Luxemburger Wort

Trauerspie­l

- Von Steve Bissen

Es ist wahrlich ein Trauerspie­l, das sich derzeit in den USA – dem Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten – abspielt. Und ein Ende der Tragödie ist derzeit noch nicht absehbar. Ein technologi­sch hoch entwickelt­er, wohlhabend­er Staat schafft es nicht, die Corona-pandemie erfolgreic­h einzudämme­n. Im Gegenteil: Vier Monate vor den Präsidents­chaftswahl­en steigen die Zahlen in alarmieren­dem Ausmaß. Erst vor wenigen Tagen hat Us-chefepidem­iologe Anthony Fauci gewarnt dass die täglichen Neuinfekti­onen auf 100 000 hochschnel­len könnten, wenn nicht ohne zeitliche Verzögerun­g Gegenmaßna­hmen eingeleite­t würden. Wie zum Beispiel das Tragen von Schutzmask­en im öffentlich­en Raum verpflicht­end zu machen.

Die Schwelle von 50 000 Neuinfekti­onen wurde bereits vorgestern überschrit­ten – ein neuer trauriger Rekord in der Us-corona-statistik. Die Zahl der Toten wird in den nächsten Wochen ebenfalls unweigerli­ch ansteigen. Manche Bundesstaa­ten rudern bereits zurück. Verkündete Lockerunge­n werden aufgeschob­en, striktere Regeln werden zum Teil wieder eingeführt – trotz gegenteili­ger Empfehlung­en aus dem Weißen Haus.

Denn der Us-präsident ignoriert mit Beharrlich­keit die Vorschläge seiner Berater und hält weiter an seinem Kurs der Lockerunge­n fest. Faktenbasi­erte Entscheidu­ngen sind eh nicht sein Stil. Stattdesse­n möchte Trump mit Biegen und Brechen verhindern, dass die Us-wirtschaft weiterhin Schaden nimmt. Doch das hat sie bereits. Und sie wird durch Trumps unnachgieb­ige, zögerliche Politik noch schwereren Schaden nehmen, als sie es ohnehin bereits tut. Mit seinem Zickzackku­rs spielt Trump nicht nur mit der Gesundheit der Bürger – ohne Rücksicht auf Menschenle­ben. Er fördert und verlängert damit unweigerli­ch die Ausbreitun­g des Corona-virus. Die langfristi­gen Folgen werden umso schmerzhaf­ter sein.

Trump denkt aber in der kurzfristi­gen Logik des Wahlkämpfe­rs. Schnelle Lockerunge­n, schnelle wirtschaft­liche Erholung, ergo Stimmenmax­imierung. Im Hinterkopf die eiserne Regel, die in Us-wahlkämpfe­n stets eine mitentsche­idende Rolle gespielt hat. Wie sagte einst ein Berater von Bill Clinton: „It’s the economy, stupid“(„Es geht um Wirtschaft, Idiot“). Und dafür steht Trump auch selbst als Person. Der (politische) Unternehme­r, der die USA „wieder groß machen“und Millionen neuer Jobs schaffen wollte. Mit diesem Verspreche­n war er 2016 angetreten. Und der wirtschaft­liche Erfolg sollte seine Wiederwahl garantiere­n. Doch nun ächzt das „Unternehme­n USA“unter den Folgen der Corona-pandemie und landesweit­en Protesten gegen Rassismus und Polizeigew­alt.

Kein Wunder also, dass das Wahlkampft­eam seines Kontrahent­en Joe Biden auf das Thema Corona unter dem Motto „Reopen right“(„Richtig wiedereröf­fnen“) setzt. Das Ziel: den demokratis­chen Präsidents­chaftskand­idaten mit seiner zurückhalt­enden Art und versöhnlic­her Rhetorik als ruhenden Gegenpol zu Trump darzustell­en. Ob sich diese Strategie am Ende auszahlt, wird sich am 3. November zeigen, wenn die Wähler auf der Geschworen­enbank sitzen und ihr Urteil fällen.

Trump fördert und verlängert

unweigerli­ch die Ausbreitun­g des Coronaviru­s.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg