„Nicht Fisch, nicht Fleisch“
Die ADR kritisiert die jüngst vorgestellten Maßnahmen von Wohnungsbauminister Henri Kox als unausgegoren und nicht zielführend
Für gewöhnlich verabschieden sich die politischen Parteien in Luxemburg nach ihren jeweiligen Fraktionsessen in einen ausgedehnten Sommerschlaf. Doch die Oppositionspartei ADR fühlte sich genötigt, gestern mit einer Pressekonferenz auf das rezent präsentierte Maßnahmenpaket von Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng), Änderungen am Mietgesetz sowie ein Pacte logement 2.0 zu reagieren und Alternativvorschläge zu unterbreiten.
Für Roy Reding, der sich im Parlament mit dem Dossier Wohnen beschäftigt, sind die Vorschläge von Kox „nicht Fisch, nicht Fleisch“. Hauptkritikpunkt ist, dass durch sie kein neuer Wohnraum geschaffen und damit das Problem der Wohnungsnot nicht gelöst werde. Hauptverantwortlich für die schwierige Situation auf dem Immobilienmarkt sei die Prorogation légale. Die besagt, dass ein zeitlich begrenzter Mietvertrag nach Ablauf der Frist auf unbestimmte Zeit verlängert wird.
Besitzer von Wohnraum, die diesen später für sich selbst nutzen wollen, würden dadurch abgeschreckt, ihn zu vermieten, was zu Leerstand führe. „Wir plädieren dafür, die Prorogation légale abzuschaffen.“Stattdessen sollten zeitlich begrenzte Mietverträge einen stärkeren gesetzlichen Rahmen, ähnlich wie beim Arbeitsrecht, erhalten. Beispielsweise soll nur eine einmalige Verlängerung möglich sein, bis ein unbefristeter Mietvertrag daraus wird.
Vermieter sollen Makler bezahlen Dass Mieter und Vermieter künftig zu gleichen Teilen für die Frais d’agence, also die Vermittlungsgebühr der Immobilienagentur, aufkommen sollen, sei ein „fauler Kompromiss“. Man bevorzuge den Vorschlag des Mieterschutzes, dass die Seite, welche die Agentur beauftragt, diese auch alleine bezahlen soll. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Vermieter diese zusätzlichen Kosten auf den Mietpreis aufschlagen.
„Als soziale Partei ist es uns wichtig, dass auch den Mietern geholfen wird, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Hier soll das Sozialamt die Miete übernehmen und im Idealfall eine billigere Wohnung gefunden werden.“Man dürfe nicht vergessen, dass viele Vermieter auf diese Einnahmen angewiesen seien.
Als zusätzliche soziale Maßnahme spricht sich die ADR dafür aus, dass Haus- respektive Wohnungsbesitzer auch einzelne Zimmer vermieten dürfen. Hiervon könnten beispielsweise Studenten profitieren und es sei in vielen Universitätsstädten bereits gang und gäbe. Außerdem müsse es einem Mieter möglich gemacht werden, seinen Vertrag vor dem Ende der Laufzeit zu kündigen, wenn er beispielsweise aus beruflichen Gründen umziehen muss.
Es gab aber auch Lob: So wird begrüßt, dass die Mietgarantie künftig höchstens zwei statt wie bislang drei Monatsmieten betragen darf. Ebenso findet die Neuerung Anklang, dass die Garantie spätestens zwei Monate nach dem Auszug des Mieters diesem, falls keine Schäden existieren, respektive nach Abzug der Reparaturkosten, zurückerstattet werden muss. In der Praxis zeige sich, dass Mieter die Wohnungen nur selten beschädigen, allerdings oft die letzten beiden Monatsmieten nicht zahlen. In solchen Fällen müsse es dem Vermieter möglich sein, den Vertrag mithilfe einer verkürzten Prozedur aufzulösen.
Weitere Kritik gab es dafür am Pacte Logement 2.0. Mit diesem sollen die Gemeinden durch Subventionen dazu ermutigt werden, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen. Reding bemängelte, dass
Kox bislang eine Definition des Begriffes „erschwinglich“schuldig geblieben sei. „Wenn eine Wohnung, die normalerweise 800 000 Euro kostet, verbilligt für 500 000 Euro auf den Markt kommt, habe ich damit keinen erschwinglichen Wohnraum geschaffen.“Statt Wohnraum mittels einer Erbpacht zu verkaufen, sollten Gemeinden diesen besser zu einem sozial verträglichen Preis vermieten.
Von Parteipräsident Jean Schoos war es dann noch die Ankündigung, dass der Nationalkongress am 11. Oktober in der Däichhal in Ettelbrück organisiert werden soll. Diese biete unter Einhaltung der sanitären Vorgaben Platz für rund 320 Personen, während man mit höchstens bis zu 140 Teilnehmer rechne. In der aktuellen Zeit sozialer Trennungen sei es wichtig, dass sich Menschen direkt begegnen. „Virtuell ist zwar ganz schön, aber Atmosphäre kommt da nicht auf“, so Schoos. MaH
Wir plädieren dafür, die Prorogation légale abzuschaffen. Roy Reding, ADR-Abgeordneter