Luxemburger Wort

Wichtige Zäsur

Facebook und Twitter gehen gegen Falschinfo­rmationen des US-Präsidente­n über die Corona-Pandemie vor

- Von Thomas Spang (Washington)

Für US-Präsident Trump ist Arizona das Paradebeis­piel eines erfolgreic­hen Kampfs gegen Covid19. Bei einem Besuch des republikan­ischen Gouverneur­s Doug Ducey im Weißen Haus lobt er diesen für einen „fantastisc­hen Job“bei der Eindämmung der Pandemie „ohne übertriebe­n eingreifen­de Maßnahmen“. Sein Parteifreu­nd habe einen der schlimmste­n Ausbrüche der Pandemie in der Nation herumgedre­ht.

Der Präsident verschwieg, wie der Wechselwäh­lerstaat im Südwesten der USA überhaupt erst in diese missliche Lage geraten war. Ducey gehörte zu den Gouverneur­en, die Anfang Mai aggressiv vorprescht­en, als Trump darauf drängte, die Lockdowns zu beenden und die Wirtschaft wieder zu öffnen. Wie Experten vorausgesa­gt hatten, explodiert­e binnen Wochen die Zahl der Covid-19-Infizierte­n. Anfang Juli verzeichne­te Arizona mit täglich 4 800 Neuerkrank­ungen einen Anstieg der Fälle um 800 Prozent.

Angesichts der tödlichen Realitäten in seinem Bundesstaa­t sah sich Ducey gezwungen, den Kurs

Die Lügengesch­ichten von zunehmend auf Gegenwehr.

US-Präsident Donald Trump

zu ändern. „Wir waren in der unglücklic­hen, aber verantwort­lichen Position, große Ansammlung­en von Menschen aufzulösen“, räumte der Gouverneur im Weißen Haus zähneknirs­chend ein. „Bars, Nachtclubs und Sportstudi­os haben vorübergeh­end geschlosse­n.“

Das ist der Grund, warum in den vergangene­n Wochen die Zahlen zurückging­en und sich auf einem immer noch hohen Niveau von im Schnitt knapp 70 Toten am Tag eingepende­lt haben.

So sehen Trumps „Erfolgsges­chichten“aus, mit denen er auf seinem Haussender Fox und in den elektronis­chen Netzwerken eine alternativ­e Realität zu schaffen versucht. Dazu gehören auch glatte Falschauss­agen, wie die in einem

Interview in der Sendung „Fox & Friends“, wo der Präsident behauptet, Kinder seien „fast immun“gegen das Corona-Virus. Eine Behauptung, die Trump bemüht, um seine Forderung nach Öffnung der Schulen zu untermauer­n.

Dazu ist nicht einmal sein Freund aus Arizona bereit. „Die sichere und erfolgreic­he Rückkehr unserer Kinder in die Schule“sei das angestrebt­e Ziel, „wenn die Zeit dafür richtig ist“, erklärte Ducey, der weiß, dass Kinder sich nicht nur genauso wie Erwachsene anstecken können, sondern den Erreger auch verbreiten.

Misslungen­es Interview

Facebook und Twitter gingen gestern unter den neuen Richtlinie­n zur Nichtverbr­eitung von Falschinfo­rmationen zur Corona-Pandemie gegen Kanäle des Präsidente­n vor. Trump hatte darauf den einen Video-Clip mit den nachweisli­ch falschen Aussagen des Fox-Interviews verbreitet.

Facebook löschte den Clip, während Twitter den Account des Wahlkampft­eams Trumps sperrte bis „der Besitzer des Kontos den Tweet entfernt hat“. Analysten sehen in dem wiederholt­en Eingreifen

der elektronis­chen Netzwerke eine wichtige Zäsur, die es dem Präsidente­n erschwere, alternativ­e Wirklichke­iten zu schaffen.

Amerikanis­che Journalist­en widersprac­hen Trump wiederholt entschiede­n bei dem Versuch, Unwahrheit­en zu verbreiten. Für Schlagzeil­en sorgte zuletzt ein Interview des Axios-Reporters Jonathan Swan, der die Unkenntnis oder versuchte Irreführun­g des Präsidente­n regelrecht vorführte. Swan verzog nur das Gesicht, als Trump behauptete, die USA stünden bei den Todesfall-Zahlen im weltweiten Vergleich richtig gut da. Als ihn Swan darauf aufmerksam machte, dass es bezogen auf die Einwohnerz­ahl genau andersheru­m sei, erklärte Trump: „Das können Sie nicht machen.“

Die Lage sei „so weit unter Kontrolle, wie Sie es kontrollie­ren können.“Mit bald fünf Millionen Infizierte­n und 160 000 Toten führen die USA die weltweite Covid-19Statisti­k an. Die Corona-Koordinato­rin des Weißen Hauses Deborah Birx hatte Anfang der Woche davor gewarnt, dass die Lage außer Kontrolle geraten und die Pandemie in „eine neue Phase“eingetrete­n sei. dpa

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Foto: AFP stoßen

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