Warten aufs grüne Licht
Fscl-präsident Camille Dahm hegt Zweifel, ob die Radrennen im August stattfinden können
Primoz Roglic greift auf der Schlusssteigung an und lässt seinen Landsmann Tadej Pogacar (Emirates) stehen. Der Fahrer des Teams Jumbo fährt mit zehn Sekunden Vorsprung auf seinen Konkurrenten ins Ziel und wird dabei von einer Menge an verkleideten und feiernden Fans bejubelt. Was klingt wie ein ganz normales Radrennen, das vor der aktuellen Corona-pandemie stattfand, ist so vor zehn Tagen in Slowenien passiert. Dort wurden nämlich die nationalen Meisterschaften ausgetragen.
Hygienevorschriften gab es dabei keine, lediglich Empfehlungen. Doch sieht man sich Bilder und Videos an, wurden diese nicht eingehalten. Wieso können in Slowenien wieder große Radrennen ausgetragen werden, während man in Luxemburg noch die Füße stillhalten muss?
Zehn Tage lang keine Antwort
Als Staatsminister Xavier Bettel am 10. Juni verkündete, dass Wettkämpfe in Individualsportarten ohne Körperkontakt wieder ausgetragen werden dürften, fühlten sich so manche Radsportler angesprochen. Doch schnell kam die Ernüchterung. „Wir haben direkt danach natürlich versucht, jemanden beim Sportministerium zu erreichen. Doch die Büros des Ministeriums sind erst seit dem Nationalfeiertag wieder besetzt. Dort war wochenlang niemand ansprechbar“, bemängelt Camille Dahm, Präsident des Luxemburger Radsportverbandes FSCL.
Nur eine bekannte Mitarbeiterin des Sportministeriums, die im Homeoffice arbeitete, sei erreichbar gewesen, hätte aber nicht weiterhelfen können. Schließlich dauerte es zehn Tage, bis zum Coslkongress
am 20. Juni, bis Dahm eine klare Antwort bekam. Sportminister Dan Kersch verneinte die Möglichkeit, Rennen im Radsport auszutragen. Grund sei die Vorschrift, dass 2 m Distanz gehalten werden müssten, und das ist bei einem Straßenrennen eben nicht möglich.
Vorbereitungen laufen
Doch bis zu dieser kurzen und klaren Antwort hat es lange gedauert. „Der Sportminister meinte, er wäre ständig und für jeden erreichbar gewesen, doch ich kann das so nicht bestätigen. Die Kommunikation mit seinem Ministerium war quasi inexistent“, erklärt Dahm. „Direkt nach dem Kongress habe ich deshalb einen Brief an das Sportministerium geschickt, in dem ich dies bemängelt und vorgeschlagen habe, dass die FSCL eine direkte Kontaktperson bekommt, die immer ansprechbar ist und die uns auch eine schnelle Antwort liefern kann. Das habe ich in den vergangenen Wochen vermisst. Für andere Verbände wäre dies bestimmt auch eine gute Lösung.“
Was Radrennen in Luxemburg betrifft, so bereitet man sich bei der FSCL auf zwei größere Events vor: Die Drei-länder-meisterschaft für Espoirs am 2. August und die nationalen Titelkämpfe aller anderen Klassen vom 20. bis 23. August. „Wir sind bereit dafür, aber natürlich müssen die Behörden Wettkämpfe im Radsport zuerst wieder erlauben“, betont Dahm. „Wir setzen uns über keine Vorgaben hinweg.“Auch hier sei ein Kontakt zum Sportministerium wichtig, denn anders als zum Beispiel die Basketballer, die von einem Tag auf den anderen wieder loslegen könnten, müsste man für Radwettbewerbe zunächst mehrere Genehmigungen einholen, erklärt Dahm.
Auch klassische regionale Rennen sind im August geplant. Doch egal ob solche, nationale Meisterschaften oder Tour de France – sicher kann sich kein Rennveranstalter sein. „Eigentlich bin ich ein Optimist. Aber in den vergangenen Tagen wurde der Optimismus angesichts der Infektionszahlen gebremst. Ich benötige eine Menge Fantasie, um mir vorstellen zu können, dass das mit all diesen Rennen klappen wird“, sagt Dahm.
Zeitfahren als Chance
Sollten klassische Straßenrennen nicht umsetzbar sein, so dürfen die Radfahrer auf eine andere Disziplin hoffen: das Zeitfahren. Dort fährt nämlich jeder einzeln gegen die Zeit, mit genügend Abstand zu den Konkurrenten.
Die regionalen Rennen könnten also durch einen Kampf gegen die Uhr ersetzt werden. „Wir haben in den vergangenen Wochen bereits einige Zeitfahren an verschiedenen Orten ausgetragen und wurden dabei auch nicht von den Behörden gebremst“, sagt Dahm. Doch auch hierbei ist Vorsicht geboten: „Wir haben den Fahrern klare Anweisungen gegeben, damit keine Menschenansammlungen entstehen. Das hat bisher geklappt.“
Die Hoffnung besteht also noch, dass die Radfahrer trotz der Pandemie in dieser Saison wieder gegeneinander antreten können.