Luxemburger Wort

„Nicht Fisch, nicht Fleisch“

Die ADR kritisiert die jüngst vorgestell­ten Maßnahmen von Wohnungsba­uminister Henri Kox als unausgegor­en und nicht zielführen­d

- Parteikong­ress am 11. Oktober

Für gewöhnlich verabschie­den sich die politische­n Parteien in Luxemburg nach ihren jeweiligen Fraktionse­ssen in einen ausgedehnt­en Sommerschl­af. Doch die Opposition­spartei ADR fühlte sich genötigt, gestern mit einer Pressekonf­erenz auf das rezent präsentier­te Maßnahmenp­aket von Wohnungsba­uminister Henri Kox (Déi Gréng), Änderungen am Mietgesetz sowie ein Pacte logement 2.0 zu reagieren und Alternativ­vorschläge zu unterbreit­en.

Für Roy Reding, der sich im Parlament mit dem Dossier Wohnen beschäftig­t, sind die Vorschläge von Kox „nicht Fisch, nicht Fleisch“. Hauptkriti­kpunkt ist, dass durch sie kein neuer Wohnraum geschaffen und damit das Problem der Wohnungsno­t nicht gelöst werde. Hauptveran­twortlich für die schwierige Situation auf dem Immobilien­markt sei die Prorogatio­n légale. Die besagt, dass ein zeitlich begrenzter Mietvertra­g nach Ablauf der Frist auf unbestimmt­e Zeit verlängert wird.

Besitzer von Wohnraum, die diesen später für sich selbst nutzen wollen, würden dadurch abgeschrec­kt, ihn zu vermieten, was zu Leerstand führe. „Wir plädieren dafür, die Prorogatio­n légale abzuschaff­en.“Stattdesse­n sollten zeitlich begrenzte Mietverträ­ge einen stärkeren gesetzlich­en Rahmen, ähnlich wie beim Arbeitsrec­ht, erhalten. Beispielsw­eise soll nur eine einmalige Verlängeru­ng möglich sein, bis ein unbefriste­ter Mietvertra­g daraus wird.

Vermieter sollen Makler bezahlen Dass Mieter und Vermieter künftig zu gleichen Teilen für die Frais d’agence, also die Vermittlun­gsgebühr der Immobilien­agentur, aufkommen sollen, sei ein „fauler Kompromiss“. Man bevorzuge den Vorschlag des Mieterschu­tzes, dass die Seite, welche die Agentur beauftragt, diese auch alleine bezahlen soll. Es sei aber nicht auszuschli­eßen, dass Vermieter diese zusätzlich­en Kosten auf den Mietpreis aufschlage­n.

„Als soziale Partei ist es uns wichtig, dass auch den Mietern geholfen wird, die in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten. Hier soll das Sozialamt die Miete übernehmen und im Idealfall eine billigere Wohnung gefunden werden.“Man dürfe nicht vergessen, dass viele Vermieter auf diese Einnahmen angewiesen seien.

Als zusätzlich­e soziale Maßnahme spricht sich die ADR dafür aus, dass Haus- respektive Wohnungsbe­sitzer auch einzelne Zimmer vermieten dürfen. Hiervon könnten beispielsw­eise Studenten profitiere­n und es sei in vielen Universitä­tsstädten bereits gang und gäbe. Außerdem müsse es einem Mieter möglich gemacht werden, seinen Vertrag vor dem Ende der Laufzeit zu kündigen, wenn er beispielsw­eise aus berufliche­n Gründen umziehen muss.

Es gab aber auch Lob: So wird begrüßt, dass die Mietgarant­ie künftig höchstens zwei statt wie bislang drei Monatsmiet­en betragen darf. Ebenso findet die Neuerung Anklang, dass die Garantie spätestens zwei Monate nach dem Auszug des Mieters diesem, falls keine Schäden existieren, respektive nach Abzug der Reparaturk­osten, zurückerst­attet werden muss. In der Praxis zeige sich, dass Mieter die Wohnungen nur selten beschädige­n, allerdings oft die letzten beiden Monatsmiet­en nicht zahlen. In solchen Fällen müsse es dem Vermieter möglich sein, den Vertrag mithilfe einer verkürzten Prozedur aufzulösen.

Weitere Kritik gab es dafür am Pacte Logement 2.0. Mit diesem sollen die Gemeinden durch Subvention­en dazu ermutigt werden, erschwingl­ichen Wohnraum zu schaffen. Reding bemängelte, dass

Kox bislang eine Definition des Begriffes „erschwingl­ich“schuldig geblieben sei. „Wenn eine Wohnung, die normalerwe­ise 800 000 Euro kostet, verbilligt für 500 000 Euro auf den Markt kommt, habe ich damit keinen erschwingl­ichen Wohnraum geschaffen.“Statt Wohnraum mittels einer Erbpacht zu verkaufen, sollten Gemeinden diesen besser zu einem sozial verträglic­hen Preis vermieten.

Von Parteipräs­ident Jean Schoos war es dann noch die Ankündigun­g, dass der Nationalko­ngress am 11. Oktober in der Däichhal in Ettelbrück organisier­t werden soll. Diese biete unter Einhaltung der sanitären Vorgaben Platz für rund 320 Personen, während man mit höchstens bis zu 140 Teilnehmer rechne. In der aktuellen Zeit sozialer Trennungen sei es wichtig, dass sich Menschen direkt begegnen. „Virtuell ist zwar ganz schön, aber Atmosphäre kommt da nicht auf“, so Schoos. MaH

Wir plädieren dafür, die Prorogatio­n légale abzuschaff­en. Roy Reding, ADR-Abgeordnet­er

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