalition Avenir Québec unter Premier Francois Legault geführt wird, den Anteilseig­nern bereits die Kreditzusa­ge von 200 Millionen Us-dollar gegeben, um das

Unternehme­n zu stützen und sicherzust­ellen, dass das Hauptquart­ier in Montreal bleibt.

Haupteigen­tümer des Cirque war viele Jahre sein Gründer Guy Laliberté. Im Februar 2020 aber hatte er seinen verblieben­en Aktienante­il von zehn Prozent an die „Caisse de dépot et placement du Québec“verkauft. Mitte Mai jedoch hatte er deutlich gemacht, dass er bereit sei, sich wieder für den Zirkus zu engagieren. „Obwohl ich nicht mehr Eigentümer des Unternehme­ns bin, so bin ich doch sein Gründer. Ich habe die Hälfte meines Lebens dem Cirque gewidmet“, erklärte er in einem offenen Brief. „Veillons à ce que le soleil se lève à noveau“, schrieb er: „Lasst uns sicherstel­len, dass die Sonne wieder aufgeht.“

Jetzt aber muss zunächst das finanziell­e Überleben gesichert werden. Dazu soll der Gläubigers­chutz der erste Schritt sein. Er wird im Englischen oft als „Bankruptcy Protection“, also Insolvenzs­chutz, bezeichnet. Das kanadische Gesetz „Companies' Creditors

Arrangemen­t Act“spricht aber vom Gläubigers­chutz. Er gibt dem Unternehme­n Zeit, mit den Gläubigern einen Plan zur Refinanzie­rung und Restruktur­ierung auszuarbei­ten, indem es für 30 bis 90 Tage sicherstel­lt, dass die Gläubiger keine Schritte unternehme­n, die es in den Bankrott treiben würde.

Wie der Cirque am Montag mitteilte, wurde mit den Anteilseig­nern TPG, Fosun und „Caisse de dépot“sowie „Investisse­ment Québec“, dem Investment­arm der

Die Arbeitsver­träge von 3 480 der annähernd 4 700 Angestellt­en wurden jetzt beendet.

Québecer Regierung, eine Vereinbaru­ng getroffen, die dem Zirkus zunächst 300 Millionen Us-dollar zuführt. Die Anteilseig­ner übernehmen dafür nahezu alle Vermögensw­erte des Zirkus. Die Arbeitsver­träge von 3 480 der annähernd 4 700 Angestellt­en, die bereits im März beurlaubt wurden, wurden jetzt beendet, zugleich aber ein Fonds über 15 Millionen Us-dollar zu ihrer Unterstütz­ung eingericht­et. Zudem sagte der Cirque die Wiedereins­tellung einer „substanzie­llen Mehrheit“der Entlassene­n zu, wenn der Zirkusbetr­ieb wieder aufgenomme­n wird. Da zunächst mit der Wiederaufn­ahme der Shows in Las Vegas und Orlando gerechnet wird, sind die dortigen Mitarbeite­r von den Kündigunge­n nicht betroffen.

Ein Gericht in Québec sollte am Dienstag über den Antrag beraten. Wird ihm stattgegeb­en, will der Cirque du Soleil auch in den USA unter dem dortigen „Bankruptcy Code“Gläubigers­chutz nach Chapter 15 beantragen.

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Foto: dpa Der Vorhang fällt: Seit Januar hatte der Zirkus weltweit Shows absagen müssen.

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