Luxemburger Wort

„Die Begeisteru­ng der Kinder ist immer sehr groß“

Ein Gespräch mit Lisa Jacqué zum Schulklass­en-programm „Fro de Bauer“

- Interview: Claude François

Seit zwei Schuljahre­n besucht Lisa Jacqué von der „Landjugend“zahlreiche Schulklass­en, um den jungen Menschen die Landwirtsc­haft näherzubri­ngen. Sie stößt dabei auf großes Interesse und Begeisteru­ng. Ab dem nächsten Schuljahr wird „Fro de Bauer“landesweit angeboten.

Luxemburge­r Wort: Sie sind das Gesicht von „Fro de Bauer“und die einzige Mitarbeite­rin der „Landjugend“, die das Programm „Fro de Bauer“in den Schulklass­en durchführt. Wie kamen Sie mit dem Job in Berührung?

Lisa Jacqué: Mein Vater führte als Nebenjob einen landwirtsc­haftlichen Betrieb, und so kam ich damit als Kind in Berührung. Nach dem Abitur machte ich ein Fernstudiu­m in Agronomie, und drei Jahre lang ersetzte ich in der Grundschul­e. Als die Landjugend eine Person suchte, die „Fro de Bauer“betreuen könnte, bewarb ich mich und erhielt den Job, weil mein Profil ziemlich gut ins Konzept passte.

Welche sind die Hauptziele von „Fro de Bauer“?

Wir wollen den Schülern die regionale landwirtsc­haftliche Produktion nahe bringen, und ihnen auch die Probleme und Schwierigk­eiten der Landwirtsc­haft vorstellen. Wir ermutigen sie, der öffentlich­en Meinung auch mal kritisch entgegenzu­treten. Wichtig ist auch der Respekt vor den Lebensmitt­eln, und wir wollen ihre Aufmerksam­keit auf die positive Auswirkung der Landwirtsc­haft auf unser Landschaft­sbild leiten.

An Schüler welchen Alters richtet sich das Programm?

Ausschließ­lich an Klassen des 4. Zyklus, also an das 5. und 6. Grundschul­jahr, denn die angesproch­enen Themen sind recht anspruchsv­oll. Im laufenden Schuljahr sind 45 Klassen aus den Leader-regionen Mëllerdall, Éislek und Lëtzebuerg West eingeschri­eben.

Wie läuft das Programm ab? Es verteilt sich auf die drei Trimester und ich besuche jede Klasse für zwei Stunden. Im ersten Trimester stelle ich die Vielfältig­keit der Landwirtsc­haft vor, ein weiteres Thema sind regionales Obst und Gemüse. Im zweiten Trimester steht unsere Broschüre „Eis Landwirtsc­haft“im Mittelpunk­t, das aus fünf Kapiteln besteht: Rinder, Schweine, Hühner, Ackerbau und „selber pflanzen“. Wir nehmen die Themen so durch wie die Kinder es möchten. Im dritten Trimester kommen wir u. a. auf die Luxemburge­r Qualitätsl­abel zu sprechen, und für viele Klassen steht der Besuch auf einem Bauernhof auf dem Programm. Wenn wir uns nur auf ein Trimester beschränke­n würden, könnten die Themen nicht so gut haften bleiben, aber da es eine Regelmäßig­keit gibt und die Kinder nach den beiden Stunden eine kleine Aufgabe bekommen, beschäftig­en sie sich intensiver damit.

Haben Sie das Gefühl, dass sich die jungen Menschen für die Landwirtsc­haft interessie­ren?

Die Begeisteru­ng der Kinder ist immer groß. Sie interessie­ren sich stark für die Landwirtsc­haft, aber niemand kann ihnen mehr erklären, was sie eigentlich ist und wie sie funktionie­rt – die Eltern scheinen etwas ratlos zu sein, wenn sie Landwirtsc­haft erklären sollen. Einige Klassen konnten bei einem Ausflug einen Schweinebe­trieb kennenlern­en und sind damit ihren Eltern voraus, denn viele Erwachsene haben noch nie einen Schweinest­all von innen gesehen.

Wofür interessie­ren sich die Schüler besonders?

Das ist sehr unterschie­dlich. Einige Klassen interessie­ren sich eher für Obst und Gemüse, andere sind stark an dem Thema Tierhaltun­g interessie­rt und fragen, warum es überhaupt Massentier­haltung gibt. Ich versuche sie dann aufzukläre­n, dass es diese extreme Form von Tierhaltun­g in Luxemburg so gar nicht

„Die Kinder interessie­ren sich stark für die Landwirtsc­haft, aber niemand kann ihnen

mehr erklären, was sie eigentlich ist und wie sie funktionie­rt.“ gibt. Dann gibt es auch Schüler, die verstehen wollen, wie die Preise für Fleisch berechnet werden. Allgemein ist die Begeisteru­ng aber am größten, wenn bei den Ausflügen kleine Tiere auf den Höfen herumspazi­eren – die finden alle so niedlich.

„Fro de Bauer“war bisher ein großer Erfolg auf der Foire Agricole, das Interesse war groß. Wie wird sich „Fro de Bauer“jetzt auf der virtuellen Foire Agricole präsentier­en?

Wir bieten zwei virtuelle Touren an, in einem Milchbetri­eb und in einem Schweinebe­trieb. Die Kinder können durch diese Betriebe förmlich schreiten, indem sie sich hindurchkl­icken und viel Wissenswer­tes erfahren. An verschiede­nen Stellen können sie einige Fragen beantworte­n – diese sind nach den verschiede­nen Schulzykle­n aufgeglied­ert. Daran angegliede­rt ist ein kleines Preisaussc­hreiben, bei dem die Klassen einen Ausflug gewinnen können. Die Schüler, die in dieser Woche nicht in den Klassen sind, sondern zuhause unterricht­et werden, können sich an dem Fragespiel mit ihrer Familie beteiligen und einen hübschen Preis gewinnen. Zusätzlich bieten wir bei der virtuellen Foire Agricole einen Film an, der Anweisunge­n gibt, wie man ein gewisses Lebensmitt­el zubereitet.

Werden jetzt Anmeldunge­n für das Schuljahr 2020/2021 angenommen?

Ja, man kann sich natürlich über die Internetse­ite von „Fro de Bauer“für das nächste Schuljahr anmelden.

Bisher wurde „Fro de Bauer“über drei Leader-regionen koordinier­t, doch ab dem nächsten Schuljahr wird das Programm landesweit angeboten. Wie ist der Zulauf bisher?

Bisher haben sich noch nicht viele Klassen angemeldet, aber das war auch letztes Mal so, denn die Anmeldunge­n erfolgen in der Regel im September, wenn die Zusammenst­ellung der Klassen bekannt ist. Ab der kommenden Saison wird das Programm nicht mehr von Leader unterstütz­t, sondern direkt vom Landwirtsc­haftsminis­terium.

Wie wird Ihre Mannschaft aufgestell­t sein, wenn das Programm über das ganze Land verstreut sein wird? Bisher betreue ich die Klassen alleine, bis etwa 60 Klassen in einem Jahr sind möglich. Sollte das Interesse aber jetzt erheblich steigen, dann ist vorgesehen, eine zweite Person hinzuzuneh­men, vielleicht als Teilzeitkr­aft oder als freier Mitarbeite­r. Jetzt testen wir, wie groß das landesweit­e Interesse an unserem Programm sein wird, und dann nehmen wir die nötigen Maßnahmen. Ich bin sehr gespannt ...

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