„Nicht zu vergleichen“
Luxemburgs Schlachthäuser betonen Unterschied zu Tönnies
Der Skandal beim deutschen Fleischproduzenten Tönnies mit über 1 300 mit Covid-19 Infizierten im Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb sorgt auch in Luxemburg für Diskussionen. Wurden in den hiesigen beiden Schlachthäusern in Wecker und Ettelbrück systematisch die Mitarbeiter getestet, lautete eine parlamentarische Anfrage, die Landwirtschaftsminister Romain Schneider am Montag mit „Nein“beantwortete.
In einem der beiden Schlachthöfe waren fünf Büromitarbeiter positiv auf das Corona-virus getestet worden, hieß es. Dabei handelt es sich um Verwaltungsmitarbeiter des Schlachthofs Ettelbrück. Die Fälle sind aber nicht neu, sondern die Infektionen wurden am Anfang der Krise festgestellt und sind damit schon Monate her, wie „Abbatoir“-direktor Claude Graff bestätigt. Die betroffenen Mitarbeiter arbeiten nach einer dreiwöchigen Quarantäne und nach einem negativen Virustest längst wieder im Büro.
Laut Paul Faltz, Geschäftsführer von Cobolux in Wecker, ist bei den dortigen 180 Mitarbeitern das Virus noch nicht aufgetreten. „Hoffen wir, dass es so bleibt“, sagt er. „Aber eine Garantie gibt es da nie.“Faltz verweist darauf, dass die Mitarbeiter der Luxemburger Schlachthöfe normale Arbeitnehmer sind, die abends zu ihren Familien in Luxemburg oder der Grenzregion nach Hause fahren, während die deutschen Schlachthöfe Saisonarbeiter mit Werksverträgen beschäftigen. Dass diese Arbeiter – zumeist aus Südosteuropa – nicht nur zusammen arbeiten, sondern auch in beengten Wohnungen zusammen leben, ist einer der großen Unterschiede zwischen Schlachtbetrieben in Deutschland und in Luxemburg.
„Unsere rund 150 Mitarbeiter, bei denen täglich Temperatur gemessen wird, kommen größtenteils aus der luxemburgischen Grenzregion und besitzen überwiegend die deutsche, französische oder portugiesische Nationalität. 96 Prozent unser Mitarbeiter sind bei Cobolux angestellt“, erklärt Faltz. Zurzeit beschäftigt der Betrieb sechs französische Leiharbeiter.
Das Unternehmen hat sich sofort bereiterklärt, den Betrieb zu besichtigen. Schon vor Covid-19, so Faltz, hätten die Mitarbeiter von Schlachterei und Zerlegung Atemmasken tragen müssen. Abgesehen davon seien die Hygienemaßnahmen in Luxemburg höher als in anderen Ländern, da es für die zwei Schlachtbetriebe mehr Kontrolleure gibt als es sie für die Betriebe im Ausland gibt. Bei jeder Schlachtung – 40 034 führte Cobolux letztes Jahr in Wecker durch – sind beispielsweise Veterinäre anwesend, die den ordnungsgemäßen Ablauf kontrollieren wie später auch das Fleisch.
Bei den Tieren handelt es sich vor allem um Rinder, Kälber, Schweine und Ferkel sowie einige Schafe. Nach Schlachtgewicht abgerechnet machen Schweine und Ferkel bei Cobolux 55 Prozent der Gesamtschlachtung aus, Rinder etwa 44 Prozent. Mehr als drei Viertel der Tiere stammen aus Luxemburg. Der Rest kommt aus der Grenzregion, „da unser Schlachthof meistens der nahe gelegenste Schlachtort für diese Tiere ist“, so Faltz. Das Unternehmen machte 2018 einen Umsatz von 26 Millionen Euro, der Schlachthof in Ettelbrück, wo vor
Im Gegensatz zu Tönnies arbeiten die Luxemburger Schlachthöfe mit fest angestelltem Personal. drei Jahren neue Kühlhäuser in Betrieb genommen wurden und zwischen 400 und 500 Tiere pro Woche geschlachtet werden, wies 2018 mit seinen rund 190 Mitarbeitern einen Umsatz von 54 Millionen Euro aus. Pro Tag werden in Ettelbrück rund40 Tonnen Schweine und 40 Tonnen Rindfleischverarbeitet. 30 Prozentdavon werden ins Ausland exportiert, vor allem ins Saarland. Auch in Ettelbrück ist das Personal fest angestellt. „Hohe Qualität ist mit stets wechselndem Personal gar nicht möglich“, so der Firmenchef Graff.
Während in Ettelbrück Tiere nur geschlachtet und zerteilt werden, verarbeitet Cobolux das Fleisch weiter, stellt auch Wurst her, verpackt und vermarktet. Beide Luxemburger Schlachthöfe sind auch für das Schlachten von Biorindern zertifiziert. „Im Vergleich zu Schlachthöfen in Deutschland sind wir beide aber sehr klein“, so Faltz. Zum Vergleich: Bei Tönnies arbeiten allein in Rheda-wiedenbrück über 6 000 Menschen. Auch Simon-fleisch im grenznahen Wittlich hat andere Dimensionen als die Schlachtbetriebe in Luxemburg. Wöchentlich werden dort 20 000 Schweine und 150 bis 200 Rinder geschlachtet. „Wir erhalten jede Woche circa 600 Schweine aus Luxemburg“, sagt der Geschäftsführer Bernhard Simon dem „Luxemburger Wort“auf Nachfrage. „Für die großen Luxemburger Mäster sind wir ein sehr wichtiger Absatzkanal“, so Simon.
Fleischland Luxemburg
Laut Landwirtschaftsministerium werden in Luxemburg im Jahr mehr als 185 000 Tiere geschlachtet, das fängt mit Schweinen an und geht bis zu Exoten wie Strauße, von denen letztes Jahr 100 geschlachtet wurden. Während die meisten Schweine im Land selbst geschlachtet werden, gingen zuletzt 13 700 Rinder zur Schlachtung ins Ausland. Vor allem Hühner werden jenseits der Grenze der Schlachtung zugeführt: 166 000 waren das zuletzt. Im Großherzogtum
gibt es rund 1 340 Rinderhalter mit zusammen 192 000 Tieren; 120 Schweinehalter haben zusammen etwa 80 000 Tiere im Stall. Daneben werden vor allem noch Schafe und Ziegen gehalten.
Während der größte Teil der Tiere in die beiden Schlachthäuser kommt, sind auf verschiedenen landwirtschaftlichen Betrieben Schlachtstätten zugelassen. Dieses Fleisch wird dann als Direktvermarktung auf dem Hof an den Endverbraucher verkauft.
„Hohe Hygienestandards“
Jedes einzelne Tier, bestätigt Félix Wildschutz, Direktor des dem Landwirtschaftsministerium unterstellten Veterinäramts, wird von einem Tierarzt vor der
Schlachtung „einer Lebendschau unterzogen und jeder Schlachtkörper wird postmortem auf seine Genusstauglichkeit untersucht, bevor er für den Verzehr freigegeben wird.“Zu den Covid-19-fällen im deutschen Schlachtbetrieb – die fünf Mitarbeiter des Abattoir Ettelbruck waren nicht im Schlachtbetrieb, sondern im Büro beschäftigt – meint Wildschutz: „Natürlich sind auch in Luxemburg positive Covid-19-fälle bei den Angestellten eines Schlachthofes, wie in jedem anderen Betrieb, nicht ausgeschlossen.“Allerdings nicht in dem Maße wie in Deutschland. Wildschutz hebt hervor, dass „diese Arbeiter in Luxemburg in besseren sozialen Konditionen und mit wesentlich
höheren Löhnen arbeiten als im Ausland.“
Zu möglichen Infektionen in Schlachtbetrieben meint der Veterinäramtsleiter: „Da muss man auch unterscheiden zwischen Fällen, die von außen in den Schlachthof hineingetragen wurden und solchen, bei der die Ansteckung im Schlachthof stattgefunden hat. Obschon der Schlachthof sowie die Verschneideräume Risiken darstellen, da eine gewisse Anzahl von Leuten auf einem engen Raum arbeiten, wo die Distanzierung nicht immer einfach zu bewerkstelligen ist, sieht man am Beispiel von Luxemburg, dass es durch eine Reihe von Maßnahmen möglich ist, eine erhöhte Infektionsrate zu verhindern.“
Der Schlachthof Ettelbrück wird wegen der festgestellten Infektionen bei Büropersonal nicht geschlossen, nicht nur, weil Lebensmittellieferanten als systemrelevant eingestuft werden, sondern auch, weil die Fälle Monate alt sind und der Schlachtbetrieb von der Verwaltung räumlich wie auch durch hygienische Maßnahmen getrennt ist.
Das Veterinäramt betont in diesem Zusammenhang, dass das Corona-virus von Mensch zu Mensch übertragen wird und es sich hierbei „nicht um eine Problematik der Lebensmittelsicherheit“handelt. „Die Infektion mit dem Virus durch den Verzehr von kontaminiertem Fleisch kann ausgeschlossen werden“, so Wildschutz.
Jeden Tag von Montag bis Freitag werden bei Cobolux in Wecker vor allem Schweine und Rinder
geschlachtet und zerlegt. Fast alle Tiere stammen aus
Luxemburg.