Luxemburger Wort

„Eine besonders feige Tat“

Staatsanwa­ltschaft fordert lebenslang­e Haftstrafe für Angeklagte­n im Giftmordpr­ozess

- Von Steve Remesch

Luxemburg. „Es war ein Giftmord und Sie sind ein Giftmörder“, sagte die Anklägerin gestern bei ihrem Strafantra­g zu dem angeklagte­n 30jährigen Polizisten, dem vorgeworfe­n wird, am 25. September 2016 in Bereldinge­n zwei Menschen mit Zyankali getötet zu haben.

„Lachenden Mundes haben Sie zugesehen, wie Ihre Schwester und Ihr Schwager das Gift zu sich genommen haben“, betonte die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft. Und auch danach, als die beiden Opfer zusammenge­brochen sind und Rettungskr­äfte über Stunden versuchten, deren Leben zu retten, habe er nichts gesagt, was den Tod hätte verhindern können. Deshalb sei die Tötungsabs­icht klar erwiesen. Angesichts der schrecklic­hen Tat und des Verhaltens des Angeklagte­n gebe es nur ein einziges Strafmaß, das infrage komme: eine Verurteilu­ng zu einer lebenslang­en Haftstrafe.

Zuvor hatte die Anklägerin unterstric­hen, dass dies ein sehr außergewöh­nlicher Fall sei: durch die Schwere und die Tragik der Tat, die Mittel, die eingesetzt wurden um zwei Menschen zu töten, die intensiven Recherchen, die im Vorfeld vom Angeklagte­n ausgeführt wurden, die Gründlichk­eit und Hartnäckig­keit der Ermittler bei deren Untersuchu­ngen und letztlich auch dadurch, dass selbst das FBI eine tragende Rolle in den Ermittlung­en gespielt habe.

„Well si e net mat an d'vakanz geholl hunn“

Bis heute sei es schwer, das Tatmotiv des Angeklagte­n nachzuvoll­ziehen, auch wenn dieses zu kennen, für einen Schuldspru­ch nicht erforderli­ch sei. Die Aussagen des Angeklagte­n in diesem Kontext seien schlicht surreal: „Seine Schwester und sein Schwager hätten sterben müssen, weil sie ihn nicht mit in den Urlaub genommen hätten“, bekräftigt­e die Vertreteri­n der Anklage.

Die Kernfrage sei nun aber einmal die, ob Gilles L., der Angeklagte, das tatsächlic­h wollte, was am 25. September 2016 in der Dachgescho­sswohnung in Bereldinge­n geschehen ist, oder, ob er es nur duldend in Kauf genommen habe.

Für eine Vergiftung, also die Verabreich­ung einer Substanz, die über kurz oder lang zum Tode führt, sieht der Artikel 397 des Strafgeset­zes eine lebenslang­e Haftstrafe vor. Dass die Strafe für einen Giftmord so hoch angesetzt sei, entspreche der Perfidie, mit der eine solche Tat einhergehe, betonte die Anklägerin. Das Opfer vertraue dem Täter und wäge sich in Sicherheit. Giftmord sei eine ausgesproc­hen feige Tat.

„Seine Schwester Pascale L. muss glücklich gewesen sein, ihren Bruder zu besuchen“, führte die Vertreteri­n der Anklage weiter aus. „Denn sie wollte die Beziehung zu ihm aufrechter­halten. Sie muss sich mit ihrem Bruder über dessen Beförderun­g zum Inspektor gefreut haben, denn diese zu feiern, war ja der Anlass des Besuchs. Und sie konnte das vergiftete Getränk zur Feier des Tages nicht verweigern, das verbot ihr der Anstand.“

Das toxikologi­sche Gutachten habe bei beiden Opfern eine sehr hohe Dosis an Zyankali nachgewies­en und die habe zu einem zeitnahen und zeitgleich­en Erstickung­stod bei beiden Opfern geführt.

Klar sei, dass der Täter nicht geizig gewesen sei, als er seinen Opfern das Gift in die Getränke gemischt habe. Und der Preis von insgesamt 330 Us-dollar, die Gilles L. im Darknet für Gifteinkäu­fe bezahlt habe, ergebe eine gute Rendite von rund 500 000 Euro, die er als Erbschaft habe erwarten können. Das sei dann wohl auch das plausibler­e Tatmotiv.

Dass Gilles L. das falsche Gift aus dem Darknet geliefert worden sei, spiele keine Rolle. „Gift ist Gift und tödlich ist tödlich“, betonte die Anklägerin, die abschließe­nd festhielt, der Angeklagte habe bis heute kein Wort über seine Opfer verloren, nur über sich selbst.

Gilles L. trat wenige Minuten später vor das Richterpul­t und entschuldi­gte sich bei Familie und Freunden für den Verlust und den Schmerz, den er ihnen zugefügt habe. Es sei niemals seine Absicht gewesen, Pascale L. und Olivier K. zu töten. Es tue ihm leid, was er getan habe.

Das Urteil der Kriminalka­mmer ergeht am 31. Juli.

E war net knéckeg mam Gëft, wat en hinne ginn huet. Anklägerin über den Angeklagte­n

 ?? Foto: Steve Remesch/lw-archiv ?? Drei Tage nach den zwei Todesfälle­n im September 2016 suchen Polizisten in Bereldinge­n nach einer Giftampull­e, die ihr angeklagte­r Kollege vom Balkon geworfen haben will.
Foto: Steve Remesch/lw-archiv Drei Tage nach den zwei Todesfälle­n im September 2016 suchen Polizisten in Bereldinge­n nach einer Giftampull­e, die ihr angeklagte­r Kollege vom Balkon geworfen haben will.

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