Bewusstlos im Bus
Für Tristan ist der Schulweg mit hohen Risiken verbunden – Gewerkschaften fordern Begleitpersonal im Schülertransport
Der vierjährige Tristan ist eines von drei Kindern der Familie Loutsch. Tristan leidet an der seltenen Krankheit Hemiplégie alternante du nourisson, eine schwere neurologische Erkrankung. Tristan ist motorisch stark eingeschränkt, kann nicht laufen, nicht sprechen und ist nicht sauber.
Seit Februar besucht er dreimal in der Woche das Centre pour le développement moteur (CDM) in Strassen. Dort bekommt er die Therapien, die er braucht, um sich weiterentwickeln zu können. Zweimal in der Woche besucht er das Précoce in Redingen/attert. Der Spezialbusdienst CAPABS (Transport complémentaire d’accessibilité pour personnes à besoins spécifiques) holt ihn zu Hause in Eltz ab. Im günstigsten Fall dauert die Fahrt nach Strassen 45 Minuten. Wenn Stau ist, können es schon mal anderthalb Stunden oder mehr sein. Doch das ist nicht das Problem.
Epileptische Anfälle
Das Problem ist: Der Junge hat während der Fahrt epileptische Anfälle, insbesondere in Aufwachund Einschlafphasen, wie sein Vater erklärt. Tristan wird bewusstlos, bekommt schlecht Luft und braucht sofort Medikamente. „Jede Minute, die er bewusstlos ist, ist potenziell schädlich für seine Gehirnaktivität und für seine weitere Entwicklung“, sagt sein Vater.
Zu Hause sind seine Eltern für seine Sicherheit und Gesundheit verantwortlich. Weil die Anfälle jederzeit – auch nachts – auftreten können, wird Tristans Zustand zu Hause technisch überwacht. Im Falle einer Anomalie schlägt das Warnsystem Alarm. In der Schule ist speziell geschultes Personal verantwortlich, das genau weiß, was zu tun ist. Während der Fahrt im Bus ist Tristan sich selbst überlassen. Es gibt kein Begleitpersonal, das ihm die Medikamente, die der Junge stets bei sich trägt, verabreichen
Schüler, die im Centre pour le développement moteur (CDM) in Strassen unterrichtet werden, werden mit Spezialbussen dorthin gebracht. könnte. Die einzige erwachsene Person im Bus ist der Fahrer. Dieser bekommt nicht unbedingt mit, wenn Tristan einen Anfall hat und ist darüber hinaus auch nicht für Interventionen dieser Art geschult. „Je länger der Anfall andauert, desto stärkere Medikamente sind notwendig, um ihn aus dem Zustand herauszuholen“, erklärt Tristans Vater.
Für die Familie ist es mittlerweile unerträglich geworden, nicht zu wissen, ob ihr Kind unbeschadet nach Hause kommt. Seit Februar hat der Vater seinen Sohn viermal im bewusstlosen Zustand aus dem Bus geholt. Einmal war Tristans Zustand derart schlecht, dass er ins CHL eingeliefert und intensivversorgt werden musste.
Drei Ministerien, keine Hilfe
Tristans Vater hat sich schriftlich an mehrere Minister gewandt, in der Hoffnung, Hilfe zu bekommen: Transportminister François Bausch (Déi Gréng), Familienministerin Corinne Cahen (DP) und Bildungsminister Claude Meisch (DP). Doch passiert ist nichts.
Dabei ist Tristan nicht der einzige Fall und das Problem seit Langem bekannt. Die Gewerkschaften SPEBS/CGFP und APCCA/OGBL fordern seit Längerem Begleitpersonal und haben ihre Forderung am 20. Mai in einem Presseschreiben erneuert, nachdem Bildungsminister Claude Meisch zuvor in einer Unterredung mit beiden Gewerkschaften auf das Transportministerium verwiesen und von einem beträchtlichen Kostenpunkt gesprochen habe, wie es in der gemeinsamen Mitteilung heißt. Die Gewerkschaften schlussfolgerten daraus, dass staatlicherseits offenbar keine Bereitschaft bestehe, in dieser Angelegenheit etwas zu unternehmen.
Ein schwer lösbares Problem
„Einzelne Kinder brauchen eine Begleitung im Bus“, fordert auch Cdm-direktor Germain Back. Allerdings nimmt er die Regierung in Schutz. Die Politik habe Verständnis und ein offenes Ohr für die Problematik, sagte Back auf Nachfrage. Aber es handle sich um ein überaus komplexes Problem, das schwer zu lösen sei.
Verständnis ist gut, reicht aber nicht aus, wenn die Gesundheit von Kindern auf dem Spiel steht. Und wieso komplex? Im Vergleich zu der Anstrengung, die unternommen wurde, um die Schüler im A- und B-rhythmus zu unterrichten, und wenn man bedenkt, in welchem Tempo diese Maßnahme umgesetzt worden ist, müsste die Organisation einer Transportbegleitung für behinderte Kinder doch eigentlich ein Klacks sein.
Verantwortungsverschiebung
Vielmehr ist es so, dass niemand sich für zuständig erklärt und der Ball zwischen den Ministerien hinund hergespielt wird. Auf Nachfrage hieß es diese Woche aus dem Transportministerium, das Ministerium sei verantwortlich für die Transportleistung, nicht aber für die Begleitung der Schüler während der Fahrt. Dafür bräuchte es speziell geschultes Personal aus dem edukativen beziehungsweise dem Gesundheitsbereich. Das Gesundheitsund das Familienministerium verwiesen auf Nachfrage beide auf das Transportministerium, genau wie das Bildungsministerium.
Dessen Sprecherin bestätigte allerdings die Aussage von Cdm-direktor Germain Back, wonach zwischen dem Bildungs- und dem Transportministerium mehrfach Gespräche über die Opportunität einer Busbegleitung stattgefunden hätten. Beide Ministerien seien sich der Problematik bewusst, „aber es bleiben noch praktische Fragen und die Zuständigkeit zu klären“. Wann diese Punkte geklärt sein werden, dazu machte das Ministerium keine präzise Aussage. Und während die Klärung des dringlichen Problems weiter auf sich warten lässt, bangen Tristans Eltern jeden Tag um die Gesundheit ihres Sohnes.
Es bleiben noch praktische Fragen und die Zuständigkeit zu klären.
Bildungsministerium