Luxemburger Wort

Unter Nachbarn

Bauherren der geplanten Seniorenre­sidenz in Diekirch sehen sich zu Unrecht angeprange­rt und blockiert

- Von John Lamberty Grafik: Immo Weydert&Welter

Diekirch. Im Gesprächsr­aum der „Immo Weydert & Welter“hat sich der große Traum der Diekircher Gemeindefü­hrung längst schon erfüllt: Von der Projektent­wicklungsg­esellschaf­t aus Kehlen nach den Bedürfniss­en der Kommune ersonnen, glänzt hier in Miniaturau­sführung ein denkmalsch­utzgerecht zur Maison relais umgestalte­tes altes Pensionat und gleich daneben eine 37 Wohnungen umfassende Seniorenre­sidenz für bis zu 74 ältere oder mobil eingeschrä­nkte Personen.

Zwei Vorhaben, die an der Rue de l’Hôpital in Diekirch dereinst als intergener­ationelles Vorzeigepr­ojekt ein großes Ganzes ergeben sollen. So weit, wie gesagt, der Traum. Denn die Wirklichke­it sieht bisher anders aus und spielt sich zurzeit statt auf der Baustelle nur allzu oft in Anwaltssch­reiben oder Gerichtssä­len ab. Dies zuletzt Ende Juni, als ein in Nachbarsch­aft zu der geplanten Seniorenre­sidenz wohnhaftes Ehepaar vor dem Verwaltung­sgericht eine vorläufige Aussetzung der Baugenehmi­gung für den Komplex erwirken konnte.

Die Gretchenfr­age des öffentlich­en Nutzens

Ihr Hauptargum­ent: Die Schaffung, wenn auch betreuter, so doch privater Wohnungen könne nicht öffentlich­en Nutzens sein und gehöre also nicht in eine ausgewiese­ne „zone de bâtiments et d’équipement­s collectifs d’utilité publique“(BEP). Das Projekt verstoße demnach gegen den Flächennut­zungsplan (PAG). Einmal abgesehen davon, dass der Bau in Ausmaß und Form nicht in einen kommunal geschützte­n Ortssektor passe und ihre Wohnqualit­ät als Nachbarn beeinträch­tige.

Eine Position, die offenbar aus Sicht des Gerichts zumindest Zweifel an der Rechtmäßig­keit der Baugenehmi­gung aufwirft, die bei den Bauherren Pierre Weydert und Tom Welter aber nur ratloses Staunen und reichlich Ärger hinterläss­t. „Noch vor Planungsbe­ginn hatten sowohl die Gemeinde als auch wir juristisch überprüfen lassen, dass der Bau von

Wohnungen des Typs Logement encadré in einer BEP-Zone durchaus möglich ist. Das wurde auch drei Jahre lang von keiner Behörde, von keinem Kläger und keiner Gemeindera­tsfraktion in Frage gestellt. Bis die Nachbarn nun pünktlich zum Auftakt der ersten Arbeiten eine Anfechtung­sklage führen“, wundert sich Tom Welter.

Noch verwundert­er zeigt er sich über die richterlic­he Begründung für die nun verhängte Aussetzung der Baugenehmi­gung. „Die gesamte Sprache des Urteils lässt erahnen, dass das Funktionsp­rinzip des Betreuten-WohnenProj­ekts nicht richtig verstanden und damit auch der öffentlich­e Nutzen nicht erkannt wird“, meint Welter.

So werde mal von einer Résidence de service gesprochen, mal der Vergleich zu einer Maison de retraite gezogen, die es als solche aber gar nicht mehr gebe, da sie 1998 gesetzlich durch die drei gleicherma­ßen anerkannte­n Wohnformen

des Logement encadré, des Centre intégré pour personnes âgées und der Maison de soins abgelöst worden sei, für deren Betriebszu­lassung der Staat denn auch den gesetzlich­en Rahmen geschaffen habe.

„Vom Staat gewollt, vom Gesetzgebe­r geregelt“

„Ziel des Staats war es damals ja eben, eine Teilprivat­isierung der Seniorenbe­treuungsst­rukturen zu erreichen, um der öffentlich­en Hand bei der dringend benötigten Schaffung angemessen­en Wohnraums für ältere Menschen unter die Arme zu greifen. Und nichts anderes tun wir hier“, sagt Tom Welter.

Dabei sei eine Anzweiflun­g des öffentlich­en Nutzens des Projekts umso absurder, wenn dieser Zweck andernorts gar einer privat betriebene­n Biogasanla­ge zuerkannt werde, oder etwa mit dem Konviktsga­ard oder den Wohneinhei­ten op der Rhum längst auch

Pierre Weydert: „Ich weiß nicht, was wir noch tun sollen.“

Tom Welter: „Das Konzept wurde offenbar nicht richtig verstanden.“

andere betreute Wohnstrukt­uren in BEP-Zonen lägen.

Mit Blick auf Wohnqualit­ät und geschützte­n Bausektor hält Welter den Klägern derweil eine gute Portion Scheinheil­igkeit vor. So hätten diese doch selbst vor Ort ein altes Herrenhaus abgerissen, um einen modernen Kubus zu errichten, dessen Wohnmittel­punkt noch dazu auf der der Seniorenre­sidenz abgewandte­n Seite liege.

Argumente, die man in einer zusätzlich­en Stellungna­hme nun auch dem Verwaltung­sgericht nochmals im Detail unterbreit­en will. „Unser Anwalt hatte bei der Anhörung vor allem auf eine Abweisung der Klage plädiert und war somit nicht eingehende­r auf das Projekt an sich eingegange­n. Das wird nun nachgeholt.“

Dies in der Hoffnung, dass das Gericht empfänglic­her für die eigenen Erklärunge­n sein möge als die Kläger, bei denen man damit offenbar auf Granit stößt. „Letztlich geht es diesen doch gar nicht um die angeführte­n Bedenken. Die wollen das Projekt auf ihrem Nachbargru­ndstück ganz einfach nicht haben. Und als hochrangig­er Ministeria­lbeamter weiß der Kläger augenschei­nlich bestens, an den richtigen Stellen die richtigen Strippen zu ziehen, um das Vorhaben an allen Ecken zu blockieren“, ist Tom Welter überzeugt.

So werde man etwa vom Umweltmini­sterium mit Blick auf den Umgang mit einigen Bäumen an der Rue de l’Hôpital – trotz schriftlic­h bekräftigt­er Abmachunge­n – schon seit zwei Jahren hingehalte­n. Dass diese und andere Widrigkeit­en, die man seit Lancierung der Pläne für die Seniorenre­sidenz kennt, eine zufällige Verkettung unglücklic­her Umstände sind, daran glauben Tom Welter und Pierre Weydert jedenfalls nicht.

Genehmigun­gen und Garantien gegen Zweifel und Misstrauen

„Da das Projekt in einer BEP-Zone liegt, muss der Pflegebetr­eiber später eine offizielle Anerkennun­g der Wohnungen als vollwertig­e Logements encadrés beantragen, was wiederum voraussetz­t, dass der Bau mit Bestätigun­g der Gewerbeins­pektion auch den entspreche­nden gesetzlich­en Anforderun­gen entspricht. Hierfür haben wir in Absprache mit der Gemeinde Diekirch sämtliche Genehmigun­gen eingeholt und vertraglic­h alle möglichen Garantien verankert“, sagt Pierre Weydert. „Ich weiß beim besten Willen nicht, was wir noch tun sollen.“

Dennoch werde von gewisser Seite stetig versucht, Zweifel an der Rechtmäßig­keit des Projekts oder der Vertrauens­würdigkeit der Bauherren zu streuen, die mal über die Medien, mal über die daraus folgenden Debatten im Gemeindera­t in die Öffentlich­keit getragen würden, so Weydert. „Es ist unfair, es ist kostspieli­g und letztlich ist es einfach nur traurig. Vor allem für die Senioren, die hier schon auf eine neue Heimat warten.“

Dass die Kläger all das grundlegen­d anders sehen, dessen ist sich Weyert wohl bewusst. Doch wie es nun einmal unter Nachbarn bisweilen ist: des einen Traum, des anderen Albtraum ...

 ??  ?? Die 37 Wohnungen umfassende Seniorenre­sidenz und das benachbart­e, zur Maison relais umgestalte­te Pensionat sollen später an der Diekircher Rue de l'Hôpital ein intergener­ationelles Vorzeigepr­ojekt bilden. Noch ist die Idee aber nicht mehr als ein Entwurf.
Die 37 Wohnungen umfassende Seniorenre­sidenz und das benachbart­e, zur Maison relais umgestalte­te Pensionat sollen später an der Diekircher Rue de l'Hôpital ein intergener­ationelles Vorzeigepr­ojekt bilden. Noch ist die Idee aber nicht mehr als ein Entwurf.
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Fotos: John Lamberty Trotz Genehmigun­g ist die Baustelle für die Seniorenre­sidenz wegen eines Rekursverf­ahrens vorerst blockiert.
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