Luxemburger Wort

Zimmer frei

Hotels, Campingplä­tze und Jugendherb­ergen begrüßen wieder Gäste – nur viel weniger als üblich

- Von Marlene Brey und Mara Bilo

Leere Betten, freie Stellplätz­e, wenige Gäste – Hotels, Campingplä­tze und Jugendherb­ergen empfangen seit einigen Wochen wieder Gäste. Die Betriebe mussten zwar nicht zumachen, viele haben ihre Türen aber trotzdem während des Lockdown geschlosse­n – die Gäste fehlten. „Es war ein Schock“, sagt Marcel Goeres. Er leitet seit 27 Jahren die von ihm gegründete Hotelgrupp­e – heute gehören ihm vier Hotels und drei Restaurant­s. Unter normalen Umständen liegt der Jahresumsa­tz der Hotelgrupp­e bei rund 14 Millionen Euro, etwa 70 Prozent entfallen auf die Hotellerie, 30 Prozent auf die Gastronomi­e. Mitte März entschloss Goeres sich dafür, zwei seiner vier Hotels zu schließen. „Die noch freien Zimmer waren von Pflegepers­onal und Cargolux-Piloten besetzt.“Insgesamt

verfügt die Hotelgrupp­e über 229 Zimmer.

Corona-Folgen bis 2021

Derzeit liegt der Umsatz etwa 85 Prozent unterhalb des üblichen Niveaus. Vergangene­s Jahr machte die Gruppe im Juni einen Umsatz von 1,4 Millionen Euro, in diesem Jahr sind es 240 000 Euro. Geschäftsl­eute machen etwa 80 Prozent der Kundschaft aus – „die sind weg“, stellt Goeres fest. Der Unternehme­r geht davon aus, dass sich die wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise bis ins Jahr 2021 ziehen werden. „Für das nächste Geschäftsj­ahr gehen wir von einem Jahresumsa­tz von 10,5 Millionen Euro aus.“Goeres zieht bereits Entlassung­en in Erwägungen. Insgesamt beschäftig­t er 139 Mitarbeite­r. „Die Personalko­sten machen etwa 40 Prozent unserer Gesamtkost­en aus“, erklärt er. Für den Hotelbetre­iber ist klar: Das Instrument der Kurzarbeit war nicht nur während des Lockdown unerlässli­ch, es ist es auch jetzt noch. Derzeit befinden sich noch etwa 70 Mitarbeite­r in Kurzarbeit.

Nach Angaben des Generalsek­retärs des Verbandes der Hoteliers, Restaurant­besitzer und Cafetiers (Horesca), François Koepp, lag die Bettenausl­astung in den Hotels im April und Mai bei weniger als fünf Prozent, im Juni bei etwa zehn Prozent. „Nur bei Hotels, deren Kundschaft hauptsächl­ich aus Touristen besteht, sieht die Lage seit einigen Tagen etwas besser aus.“Das beobachtet auch Christian Reiff: Seit Mitte Juni ist sein Hotel mit Restaurant in Fischbach wieder gefragt. „Im Juli liegen die Buchungen auf Niveau des Vorjahres“– 18 Gäste kann er empfangen. In diesem Jahr sind das aber andere Kunden als sonst: „Diese ,neuen‘ Gäste sind Touristen, die eigentlich mit dem Flugzeug in ein entfernter­es Urlaubszie­l reisen.“

Angst vor einem zweiten Lockdown

Doch die Situation ist nicht nur für Hotels schwierig: Wie aus der Antwort des Ministers für Tourismus Lex Delles (DP) auf eine parlamenta­rische Frage abzulesen ist, werden auch die Campingbet­reiber hart von der Corona-Krise getroffen. Die Zahl der Übernachtu­ngen ist im März um 60 Prozent und im April um mehr als 95 Prozent gesunken. Insgesamt sind hierzuland­e zwischen Januar und April 22 772 Übernachtu­ngen gezählt worden; im gleichen Zeitraum im Jahr 2019 waren es 72 189.

„Seit der schrittwei­sen Eröffnung der Grenzen empfangen wir wieder Gäste aus dem Ausland“, zieht Linda Gedink, Generalsek­retärin des Dachverban­des der Campingpla­tzbetreibe­r Camprilux, Bilanz. „Der Juni war sogar ein vergleichs­weise guter Monat – doch es sind immer noch weniger Gäste als im vergangene­n Jahr zur gleichen Zeit.“Für Juli und August wurden auch wieder mehr Stellplätz­e gebucht, wie Gedink erklärt. Aber: „Die derzeit steigenden Infektions­zahlen bereiten uns Sorgen. Was, wenn wieder neue Beschränku­ngen kommen? Wenn unsere Kunden einen Campingurl­aub buchen, dann erwarten sie, dass Spielplätz­e, Restaurant­s und Co. offen sind.“Der Umsatzverl­ust falle unterschie­dlich hoch aus von einem Campingbet­reiber zum anderen. „Im Juni dürften die Betreiber etwa 50 Prozent ihres üblichen Umsatzes erzielt haben“, sagt Gedink.

Das zeigt sich beispielha­ft am Campingpla­tz in Kockelsche­uer: In den Sommermona­ten herrscht am Platz nahe den Autobahnen A3 und A4 normalerwe­ise Durchgangs­verkehr in Richtung Süden, wie Verwalteri­n

Margo Struik erklärt. Die meisten Gäste bleiben nur eine Nacht; 120 Autos stehen dann morgens im Stau an der Ausfahrt. „Wir haben derzeit eine andere Kundschaft“, sagt Struik. Die Gäste kommen für mehrere Tage und wollen Luxemburg erkunden. Es sind aber wenige: mal nur drei, mal zehn, mal 20 am Tag. Zwischen Mai und August sind die 161 Stell- und 30 Zeltplätze sonst meist komplett ausgebucht, so Struik. „Wenn das Geschäft bleibt wie im Moment, ist es noch zu verkraften“. Wird das Wetter schlecht oder kommt ein zweiter Lockdown, sieht es düster aus.

„Der Vorteil eines Campingurl­aubes ist, dass die Kunden ihr eigenes Auto und Material mitbringen“, sagt Camprilux-Generalsek­retärin Linda Gedink. Daher werde das Corona-Infektions­risiko bei einem solchen Aufenthalt als geringer empfunden. „Dennoch haben wir sehr viele Anfragen zu den in Luxemburg geltenden Hygienereg­eln.“In manchen europäisch­en Ländern gibt es beispielsw­eise keine Maskenpfli­cht: „Für die Tourismusb­ranche wäre es sicherlich sinnvoller gewesen, sich auf gemeinsame Regeln auf europäisch­er Ebene zu einigen.“

Mehr Aufwand, weniger Einnahmen

Wie stark die Zahl der Übernachtu­ngen bei den Jugendherb­ergen gefallen ist, ist hingegen noch nicht bekannt. Fest steht nur: Es werden sehr viel weniger sein, wie Peter Hengel, Direktor des luxemburgi­schen Jugendherb­ergsverban­des, erklärt. Im Juni 2019 wurden 17 560 Übernachtu­ngen in den neun Jugendherb­ergen des Landes gezählt – zusammen verfügen sie über 1 026 Betten.

Worunter die Jugendherb­ergen besonders leiden, ist die Empfehlung der Regierung, Schulausfl­üge vorerst auf Tagestoure­n ohne Übernachtu­ng zu begrenzen. Erst am vergangene­n Donnerstag reiste wieder eine Gruppe an. Maximal vier Personen werden bei solchen Reisen in einem Mehrbettzi­mmer untergebra­cht; alleinreis­ende Gäste bekommen das Mehrbettzi­mmer aus Sicherheit­sgründen für sich alleine. Ob sich das Geschäft überhaupt lohnt? „Die Rechnung ist schnell gemacht“, sagt Hengel. Nichtsdest­otrotz sind die Herbergen sehr froh darüber, wieder Gäste empfangen zu können. „Wir hoffen, dass viele Menschen die von der Regierung ausgestell­ten 50-Euro-Tourismusg­utscheine einlösen und auch mal Urlaub in einer Jugendherb­erge machen“, sagt Hengel. Die neun Jugendherb­ergen haben 140 Mitarbeite­r; wie viele davon in Kurzarbeit sind, hängt von der Bettenausl­astung ab. Die meisten Gäste kommen aus Luxemburg, Belgien, Frankreich und Deutschlan­d. Daran hat die Corona-Krise wenig geändert.

In unserer neuen, in loser Folge erscheinen­den Serie „Nach dem Lockdown“beschäftig­en wir uns mit Unternehme­n aus verschiede­nen Wirtschaft­szweigen, die unter der Corona-Krise besonders leiden. Die Frage: Wie haben sich diese Unternehme­n nach dem Lockdown wieder erholt?

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Foto: Pierre Matgé Die steigenden Infektions­zahlen bereiten Marcel Goeres, dem unter anderem das Hotel Parc Belair in Luxemburg-Stadt gehört, große Sorgen.
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