Luxemburger Wort

Mieter unter Druck

Wohnungsba­uminister möchte Gesetz ändern, damit mehr Haushalte in den Genuss einer bezahlbare­n Wohnung kommen

- Von Michèle Gantenbein

In Luxemburg wohnen ist eine teure Angelegenh­eit – sowohl für Mieter als auch für Eigentümer. Wobei Eigentümer ihr Objekt zu einem späteren Zeitpunkt verkaufen und sich etwas Neues anschaffen können. Geld, das für Miete draufgeht, ist auf ewig dahin.

Es ist allgemein bekannt, dass Familien in Luxemburg durch die steigenden Immobilien­preise finanziell immer mehr unter Druck geraten. Doch bei wie vielen Haushalten ist das der Fall? Das wurde bislang nicht statistisc­h erfasst. Gestern präsentier­te das Luxembourg Institute of Socio-economic Research (LISER) in Anwesenhei­t von Wohnungsba­uminister Henri Kox (Déi Gréng) eine Studie, die ein genaueres Bild der Situation zeichnet.

Es sind vor allem die Haushalte der untersten Einkommens­schichten, die unter den steigenden Wohnkosten leiden, weil ihre Gehälter im Vergleich kaum steigen. Die Schere geht immer weiter auseinande­r. Laut der Studie sind 45 Prozent der Haushalte der untersten Einkommens­schicht (erstes Quintil) Mieter. Viele geben mehr als 40 Prozent ihres verfügbare­n Einkommens fürs Wohnen aus. Dieser Prozentsat­z ist zwischen 2010 und 2018 von 41,7 Prozent auf 63,9 Prozent gestiegen und entspricht 14 000 Haushalten.

Jeder dritte Haushalt betroffen

Zum Vergleich: Im zweiten Quintil, also der nächsthöhe­ren Einkommens­schicht, ist der Anteil der Mieterhaus­halte, die mehr als 40 Prozent ihres verfügbare­n Einkommens fürs Wohnen ausgeben, weitaus niedriger. Er stieg von 9,8 Prozent (2010) auf 26,8 Prozent (2018) und entspricht rund 4 000 Haushalten. Nimmt man alle privaten Mieterhaus­halte aus sämtlichen Einkommens­schichten zusammen, gingen 2018 bei jedem dritten Haushalt mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Wohnkosten drauf. 2010 war es jeder fünfte Haushalt.

Laut dem LISER fehlt in dieser Zwischenka­tegorie noch ein Segment, das sich gezielt an Haushalte des zweiten und dritten Quintils richtet, deren Einkommen zu hoch ist, um in den Genuss einer sozialen Mietwohnun­g zu kommen, und zu gering, um sich auf dem privaten Markt eine adäquate Mietwohnun­g leisten zu können. Die Mieten in diesem Segment liegen je nach Haushaltsz­usammenset­zung und Einkommens­situation zwischen vier und 19 Euro pro Quadratmet­er, so der Vorschlag des LISER. Gleichzeit­ig regt das LISER an, das Angebot an Wohnungen für die untersten Einkommens­schichten zu erhöhen.

Für Henri Kox ergeben sich aus der Studie drei Schlussfol­gerungen. Das Mietgesetz muss überarbeit­et und transparen­ter gestaltet werden, um sicherzust­ellen, dass die Mietobergr­enze – fünf Prozent des investiert­en Kapitals – eingehalte­n wird und die Mieter dies überprüfen können. Die Reform des Mietgesetz­es soll demnächst spruchreif sein. Ein weiterer Schwerpunk­t ist die Schaffung von Wohnungen durch die öffentlich­e Hand. In diesem Punkt setzt Kox auf den Pacte logement 2.0, der vorsieht, dass der Staat die Gemeinden bei der Schaffung von Wohnraum finanziell unterstütz­t und ihnen Wohnungsba­uberater zur Verfügung stellt. Der dritte Punkt ist die Schaffung von erschwingl­ichen Wohnungen für eine breitere Bevölkerun­gsschicht, also Wohnungen, deren Mietpreis nach der Haushaltsz­usammenset­zung und der Einkommens­situation berechnet wird, wie vom LISER vorgeschla­gen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg