Wichtige Zäsur
Facebook und Twitter gehen gegen Falschinformationen des US-Präsidenten über die Corona-Pandemie vor
Für US-Präsident Trump ist Arizona das Paradebeispiel eines erfolgreichen Kampfs gegen Covid19. Bei einem Besuch des republikanischen Gouverneurs Doug Ducey im Weißen Haus lobt er diesen für einen „fantastischen Job“bei der Eindämmung der Pandemie „ohne übertrieben eingreifende Maßnahmen“. Sein Parteifreund habe einen der schlimmsten Ausbrüche der Pandemie in der Nation herumgedreht.
Der Präsident verschwieg, wie der Wechselwählerstaat im Südwesten der USA überhaupt erst in diese missliche Lage geraten war. Ducey gehörte zu den Gouverneuren, die Anfang Mai aggressiv vorpreschten, als Trump darauf drängte, die Lockdowns zu beenden und die Wirtschaft wieder zu öffnen. Wie Experten vorausgesagt hatten, explodierte binnen Wochen die Zahl der Covid-19-Infizierten. Anfang Juli verzeichnete Arizona mit täglich 4 800 Neuerkrankungen einen Anstieg der Fälle um 800 Prozent.
Angesichts der tödlichen Realitäten in seinem Bundesstaat sah sich Ducey gezwungen, den Kurs
Die Lügengeschichten von zunehmend auf Gegenwehr.
US-Präsident Donald Trump
zu ändern. „Wir waren in der unglücklichen, aber verantwortlichen Position, große Ansammlungen von Menschen aufzulösen“, räumte der Gouverneur im Weißen Haus zähneknirschend ein. „Bars, Nachtclubs und Sportstudios haben vorübergehend geschlossen.“
Das ist der Grund, warum in den vergangenen Wochen die Zahlen zurückgingen und sich auf einem immer noch hohen Niveau von im Schnitt knapp 70 Toten am Tag eingependelt haben.
So sehen Trumps „Erfolgsgeschichten“aus, mit denen er auf seinem Haussender Fox und in den elektronischen Netzwerken eine alternative Realität zu schaffen versucht. Dazu gehören auch glatte Falschaussagen, wie die in einem
Interview in der Sendung „Fox & Friends“, wo der Präsident behauptet, Kinder seien „fast immun“gegen das Corona-Virus. Eine Behauptung, die Trump bemüht, um seine Forderung nach Öffnung der Schulen zu untermauern.
Dazu ist nicht einmal sein Freund aus Arizona bereit. „Die sichere und erfolgreiche Rückkehr unserer Kinder in die Schule“sei das angestrebte Ziel, „wenn die Zeit dafür richtig ist“, erklärte Ducey, der weiß, dass Kinder sich nicht nur genauso wie Erwachsene anstecken können, sondern den Erreger auch verbreiten.
Misslungenes Interview
Facebook und Twitter gingen gestern unter den neuen Richtlinien zur Nichtverbreitung von Falschinformationen zur Corona-Pandemie gegen Kanäle des Präsidenten vor. Trump hatte darauf den einen Video-Clip mit den nachweislich falschen Aussagen des Fox-Interviews verbreitet.
Facebook löschte den Clip, während Twitter den Account des Wahlkampfteams Trumps sperrte bis „der Besitzer des Kontos den Tweet entfernt hat“. Analysten sehen in dem wiederholten Eingreifen
der elektronischen Netzwerke eine wichtige Zäsur, die es dem Präsidenten erschwere, alternative Wirklichkeiten zu schaffen.
Amerikanische Journalisten widersprachen Trump wiederholt entschieden bei dem Versuch, Unwahrheiten zu verbreiten. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein Interview des Axios-Reporters Jonathan Swan, der die Unkenntnis oder versuchte Irreführung des Präsidenten regelrecht vorführte. Swan verzog nur das Gesicht, als Trump behauptete, die USA stünden bei den Todesfall-Zahlen im weltweiten Vergleich richtig gut da. Als ihn Swan darauf aufmerksam machte, dass es bezogen auf die Einwohnerzahl genau andersherum sei, erklärte Trump: „Das können Sie nicht machen.“
Die Lage sei „so weit unter Kontrolle, wie Sie es kontrollieren können.“Mit bald fünf Millionen Infizierten und 160 000 Toten führen die USA die weltweite Covid-19Statistik an. Die Corona-Koordinatorin des Weißen Hauses Deborah Birx hatte Anfang der Woche davor gewarnt, dass die Lage außer Kontrolle geraten und die Pandemie in „eine neue Phase“eingetreten sei. dpa