Nur die Absicht zählt
Im Prozess um den mutmaßlichen Giftmord von Bereldingen hat die Verteidigung das Wort
Luxemburg. Der Verteidiger brachte die alles entscheidende Frage in seinem Plädoyer auf den Punkt: „Kann man Gilles L. glauben, wenn er sagt, ich wollte den Tod meiner Schwester und meines Schwagers nicht verursachen? Wenn er sagt, ich wollte ihnen nur ein Gift verabreichen, das zu Übelkeit und Erbrechen führt, wissend, dass diese Substanz auch tödlich sein kann.“
Der Anwalt, Me Rosario Grasso, glaubt ihm offensichtlich, denn zum Ende seines Plädoyers forderte er die Richter der Kriminalkammer auf, im Falle der beiden Todesfälle am 25. September 2016 in Bereldingen nicht den Tatvorwurf des geplanten Mordes zurückzubehalten, sondern den Vorwurf gemäß Artikel 404 des Strafgesetzes.
Der lautet im Wortlaut folgendermaßen: „Wenn Substanzen absichtlich verabreicht werden, ohne die Absicht den Tod herbeizuführen, diesen jedoch verursacht haben, wird der Schuldige mit einer Haftstrafe von 15 bis 20 Jahren bestraft.“Für vorsätzlichen Mord hingegen sieht das Gesetz eine lebenslange Haftstrafe vor.
„Zu subjektive Sichtweise“
Grasso unterstrich zudem, sein Mandant werde von den Ermittlern und der Presse als kaltblütiger Mörder dargestellt. Also müsse er auch mit Vorsatz seine Schwester und seinen Schwager getötet haben. Das sei der einfachste Schluss, aber eine sehr subjektive Sichtweise. Tatsächlich sei es nämlich so, dass es seinem Mandanten nur sehr schwerfalle, über Gefühle zu sprechen. Das würde sowohl aus dem Gutachten eines Psychologen wie auch aus den Aussagen aus dem Freundeskreis deutlich hervorgehen.
Gilles L. habe zudem von der zweiten Anhörung beim Untersuchungsrichter an stets die Wahrheit gesagt. „Wenn jemand einen Fehler begeht, dann liegt es in der Natur des Menschen, diesen nicht gleich zuzugeben“, betonte der Anwalt.
Gilles L. habe man aber einfach lange Zeit gar nichts geglaubt – bis sich seine Aussagen auch beweisen ließen. Das hätten die Ermittler im Prozess auch einräumen müssen. Und deren vielbeschworener roter Faden sei aus heutiger Sicht bei Weitem nicht so kohärent, wie dargestellt.
So würde das Ermittlungsdossier beispielsweise die seinem Mandanten immer wieder unterstellte Geldgier und dessen Traum von Luxus gar nicht belegen. Gilles L. habe das Leben geführt, das er sich von seinem Verdienst und seinem Ersparten habe leisten können. Eine Aussicht auf eine große Erbschaft habe es nicht gegeben.
Auch hätten die Ermittler kaum erwähnt, dass das Argument von
Gilles L., warum er keine erste Hilfe geleistet habe, durchaus Sinn ergebe: Wenn Patienten noch atmen würden, so wie sie es der Aussage seines Mandanten nach noch getan hätten, sei eine Herzmassage völlig unangebracht.
Zu den Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen meinte der Verteidiger, diese seien vom Prinzip her unbestritten, die Beträge seien aber zu hoch. Das Gericht möge sich dabei an der gängigen Jurisprudenz orientieren.
700 000 Euro Schadenersatz
Dass er nicht gut über seine Gefühle reden kann, macht meinen Mandanten nicht zum kaltblütigen Mörder.
Me Rosario Grasso, Verteidiger
Die Eltern von Olivier K., dem getöteten Schwager von Gilles L., hatten eine Entschädigung von 150 000 Euro beantragt, die Mutter des Sohnes aus erster Ehe von Olivier K. in dessen Namen 125 000 Euro und vier weitere Familienmitglieder in einer gemeinsamen Nebenklage 425 000 Euro.
Der Prozess wird heute Nachmittag mit dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft abgeschlossen.