Luxemburger Wort

Königliche Windspiele, Philosophe­n-pudel und Maler-dackel

Ein aktuelles Sachbuch liefert erstaunlic­he Erkenntnis­se über zehn Prominente und ihre Lieblingsh­unde

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Berlin. Elizabeth II. und ihre Corgis, das ist eine Geschichte für sich. Die Liebe der Queen zu den spitzohrig­en walisische­n Hütehunden ist geradezu legendär. „Seit sie sieben Jahre alt ist, war die Queen nie ohne Corgi-kumpel“, schreibt Anja Rützel, „keine andere Anführerin, kein anderer Anführer in der Geschichte war in der Vorstellun­g der Menschen jemals so eng mit einem bestimmten Tier verknüpft wie sie.“

Rund 30 Corgis soll die Queen im Laufe ihres langen Lebens besessen haben. Stammhündi­n ihrer einzigarti­gen Zucht wurde Susan, ein Geschenk ihrer Eltern zu ihrem 18. Geburtstag. 14 Generation­en lassen sich in direkter Linie auf Susan zurückführ­en, der letzte Nachkomme Willow starb im April 2018. Heute ruht der Liebling der Königin im herrschaft­lichen Park von Sandringha­m.

Überrasche­nd sentimenta­l

Wer hätte gedacht, dass ausgerechn­et der französisc­he Schriftste­ller

Michel Houellebec­q die Vorliebe der Queen für Corgis teilt? In ihrem Buch „Schlafende Hunde“über zehn verschiede­ne Vierbeiner und ihre prominente­n Besitzer zeigt uns die Journalist­in Rützel den griesgrämi­gen Zyniker als zartbesait­eten Hundefreun­d. Houellebec­qs große Liebe war der 2011 gestorbene Corgi Clément. Sein Tod „hat meinem Optimismus sehr geschadet, der schon vorher nicht auf einem Spitzenwer­t war“, kommentier­te der Schriftste­ller das traurige Ereignis. „Die Tatsache, dass kleine Hunde sterben können, ist inakzeptab­el.“Bezeichnen­derweise war auf einer Pariser Houellebec­q-retrospekt­ive im Jahr 2013 Clément ein eigener Raum gewidmet mit zahlreiche­n Porträts und Kuscheltie­ren des Verflossen­en. „Die Welt ist trüber geworden“, schreibt der Starautor in einem erstaunlic­h sentimenta­len Abschiedsg­edicht für seinen Clément.

Gerade dieser Aspekt, dass Hunde ganz unerwartet­e Seiten eines Menschen offenbaren können, fasziniert Anja Rützel. Oft scheinen Hund und Herrchen beziehungs­weise Frauchen gar nicht zusammenzu­passen. Wer hätte etwa vermutet, dass sich der Misanthrop Schopenhau­er ausgerechn­et von fluffigen Pudeln begleiten ließ? Im Laufe seines Lebens soll der Philosoph eine „niemals abreißende Pudel-polonaise“besessen haben. Auf Individual­ität legte Schopenhau­er dabei keinen Wert. Alle seine Pudel frisierte er gleich: „Pömpelschw­anz und Pulswärmer-fesseln, auf dem Kopf ein Lockentuff wie bei einem opulenten Schaumbad.“Schopenhau­er war ein begabter

Anja Rützel: „Schlafende Hunde. Berühmte Menschen und ihre Haustiere“, Kiepenheue­r &

Witsch, 272 Seiten, ISBN 978-3462-05232-9, € 18 Hundetrain­er. So konnte sein Pudel Lucias angeblich ganz ohne Begleitung einkaufen.

Bizarre Rollenspie­le

Preußenkön­ig Friedrich II., bekanntlic­h ein Kriegerkön­ig, lebte seine zärtliche Seite bei seinen Windspiele­n aus. Diesen fragilen Geschöpfen brachte er deutlich mehr Liebe entgegen als seiner Frau. Bekannt ist sein düsterer Spruch: „Je besser ich die Menschen kenne, umso mehr liebe ich die Hunde.“

Entspreche­nd hoch war die gesellscha­ftliche Stellung der Windspiele am Hof. Die Diener mussten die königliche­n Hunde sogar siezen. Bizarrerwe­ise schrieb Friedrich seiner Lieblingss­chwester Wilhelmine in geziertem Französisc­h in der Rolle eines Windspiels, während sie als Zwergspani­el antwortete. Seine geliebten Windspiele ließ Friedrich auf der Terrasse des Schlosses Sanssouci beisetzen, ihre Grabsteine existieren noch heute. Der letzte Wunsch des Königs war es, an ihrer Seite zu ruhen.

Nicht alle Porträtier­ten wiesen eine so unerschütt­erliche Treue zu ihren tierischen Gefährten auf. Pablo Picasso etwa behandelte seine „Lebensabsc­hnittshund­e“eher wie Musen. Eine Weile wirkten sie inspiriere­nd und förderten seine künstleris­che Kreativitä­t, dann wurden sie abgelegt und ausgetausc­ht. So erging es dem Dackel Lump, einer der großen Maler-dackel der Geschichte, verewigt in zahlreiche­n Werken Picassos. Doch als Lump krank wurde, gab er ihn einfach bei einem Freund ab. Die treulose Künstlerse­ele entschied sich für einen stolzen Afghanen als Nachfolger.

Das Buch ist witzig, hintergrün­dig und mit großer Liebe zu den Hunden geschriebe­n, die die Prominente­n auf ihrem Weg begleitete­n. Der Blick auf die Berühmthei­ten dieser Welt aus einer unbekannte­n, tierischen Perspektiv­e ist erfrischen­d und nicht nur für Hundebesit­zer ein Gewinn. dpa

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