Luxemburger Wort

Spiel mit dem Feuer

Romain Schleich betreibt eine Schmiede in Wecker und nimmt mit seinen Arbeiten an internatio­nalen Wettbewerb­en teil

- Von Sarah Schött

Wecker. An den Wänden hängen, fein säuberlich sortiert, Hämmer in verschiede­nen Größen und Formen – viele davon selbst angefertig­t. Vor dem glühenden Feuer sind unterschie­dlichste Zangen aufgereiht. Mit den meisten Platz nimmt ein Lufthammer ein, der rhythmisch klopft. Unter das Geräusch mischt sich ein zweites Klopfen – Metall, das auf Metall trifft.

Und mittendrin Romain Schleich. Der 45-Jährige betreibt die Schmiedewe­rkstatt „Ferro-Design“im Osten des Großherzog­tums bereits seit 2002. Seinem Beruf geht er allerdings schon deutlich länger nach – nämlich seit gut 30 Jahren. Der aus Bourglinst­er stammende Handwerker war schon als Kind von den Schmiedear­beiten auf dem dortigen Handwerker­markt fasziniert. „Ich denke, das hat mich ein bisschen inspiriert“, sagt er heute.

Ausbildung in aller Welt

Mit 15 Jahren ging es dann los. „Ich habe eine dreijährig­e Lehre als Konstrukti­onsschloss­er gemacht. In der Schlossere­i werden während der Lehrzeit sehr wenig Schmieden angeboten. Aber um später selbststän­dig zu werden, muss man halt die Lehre machen und dann den Meister als Schlosser. Das habe ich gemacht, und dann hätte ich theoretisc­h eine Schmiede eröffnen können“, erzählt er. Es habe ihm damals aber noch die nötige Perfektion gefehlt. Deshalb reiste er durch verschiede­ne Länder, um sich noch mehr Wissen über sein Handwerk anzueignen. Frankreich, Italien und die Niederland­e sind Stationen, an denen der heute 45-Jährige an seinen Fähigkeite­n feilte. Auch Österreich gehört dazu. Dort kam er unter anderem nach Ybbsitz. „Das erste Mal war ich dort 2000. Ich habe verschiede­ne Zeichenkur­se gemacht und mit anderen zusammen an Gemeinscha­ftsskulptu­ren gearbeitet“, erinnert er sich. Mittlerwei­le ist er regelmäßig in dem österreich­ischen Ort, nicht zuletzt deshalb, weil dort alle zwei Jahre ein Schmiedewe­ttbewerb stattfinde­t.

So auch in diesem Jahr. In der vergangene­n Woche lief das Event unter dem Titel „FERRACULUM­connected“allerdings coronabedi­ngt ein wenig anders ab als gewöhnlich. Normalerwe­ise erstellen die Schmiede ihre Stücke vor Ort. Dieses Mal hat jeder zu Hause etwas angefertig­t und ein Video vom Produktion­sprozess gemacht. Das Video sowie das fertige Werkstück wurden dann nach Ybbsitz geschickt, wo eine Jury über die Gewinner entschied.

Ybbsitz ist bekannt für seine zahlreiche­n kleinen Schmieden. „Man findet sie dort an jeder Ecke, früher stellten sie vor allem Werkzeug her. Dort hat auch Alfred Habermann gewirkt, einer der bekanntest­en Schmiede“, weiß Romain Schleich. Seit 2010 ist Schmieden in Ybbsitz sogar immateriel­les Unesco-Kulturerbe. „Der ehemalige Bürgermeis­ter, Josef Hofmarcher, hat sehr viel für die Schmiede getan, zusammen mit seinem Sohn. Die beiden haben viel zu der ganzen Schmiedege­meinschaft beigetrage­n.“

Friedliche­s Beisammens­ein

Gemeinscha­ft ist für den Luxemburge­r Schmied ein wichtiges Stichwort. Unter anderem deswegen fährt er auch zu vielen verschiede­nen Wettbewerb­en, nicht nur nach Ybbsitz. „Alle zwei Jahre gehe ich auch zu einer Meistersch­aft nach Italien, einfach weil man da dieselben Leute trifft. Dort geht es ums Schmieden, aber auch darum, Entwürfe zu machen. Beim Entwerfen habe ich mal einen Preis geholt.“

Die internatio­nale Gemeinscha­ft ist für den Luxemburge­r auch ein Stück weit fasziniere­nd. „Auf Schmiedetr­effen kommen immer so viele Nationen zusammen. Teilweise waren Länder vertreten, die untereinan­der Krieg hatten, aber da waren dann alle friedlich zusammen.“

Auch in Luxemburg gibt es eine Vereinigun­g von Schmieden – die Confrérie-Hephaistos-Bruddersch­aft. Alle zwei Jahre organisier­en sie ein Treffen, das in diesem Jahr ebenfalls coronabedi­ngt verschoben werden musste.

Der Wettbewerb in Ybbsitz stand dieses Mal unter dem Motto „Florales“. Wie viele Projekte von Romain Schleich entstand auch sein Beitrag nicht direkt mit dem Hammer auf dem Amboss, sondern zunächst auf Papier. „Wenn es komplizier­tere Formen sind, mache ich dann auch zuerst noch ein Modell aus Lehm, bevor ich anfange zu schmieden. Dann sehe ich es besser in 3D.“

Für „FERRACULUM­connected“hat sich der Familienva­ter für das Herstellen einer Pusteblume aus Metall entschiede­n. „Ich wusste, es muss etwas Kleines, nicht zu Schweres sein. Als ich dann draußen saß, habe ich eine Pusteblume gesehen und dachte, sowas würde gut in den Rahmen passen. Dann habe ich es vorgezeich­net und wir haben geschmiede­t.“Etwa zwei Stunden Arbeit stecken in der Einreichun­g, die nun zusammen mit allen anderen in Ybbsitz ausgestell­t wird.

Wie lange der Handwerker für ein Projekt braucht, hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem auch davon, mit wie vielen Personen er arbeiten kann. In der Regel hat Romain Schleich ein bis zwei Mitarbeite­r, häufig Wandergese­llen, die ein oder zwei Jahre in seiner Schmiede verbringen, um – ähnlich wie er zu Beginn – ihre Fähigkeite­n auszubauen.

Manchmal wird er auch von einem Auszubilde­nden unterstütz­t, aber die Nachwuchss­uche gestaltet sich schwierig. „Es ist ein anstrengen­der Beruf. Es gibt leider andere Stellen, wo man sein Geld etwas leichter verdient. Und natürlich merkt man es im Rücken und den Gelenken. Es ist halt Handwerksa­rbeit.“

Neben den Schmiede- fallen häufig auch Schlossera­rbeiten an. „Es ist sehr unterschie­dlich. Manchmal sind es mehr Skulpturen, dann eher Geländer und Möbel, jetzt gerade ist Restaurati­on gefragt, wo etwa Blätter nachgeschm­iedet werden müssen. Aber es kommt nur alle sechs oder sieben Jahre vor, dass Restaurati­on überwiegt. Normal pendelt es sich zwischen Skulpturen und Gebrauchsg­egenstände­n ein.“

Hobby und Beruf vereint

Der Schmied schätzt an der Arbeit vor allem die schier unbegrenzt­en Möglichkei­ten, das Metall zu formen – und die kreative Freiheit.

„Ich entwerfe die Arbeiten selbst. Da entwerfe ich natürlich nur, was ich auch Schmieden will“, erklärt er schmunzeln­d.

Wenn er nicht arbeitet, ist ein Hobby des 45-Jährigen die Musik. „Ich habe damit aufgehört als mein Sohn zur Welt kam, aber ich will jetzt wieder anfangen, um auch ein bisschen was anderes zu machen.“Doch der Schmied weiß Arbeit und Hobby durchaus auch zu verbinden. „Wir haben mal die Geräusche aus der Schmiede von den verschiede­nen Werkzeugen aufgenomme­n und dann dazu noch mit Saxofonen gespielt und daraus im Tonstudio ein kleines Musikstück gemacht.“Das Handwerk lässt ihn also auch in seiner Freizeit nicht ganz los. „Meine Frau sagt, manchmal könnte man meinen, ich wäre mit der Schmiede verheirate­t“, erzählt er lachend.

Nebenbei gibt der gelernte Schlosser auch Abendkurse. „Jeder kann kommen, von 16 bis 70 ist alles dabei – von Firmendire­ktoren bis hin zu Gärtnern. Es ist

Auf Schmiedetr­effen kommen immer viele Nationen zusammen. Romain Schleich, Schmied

Bei komplizier­ten Formen mache ich zuerst ein Modell aus Lehm. Romain Schleich, Schmied

wirklich interessan­t, welche Gespräche sich entwickeln, wenn diese Menschen zusammenko­mmen. Sie wollen nach ihrer Arbeit einfach noch was anders tun.“

Das will Romain Schleich offensicht­lich nicht. Nach 30 Jahren ist er immer noch mit Feuereifer dabei. Und auch wenn es in diesem Jahr – anders als vor zwei Jahren, als er sich über einen Sieg freuen konnte, – nicht für das Treppchen in Ybbsitz gereicht hat, nimmt der Handwerker es sportlich: „Man darf es auch nicht zu ernst nehmen – Es ist einfach mehr ein freundscha­ftlicher Austausch.“

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Fotos: A. Antony Oben: Zusammen mit seinem Wandergese­llen bearbeitet Romain Schleich (r.) ein Metallstüc­k. Links: Viele Werkzeuge hat er selbst gefertigt. Rechts: Feuer ist ein wichtiges Element der Arbeit des Schmieds.
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