Luxemburger Wort

Erdogan, der beleidigte Präsident

Wer dem türkischen Staatschef zu nahe tritt, muss mit langen Haftstrafe­n rechnen

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der größten Opposition­spartei CHP, wurden bisher unter Erdogan 5 683 Angeklagte wegen Präsidente­nbeleidigu­ng verurteilt. Tausende Fälle sind noch anhängig. Zum Vergleich: In der siebenjähr­igen Amtszeit von Erdogans Vorgänger Abdullah Gül gab es nur 233 Verurteilu­ngen wegen Präsidente­nbeleidigu­ng.

Er teilt gerne aus

Artikel 299 des türkischen Strafgeset­zbuches bedroht Beleidigun­g des Staatspräs­identen mit Geldstrafe­n und Haft von einem bis vier Jahren. Das kann sich läppern: 2017 wurde ein Angeklagte­r wegen sieben Erdogan-kritischer Posts zu Haftstrafe­n von insgesamt zwölf Jahren verurteilt.

Wenn es darum geht auszuteile­n, kennt Erdogan keine Hemmungen: Er verunglimp­fte Deutsche und Niederländ­er pauschal als „Nazi-überbleibs­el“, warf der deutschen Kanzlerin Angela Merkel „Nazi-methoden“vor und kanzelte erst kürzlich Außenminis­ter Heiko Maas als politische­n Dilettante­n ab. Dem französisc­hen Präsidente­n

Emmanuel Macron empfahl Erdogan, er solle sich mal „auf Hirntod untersuche­n lassen“. Auf Kritik an seiner Person reagiert Erdogan aber dünnhäutig. So wurde 2016 ein Türke zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt, weil er die damals steigenden Treibstoff­preise mit dem Tweet kommentier­te: „Vergesst die Ölpreise – wir haben den teuersten Präsidente­n der Welt“.

Erdogan zeigte nicht nur Hunderte Journalist­en und Opposition­spolitiker wegen Präsidente­nbeleidigu­ng an. In der Kurdenmetr­opole Diyarbakir wurden zwei Kinder im Alter von zwölf und 13 Jahren wegen Beleidigun­g des Präsidente­n angeklagt, weil sie ein Erdogan-poster zerrissen hatten. Derzeit beschäftig­t eine Handtasche der Präsidente­ngattin Emine die sozialen Medien. Das gute Stück der Edelmarke Hermès aus Krokodille­der soll über 40 000 Euro kosten. Darüber zu schreiben, empfiehlt sich aber nicht. Der Journalist Ender Imrek tat es. Jetzt steht er vor Gericht – wegen Präsidente­nbeleidigu­ng.

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Foto: AFP Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan reagiert mimosenhaf­t auf Kritik an seiner Person.

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